SIN SOMBRA - Hölle ohne Schatten. Joachim Gerlach
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Название: SIN SOMBRA - Hölle ohne Schatten

Автор: Joachim Gerlach

Издательство: Автор

Жанр: Историческая литература

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isbn: 9783960087731

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      Die Stille in dem Raum, der Umstand, dass der Junge sich ruhig verhielt und nicht den Kopf erhob, um sich Gewissheit über den Besucher zu verschaffen, sondern unablässig die Decke anstarrte, wie er es in dem Halbdunkel schwach bemerken konnte, ließ den Mönch Unheil erahnen. Vielleicht würde der Prior, wenn mit dem Jungen tatsächlich etwas nicht stimmte, ihm eine mangelnde Aufsicht vorwerfen und ihn zur Rechenschaft ziehen.

      Die Angst ob der Gerüchte, dass das Kind dem Teufel verfallen sei, die ihn weitestgehend von der Tür zur Zelle weg gehalten hatte, sie konnte er unmöglich eingestehen. Auch würde sie ihn nicht von Schuld befreien.

      »Bruder, schau selbst, aber rasch!«

      Bruder Manuel ging entschlossen in die Zelle hinein, beugte sich über das faulig werdende Strohlager, auf dem das Kind lag, fasste es in den Blick und signalisierte ihm mit dem Ausdruck seiner Augen, dass Hilfe zu erwarten war.

      Mit dem Zeigefinger seiner rechten Hand fuhr er Gabriel über die Lippen, um ihm zu bedeuten, sie geschlossen zu halten und kein Wort an ihn zu richten.

      Die Handbewegung, die einem kritischen Blick der Wache ausgesetzt war, ließ sich mit der Prüfung des Zustandes des Kindes erklären, diente aber entscheidend der Verwirklichung seines Plans.

      »Der Junge ist fast ausgetrocknet. Seine Lippen sind spröde und hart. Schnell, holt frisches Wasser herbei!«

      Die Wache war unsicher, aber nur einen Moment lang. Der Gedanke, Bruder Manuel nach draußen zu bitten und die Zelle während seiner Abwesenheit verschlossen zu halten, war rasch verworfen.

      »Wartet hier, Bruder Manuel! Ich bin sofort zurück!«

      Die Schritte, die sich rasch entfernten, waren bald nicht mehr zu hören.

      »Hör mir jetzt zu, mein Junge! Wir haben kaum Zeit.«

      Gabriel öffnete die Augen und sah die Anspannung von Bruder Manuel.

      »Ich bin gekommen, um dir zu helfen! Wirst du in der Lage sein, dich von diesem Ort zu entfernen und mit Geduld all das auf dich zu nehmen, was der Weg, der für dich bestimmt ist, an Entbehrung bietet?«

      Gabriel nickte schwach. Bruder Manuel schlug die klamme Decke zurück, unter der Gabriel lag, und prüfte mit wachen Augen den körperlichen Zustand des Kindes. Keine Misshandlung und keine Auszehrung feststellbar.

      »Hör zu, Junge! Wir dürfen keine Zeit verlieren! Du musst schnellstens an einen sicheren Ort gebracht werden! Du wirst jetzt keine Nahrung mehr zu dir nehmen und nur noch Schmerzen haben. Wir müssen es schaffen, dass man dich in die Krankenstation verlegt. Alles Weitere findet sich dann.«

      Gabriel begegnete Bruder Manuel mit wachem Blick und verschlossenen Lippen. Es waren keine Fragen nötig. Er wusste, dass ihm an diesem Ort Unrecht angetan wurde, und ahnte, dass die Ungerechtigkeit sich mehren würde, wenn er hier blieb.

      Da er aber Gott vertraute und auf seine Gerechtigkeit baute, war es absehbar gewesen, dass Hilfe, auf welche Art auch immer, kommen würde.

      Und jetzt war der Mensch da, durch den Gott ihm zur Seite stand. Was sollte er noch fragen? Er wusste um das, was er zu erwarten und zu tun hatte.

      Die Wache hatte sich trotz aller Beleibtheit beeilt zurückzukommen. Schon waren Schritte zu hören. Eine kurze Weile noch, in der sich der Junge und Bruder Manuel schweigend im Blick behielten, dann waren sie nicht mehr allein. Bruder Manuel ging auf die Wache zu.

      »Gebt mir bitte das Wasser, Bruder!«

      Er ließ sich nichts anmerken, nahm den Krug an sich, setzte sich auf den Rand des Lagers und flösste dem Jungen etwas Wasser ein.

      »Der Junge muss trinken! Werdet ihr künftig darauf achten wollen?«

      Die Wache verspürte Unbehagen.

      »Und wenn er einfach nichts zu sich nimmt? – Die ganze Zeit, nur eben gerade nicht, steht ein Krug voller Wasser hier neben der Tür auf der Erde. Es ist seine Sache, die Notwendigkeiten für sein Leben zu erfüllen!«

      »Wenn ich euch darauf aufmerksam machen dürfte, Bruder: es ist auch unabdingbar eure Verpflichtung, die Notwendigkeiten zu erfüllen, um das Weiterleben des Kindes gewährleistet zu sehen.«

      Kein Widerspruch. Die Wache konnte sich ihre Verantwortung ausrechnen.

      Den Zusatz, den Bruder Manuel machte, hätte er sich sparen können.

      Dieses Kind, das ein Werk des Teufels war und Zeugnis für seine Existenz abgab, war für die wichtigsten Menschen der Kirche von enormer Bedeutung, sehr wohl auch für die Vertreter der Inquisition, die er hier schon manches Mal zu seinem eigenen Erschrecken ihr Werk verrichten hatte gesehen und um deren Kommen er auch dieses Mal ahnte. So durfte ihm also zu seiner Verantwortung nichts geschehen und durfte es nicht vor der Zeit, ehe alle Wahrheit aus ihm herausgepresst war, vom Leben zum Tode hin scheiden.

      Und so es doch geschehen würde, konnte es ihm zum Vorwurf gereichen, mit ihm im teuflischen Bunde gestanden zu haben.

      Nein, er brauchte wirklich keine Belehrung. Dass sie dennoch ergangen war, machte ihn noch unruhiger.

      Bruder, du hast dich teuflischen Vergehens schuldig gemacht und die göttliche Offenbarung ob der Existenz Satans zu durchkreuzen versucht. Darauf steht die gleiche Strafe wie sie die Kreatur zu erwarten hatte, deren Natur du zu verschleiern gedachtest.

      Derart konnte der Richtspruch der Heiligen Inquisition über ihn ergehen, wenn ihr verwehrt blieb, über das Kind zu richten, und sie nur noch seinen Leichnam in Augenschein nehmen konnte. Bruder Manuel blieb die Befindlichkeit der Wache nicht verborgen.

      »Ich rate an, sollte der Zustand des Kindes sich nicht bessern, den Prior darum zu bitten, es auf die Krankenstation zu verlegen!«

      Mehr sprach er nicht, um keinen neuerlichen Argwohn zu wecken. Ein Kreuz mit den Händen noch über dem Jungen schlagend erhob er sich und verließ die Zelle, das Kind sicher und die Wache unsicher zurücklassend.

      *

      Ein Missgeschick, ein gebrochenes Rad an dem von ihm benutzten Wagen, durch die immense Last der hölzernen Aufbauten zumindest mit bedingt, hatte sie zurückgeworfen. Die Reparatur ging nicht so schnell vonstatten, wie es sein Anliegen verlangte. Zwei der Soldaten, die ihn begleiteten, hatten erst Hilfe aus dem Dorf herbeischaffen müssen, das auf dem Wege vor ihnen lag. Stunden an wertvoller Zeit waren schon vergangen.

      Die Sonne schien durch das Geäst der Steineiche, an deren Stamm er sich niedergelassen hatte, und brannte wie Feuer.

      Aber schlimmer noch brannte die Glut der Ungeduld. Unablässig schoss ihm der Vortrag des Boten, von dem er vor Wochenfrist aufgesucht worden war, durch den Kopf. Der Teufel leibhaftig erschienen in der Gestalt eines Kindes, das keinen Schatten warf.

      Konnte es einen besseren Beweis als diesen geben, dass überall dämonische Kräfte die von Gott gegebene Ordnung beseitigen und dem seelenlosen Fürsten der Dunkelheit den Weg zur immerwährenden Herrschaft auf Erden bahnen wollten?

      Die Diener des wahren Herrn, zu denen auch er gehörte, sie mussten alle Tage, alle Stunden wachsam sein und durften weder ruhen noch sich blenden lassen und keinen Kampf scheuen, und sei es um das Opfer des eigenen Lebens. Es ging um das Heil der ganzen Christenheit, СКАЧАТЬ