Tragödie im Courierzug. Uwe Schimunek
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Название: Tragödie im Courierzug

Автор: Uwe Schimunek

Издательство: Автор

Жанр: Исторические детективы

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isbn: 9783955520373

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СКАЧАТЬ sah, wie Quappe das Bündel mit dem Waffenrock und der Pickelhaube schulterte und so langsam loshumpelte, als müsse das verletzte Bein sofort amputiert werden. Am liebsten hätte er den Kerl mit einem kräftigen Tritt in den Hintern geheilt. Aber nein, Ferdinand ließ sich nicht von einem Stallburschen provozieren. Er lief los, überholte den Hinkenden und drehte sich nicht mehr um. Bis zu den Anglern war noch ein Stück Weg zurückzulegen. Er hatte nicht ewig Zeit, schließlich erwartete der Bataillonskommandeur seinen Bericht schon an diesem Nachmittag.

      Der Pfad am Ufer war festgetrampelt. Auf dem Marsch flussaufwärts blies Ferdinand der Wind ins Gesicht. Das verhieß nichts Gutes, aus dem Osten kam zumeist Kälte nach Breslau. Von der Aue wehten Schneekristalle herüber und bissen in die Gesichtshaut, als wären sie winzige Insekten. Ferdinand lief schneller, dabei beugte er den Oberkörper gegen die Brise. Eine Rute zum Stützen wäre nicht schlecht gewesen. Er hätte einen zweiten Ast abbrechen sollen, dachte Ferdinand. Doch nun blieben bis zu den beiden Männern nur noch wenige Schritte.

      Die Angler starrten auf den Fluss, vermutlich hörten sie die Schritte gegen den Wind nicht.

      »Guten Tag, die Herren!«, rief Ferdinand, um die Fischer mit seinem plötzlichen Auftauchen nicht zu erschrecken.

      Die beiden drehten ihre Köpfe gleichzeitig zu ihm, besser hätten geübte Tänzer das auch nicht gekonnt. Eine Antwort bekam Ferdinand nicht.

      »Ich habe ein paar Fragen an Sie.«

      Die beiden glotzten, als wären sie selbst Fische.

      »Ich möchte Ihre Aufmerksamkeit nicht über Gebühr beanspruchen. Es dauert wirklich nur einen Augenblick.« Ferdinand sprach gegen den Wind an und rief sich zugleich ins Bewusstsein, dass er ein Offizier Seiner Majestät in Uniform war. Deshalb beschloss er, den freundlichen Ton abzulegen, sollten die Angler nicht bald zuvorkommender reagieren. Zunächst versuchte er, einen respekteinflößenden Gesichtsausdruck zu machen.

      »Guten Tag, Herr Offizier!«, sagte der Angler, der näher zu Ferdinand saß, und erhob sich.

      Warum nicht gleich so?, dachte Ferdinand und betrachtete den Mann. Der Fischer war in mehrere Lagen schäbiger Kleidung eingepackt. Aus dem Mantel mit den zahllosen Flicken guckten eine Joppe und ein grobes Hemd heraus. Alle Kleidungsstücke mussten ihre Farbe bereits vor Jahren verloren haben. Der Angler trug außerdem eine Mütze aus derber Wolle, aus welcher der graue Zottelbart direkt herauszuwachsen schien. Der Graue zog die Mütze und schaute zu seinem Kumpel. Der sah ebenso ärmlich aus, sein Bart war allerdings von sattem Schwarz. Vermutlich zählte der zweite Mann zehn, fünfzehn Jahre weniger. Er nahm seine Mütze ebenfalls ab, deutete einen militärischen Gruß an und schwieg.

      »Beißen die Fische?«, fragte Ferdinand.

      »Es könnte besser sein, Herr Offizier«, antwortete der Graue und zeigte auf einen Eimer, der lediglich klares Wasser enthielt.

      »Fischen Sie hier des Öfteren, meine Herren?«

      Die beiden sahen sich an, als befürchteten sie, etwas Falsches zu sagen. Sie schwiegen erst einmal. Dabei war das Angeln hier nicht verboten, schließlich handelte es sich nicht um ein privates Flussufer.

      »Ich ermittle in einer militärischen Angelegenheit und erbitte lediglich ein paar Auskünfte.« Ferdinand dachte daran, wie er bei der Begrüßung der beiden Männer erst nach dem bösen Blick eine vernünftige Reaktion erhalten hatte, und fügte hinzu: »Die Informationen sind mir allerdings sehr wichtig.«

      Der Alte zog den Kopf ein, der Jüngere starrte auf den Boden. Die beiden sahen aus, als trauten sie sich nicht einmal, im Erdboden zu versinken.

      »Fischen Sie immer an dieser Stelle?«

      Der Alte schaute zum Jüngeren, der hob den Kopf. War das ein Nicken? Nach einigem Zögern antwortete der Alte: »Wenn es wärmer ist, gibt es eine Menge Leute, die hier fischen. Gelegentlich sitzen wir daher auch weiter stromaufwärts.«

      »Wie viele Angler gibt es denn hier gewöhnlich, sagen wir, im Spätsommer?«

      Der Alte seufzte. »Puh … Bei gutem Wetter vielleicht ein paar Dutzend. Auf dieser Seite des Flusses.«

      »Kennen Sie die anderen Angler alle?«

      »Nicht alle, aber die meisten. Wenngleich wahrlich nicht alle unsere Freunde sind.« Der Alte wiegte den Kopf. »Sehr viel zu reden gibt es beim Fischen auch nicht.«

      »Sitzen Sie gelegentlich auch dahinten?« Ferdinand zeigte stromabwärts, zu der Biegung, wo sich das Gestrüpp mit dem Leichnam befand.

      »Dort?« Die Frage klang wie: Sind Sie noch bei Sinnen? Der Alte schlug prompt die Hand vor den Mund.

      Ferdinand reagierte mit einem scharfen Blick.

      »Es ist nur so«, half der Jüngere seinem Kompagnon, »dass dort unten der Fluss schmaler und daher die Strömung stärker wird. An dieser Stelle beißen die Fische nicht. Da treffen sich eher Liebespaare. Oder Ihresgleichen, wenn es einen Disput auszutragen gilt.«

      Ferdinand hatte von den Duellen gehört, die zwar illegal, aber zumeist geduldet waren. Dass in unmittelbarer Nähe eines beliebten Ortes für die Zweikämpfe ein toter Offizier lag, ließ den Leichenfund in einem neuen Licht erscheinen.

Vier

      Zu Gesprächen in das Bureau des Schuldirektors ging Oberst-Lieutenant Christian Philipp von Gontard auch nach all den Jahren an der Lehranstalt immer noch mit einem Gefühl der Unsicherheit. Das galt insbesondere, wenn Generalmajor von Schnöden ihn so überraschend zu einem Termin einbestellte. Gontard hatte sich nichts zuschulden kommen lassen. Selbst besonders dumme Studenten wie der dicke von Ahlewitz konnten sich kaum über eine ungerechte Behandlung beklagen. Andererseits ließen sich ostpreußische Junker bei der Unterstützung ihrer degenerierten Nachkommen nicht lumpen. Erwartete Gontard eine Warnung? Wollte von Schnöden den väterlichen Freund spielen, der auch nichts für die Dummheit in der Welt konnte, ihn aber um Obacht im Umgang mit den Strohköpfen bat? Für solche Albereien fühlte Gontard sich zu alt. Daher klopfte er an die Tür, dass es krachte.

      Der Diensthabende öffnete, als habe er dort gewartet. »Ich werde den Herrn Generalmajor umgehend über Ihr Kommen unterrichten«, sagte er aus dem Vorzimmer heraus. Der dürre Kerl sah aus wie einer von denen, die jeden Abend soffen, denn er trug schon mit seinen jungen Jahren eine purpurrote Nase. Diese verharrte regungslos, bis Gontard nickte. Dann flitzte der Mann los.

      Gontard trat ins Vorzimmer und schaute dem Gefreiten hinterher, der im Bureau des Generalmajors verschwand. Kaum einen Wimpernschlag später tauchte die Schnapsnase wieder auf. »Der Generalmajor erwartet Sie.«

      Gontard dankte mit einem Handzeichen und schritt durch das Vorzimmer zur offenen Tür des Schuldirektors.

      »Da sind Sie ja!«, sagte von Schnöden und blickte von Gontard zur Wanduhr, die gerade vier Mal schlug. »Pünktlich wie die preußische Post. Das lob ich mir, mein lieber Herr Oberst-Lieutenant. Nehmen Sie doch Platz!«

      Gontard setzte sich auf den Sessel neben dem kleinen Teetisch, und auch der Generalmajor ließ sich ins Polster fallen. Obschon sich der Schuldirektor auf einem höheren Sitz niedergelassen hatte, wirkte seine Gestalt gebeugt, als drücke eine Last auf seine Schultern. »Wie geht es der werten Familie, Herr Oberst-Lieutenant?«

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