Название: Das Lebenselixier
Автор: Эдвард Бульвер-Литтон
Издательство: Автор
Жанр: Историческая литература
isbn: 9783946433408
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„In welchem Ruf stand er?“ bemerkte Mrs. Poyntz.
„Er galt als ein finsterer, böser Mann und war der Schrecken der Diener, die ihn nach Aleppo begleitet hatten. Aber er kam aus einem sehr entlegenen, Europäern wenig bekannten Teil des Orients und hatte sich dort, so viel ich erfahren konnte, ein außerordentliches, durch abergläubische Furcht noch verstärktes Ansehen zu verschaffen gewusst. Man sagte ihm nach, er habe intensive Studien in den „okkulten Wissenschaften“, wie die Philosophen des Altertums sie nannten, betrieben, aber nicht, wie der Weise von Aleppo, zu wohltätigen, sondern zu bösen Zwecken. Er wurde beschuldigt, mit bösen Geistern verkehrt und sich an seinem barbarischen Hof (er spielte unter den Wilden die Rolle eines Königs) mit Zauberern und Schwarzkünstlern umgeben zu haben. Ich vermute, letzten Endes war er nichts Anderes, als was ich selbst auch bin, ein eifriger Altertumsforscher, der wusste, die Furcht, die er einflößte, schlau zu nutzen, um sich Autorität zu verschaffen und so ungehindert seine Forschungen in alten Gräbern und Tempeln betreiben zu können. Tatsächlich waren Ausgrabungen solcher Überreste in seiner Nachbarschaft seine große Leidenschaft; mit welchem Erfolge kann ich nicht sagen, da ich nie so tief in Landstriche eingedrungen bin, in welchen Räuber hausen und der Gifthauch der Malaria weht. Er trug morgenländische Kleidung und hatte immer Juwelen bei sich. Ich kam zu dem Schluss, dass er wohl auch um dieser Juwelen willen ermordet wurde, vielleicht sogar von einigen aus seiner eigenen Dienerschaft (und tatsächlich wurden zwei seiner Begleiter vermisst), die dann sofort seine Leiche verscharrten und ihr Geheimnis zu wahren wussten. Er war alt, sehr gebrechlich und hätte sich ohne Beistand niemals so weit von der Stadt entfernen können.“
„Sie haben uns seinen Namen nicht genannt,“ sagte Mrs. Poyntz.
„Er hieß Grayle.“
„Grayle?“ entgegnete Mrs. Poyntz, indem sie ihr Strickzeug fallen ließ. „Louis Grayle?“
„Ja, Louis Grayle. Sie können ihn nicht gekannt haben.“
„Gekannt? Nein. Aber ich habe meinen Vater oft von ihm sprechen hören. Dies war also das tragische Ende des kräftigen, dunklen Wesens, für den ich als kleines Mädchen eine Art furchtsamen, bewundernden Interesses zu fühlen pflegte?“
„Jetzt ist die Rolle des Erzählers an Ihnen,“ sagte der Reisende.
Und wir alle rückten näher an unsere Gastgeberin, die einige Momente lang still die Stirne runzelte, dann aber ihre Arbeit in den Schoss legte.
„Nun ja,“ sagte sie, uns mit hochmütigen, fast herausfordernden Blicken messend. „Kraft und Mut üben immer einen Zauber, selbst wenn sie eine völlig falsche Richtung einschlagen. Ich gehe mit der Welt, weil die Welt mit mir geht; täte sie es nicht....“
Hier hielt sie einen Moment inne und ballte ihre feste weiße Hand; dann schwenkte sie dieselbe geringschätzig, ließ den Satz unvollendet und begann einen anderen.
„Wenn man mit der Welt geht, muss man natürlich diejenigen niedertreten, die sich ihr in den Weg stellen. Aber wenn ein einzelner Mann sich nur mit seiner eigenen Kraft diesem Gang entgegen stemmt, verachten wir ihn nicht; es genügt, ihn zu vernichten. Ich bin sehr froh, dass ich Louis Grayle nicht kennen lernte, als ich ein sechzehnjähriges Mädchen war.“
Wieder trat eine kurze Pause ein. Dann fuhr sie fort:
„Louis Grayle war der einzige Sohn eines Wucherers, der sich durch die Gier, mit der er sich einen ungeheuren Reichtum zusammengerafft hatte, allgemein verhasst gemacht hatte. Der alte Grayle wünschte seinen Erben zu einem Gentleman zu erziehen und schickte ihn nach Eton. Knaben sind immer aristokratisch; man rieb ihm bald seine Herkunft unter die Nase. Er war wild und raufte sich mit Knaben, die größer waren als er, bis sie ihn halb tot geschlagen hatten. Mein Vater befand sich mit ihm auf der Schule und schilderte ihn als einen jungen Tiger. Eines Tages – er war noch ein Neuling – schlug er einen Knaben aus der sechsten Klasse. Die Knaben der sechsten Klasse balgten sich nicht mit Neulingen, sondern züchtigten sie. Man befahl Louis Grayle die Hand zur Bestrafung mit dem Rohr auszustrecken; er erhielt den Schlag, zog dann aber sein Taschenmesser und versetzte dem Züchtiger einen Stich. Daraufhin verließ er Eton. Ich glaube nicht, dass er öffentlich ausgestoßen wurde, da er für diese Ehre noch zu jung war – kurz, man entfernte ihn eben oder schickte ihn fort. Zu Hause erhielt er durch die besten Lehrer eine sorgfältige Erziehung, und als er das Alter zum Besuch der Universität erreichte, starb der alte Grayle. Louis wurde von seinen Vormunden nach Cambridge geschickt; er besaß Kenntnisse, durch die er sich gegenüber den meisten seiner Altersgenossen auszeichnete und dabei Geld, so viel er nur haben wollte. Mein Vater besuchte mit ihm das gleiche College und schilderte ihn wieder als hochmütig, streitsüchtig, unbekümmert, gutaussehend, ehrgeizig und tapfer. (Zu den anwesenden Ladies gewandt:) Würden Sie für einen solchen jungen Mann wohl Interesse zeigen, meine Lieben?“
„Pah!“ versetzte Miss Brabazon; „den Sohn eines abscheulichen Wucherers!“
„Ah, richtig. Das Sprichwort sagt, es sei gut, mit einem silbernen Löffel im Mund geboren zu werden; und so ist es auch, wenn dieser Löffel sein Familienwappen trägt. Wenn es sich aber um einen Löffel handelt, auf dem die Leute ihr eigenes Familienwappen erkennen, rufen sie aus: „Aus unserer Silbertruhe gestohlen“, er ist ein Erbstück, das schon das Kind in der Wiege ächtet. Aber junge Leute, die die Universität besuchen und Geld brauchen, nehmen es mit der Herkunft etwas weniger genau, als die Knaben von Eton. Louis Grayle fand in Cambridge eine Menge Bekannte von hoher Geburt, die sich bereitwillig dazu hergaben, einiges von dem Raub, den sein Vater den Ihren abgepresst hatte, wieder an sich zu bringen. Er war ein zu wilder Mensch, um nach der Auszeichnung akademischer Ehren zu ringen; doch sagte mein Vater, die Tutoren des College hätten erklärt, es gäbe an der Universität keine sechs angehenden Absolventen, die so viel von der harten und trockenen Wissenschaft verständen, wie der wilde Louis Grayle. Ohne Zweifel war er in die Welt hinaus gegangen, in der Hoffnung, jemand zu werden; aber der Name des Vaters hatte einen zu üblen Ruf, um dem Sohn Zutritt in die Gesellschaft zu gestatten. Die feine Welt untersucht allerdings nicht mit dem scharfen Auge eines Herolds und betrachtet den Reichtum nicht mit der erhabenen Verachtung eines Stoikers; aber dennoch hat sie ihren Familienstolz und ihr moralisches Gefühl. Sie liebt es nicht, betrogen zu werden – ich meine, in Geldangelegenheiten –; und wenn der Sohn des Mannes, der ihr den Beutel geleert und ihren Grund und Boden versteigert hat, mit in die Hüfte gestemmter Hand und hoch erhobenem Kopf vor den Fenstern ihres Clubhauses vorbei reitet, so kann kein Löwe finsterer blicken und keine Hyäne schrecklicher lachen, als eben diese ruhige, gelassene, tolerante und gebildete feine Welt, die als Bekannte so angenehm, als Freundin matt, als Feindin aber erbarmungslos ist.
Kurz, Louis Grayle glaubte ein Recht darauf zu haben, dass man ihm den Hof mache und wurde gemieden; er wollte bewundert sein und wurde verabscheut. Selbst seine alten Universitätsbekannten schämten sich, ihn zu kennen. Vielleicht hätte er alles dies vermeiden können, wenn er versucht hätte, in aller Stille in eine Stellung hineinzuschlüpfen; aber es fehlte ihm der Takt der feinen Herkunft und er wollte sich nicht verstohlen einschleichen, sondern sich im Sturm Bahn brechen. Da er sich in Bezug auf seine Gefährten auf dürftige Parasiten angewiesen sah, so bot er den Begriffen von Anstand verletzenden Trotz durch jene Schaustellung von Übertreibung, mit der ein Richelieu oder Lauzun die öffentliche Meinung verhöhnte. Aber Richelieu und Lauzun waren Herzöge! Natürlich hasste er nun die feine Welt und erwiderte Verachtung mit Verachtung. Er wollte sich mit der Demokratie verbinden; sein Reichtum konnte ihm zwar keinen Zutritt zu einem Club verschaffen, konnte ihn aber ins Parlament einkaufen; und wenn es zu einem Lauzun oder vielleicht zu einem Mirabeau nicht reichte, schaffte er es immerhin die Rolle eines Danton zu spielen. An Kenntnissen und an Verwegenheit fehlte es ihm nicht und mit СКАЧАТЬ