Название: Der Henker
Автор: Johannes Sachslehner
Издательство: Автор
Жанр: Историческая литература
isbn: 9783990401729
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Mit der vorzeitigen Entlassung Hitlers aus der Festungshaft in Landsberg am 20. Dezember 1924 bekommen auch seine Anhänger in Österreich neuen Auftrieb. Nun, da der „Meister und Führer“ das Banner wieder ergriffen hat, reißen sein „Schaffenswille und Kampfesmut“, sein „hoher Seelenschwung“ und seine „Vaterlandsliebe“ mit fort zur Arbeit für das große Ziel, den „Sieg über Judentum und Marxismus“. Schritt für Schritt rückt sich auch Mony, der von diesem entschlossenen „Willen zur Tat“ beeindruckt ist, sein Weltbild endgültig zurecht; er akzeptiert die Rassenlehre der Völkischen als Richtschnur seines Handelns und stimmt in der Diagnose des politischen Ist-Zustandes seinen neuen Freunden bei den Hakenkreuzlern zu, wenn etwa Adolf Bauer, der Schriftleiter des „Kampfblatts“ Der jugendliche Nationalsozialist, das einige Zeit hindurch bei August Buschek in Waidhofen an der Thaya gedruckt wird, schreibt: „Wirtschaftlich versklavt, unser Blut geschändet, alles was deutsch ist von jüdischem Geifer besudelt, in Klassen gespalten und die Jugend im jüdischen Sinne irregeleitet, so rennt unser Volk dem Abgrund entgegen.“
Dennoch verlässt Göth 1927, er wird neunzehn, die Jungnazis und tritt der 5. Kompanie des „Steirischen Heimatschutz Verbandes Wien“ bei; vermutlich glaubt er hier für sein Anliegen einen stärkeren Rückhalt zu finden als bei den sektiererischen Hitleranhängern, die zu diesem Zeitpunkt kaum wirklich ernst genommen werden und nur über die Macht des Wortes verfügen – bei der Nationalratswahl Anfang 1927 erhalten sie kaum 30.000 Stimmen. Da können die Heimwehrfaschisten, deren Erkennungszeichen der Hahnenschwanz ist, schon anderes bieten: Hervorgegangen aus den steirischen Wehrverbänden des Nachkriegs, die sich der Bedrohung durch Jugoslawien entgegenstellten, haben sich die „Heimatschützer“ noch aus den Arsenalen der k. u. k. Armee mit Waffen versehen und Anton Rintelen, der steirische Landeshauptmann, sorgt geschickt dafür, dass der Nachschub nicht abreißt. Es sind bestens ausgerüstete paramilitärische Verbände, die Sonntag für Sonntag in den österreichischen Städten provokativ ihre Stärke demonstrieren; Mony lernt hier erstmals den Zauber von Uniformen und Waffen kennen, erliegt der Faszination des Männerbündischen, Soldatischen, das ihn von nun an nie mehr ganz loslassen wird.
In der 6. Klasse ist Schluss mit der „Quälerei“: die Oberrealschule in Waidhofen an der Thaya.
Neben den Abenteuern, die er in den Reihen der marschierenden Kameraden findet, sucht der junge Göth vermutlich zu diesem Zeitpunkt noch nach Alternativen zur Arbeit im Verlag. So halten sich hartnäckig Gerüchte, dass er zwei Semester an der Wiener Hochschule für Bodenkultur „Landwirtschaft“ studiert habe – eine Behauptung, für die es keine Belege gibt; allerdings ist es möglich, dass Mony als außerordentlicher Hörer Vorlesungen besuchte. In seinem 1941 für das SS-Personalhauptamt handschriftlich verfassten Lebenslauf erwähnt er davon allerdings nichts – Indiz dafür, dass eventuelle Anläufe in diese Richtung erfolglos bleiben.
Inzwischen hat die Verlagsbuchhandlung Franz Amon Göths auch verlegerisch Fuß gefasst; 1926 gelingt mit dem von J. Viktor Kowalewski herausgegebenen Band Vergewaltigte Menschen. Blätter aus dem Felde und der Kriegsgefangenschaft ein erster großer Erfolg. Der heroisierende Blick zurück auf die Opferjahre des Ersten Weltkrieges hat nun Konjunktur und wird zu einem Haupttema des kleinen Programms.
Was Göth bei den „Hahnenschwänzlern“ fehlen mag, ist die Radikalität antisemitischer Äußerungen, wie er sie von den Jungnazis her gewohnt ist, dazu kommt die Zerstrittenheit der Heimwehrführer untereinander – im Vergleich zu Männern wie Walter Pfrimer oder Ernst Rüdiger Starhemberg mag Adolf Hitler tatsächlich als Lichtgestalt erscheinen. Mony erinnert sich wieder an seine alten Freunde von den Hakenkreuzlern und beginnt sich allmählich neu zu orientieren: Wohl schon 1929 ist er wieder im Umfeld der Nazis zu finden, noch allerdings nur als Sympathisant. Möglicherweise hängt auch sein Aufenthalt in der Marktgemeinde St. Andrä-Wördern im April und Mai 1930 mit dieser politischen „Neuorientierung“ zusammen. Im Meldebuch des kleinen Ortes an der Donau trägt sich der 21-Jährige, der bis dahin immer beim Vater in der Mollardgasse gemeldet gewesen ist, als „Privatbeamter“ ein, als Wohnadresse gibt er die Sackgasse 5 an – der Verdacht liegt nahe, dass Göth diese Tarnung benutzt, um ungestört seine Kontakte in die Szene pflegen zu können. Indiz dafür ist nicht zuletzt die Tatsache, dass er sich auch in späteren Jahren, etwa 1935, wiederholt in St. Andrä-Wördern aufhält.
Das Thema Steirischer Heimatschutz erledigt sich schließlich von selbst. Im Sommer 1930 steuert die Führungskrise der Heimwehren einem neuen Höhepunkt zu. Am 2. September 1930 wird Starhemberg auf einer Tagung aller Landesleiter in Schladming zum „Bundesführer“ der Heimwehren gewählt, gleichzeitig schafft die NSDAP bei den Reichstagswahlen vom 14. September 1930 den Sprung zur zweitstärksten Partei Deutschlands. Für zahlreiche Angehörige des Heimatschutzes ein klares Signal, das Lager zu wechseln und zu den Nazis zu gehen – sie trauen Starhemberg nicht mehr, der ihre Überzeugungen „verraten“ hat: den Kampf für den „Anschluss“ und den Sturz der Bundesregierung. Auch für Mony ist das Maß jetzt voll – am 13. Mai 1931 tritt er der Ortsgruppe Margareten der NSDAP bei; er erhält die Mitgliedsnummer 510.764. Da er im 6. Bezirk gemeldet ist, überweisen ihn die überkorrekten Parteigenossen aus Margareten bald darauf an die Ortsgruppe Mariahilf, wo er als „politischer Leiter und als SA-Mann“ erste Funktionen im Kreis der braunen Kämpfer übernehmen darf – Mony bekommt das wichtige Gefühl vermittelt, dass er hier tatsächlich gebraucht wird.
Von der SA ist der Weg zur SS für ihn nicht mehr weit: Auf einer Versammlung beeindruckt ihn das forsche Auftreten der SS-Recken so sehr, dass er sich sofort zur Mitgliedschaft in Himmlers Totenkopf-Truppe entschließt; auf seinem SS-Ausweis prangt von nun an die Nummer 43.673. Seinen „Dienst“ versieht er beim Trupp „Deimel“, einer Teilformation des SS-Sturms „Libardi“; offensichtlich zur Zufriedenheit seiner Vorgesetzten, denn im Jänner 1933 wird er zum Stab der 52. SS-Standarte versetzt. Hier überträgt man ihm die „Geschäfte“ eines Adjutanten des Stabsführers und betraut ihn zusätzlich noch mit den Agenden eines „Motorstaffelführers“. Als Inhaber der Kraftfahrzeugführerscheine 1, 2, 3 und 4 und begeisterter Automobilist ist Göth für diesen Posten die ideale Besetzung.
Ein „Dienstleistungszeugnis“ von 1941 bescheinigt ihm, dem „vorbildlichen SS-Kamerad“, sicherlich zu Recht „große Verdienste“ um die Partei.
„Blutopfer“, Illegalität und erste Ehe
Die Machtergreifung Hitlers in Deutschland am 30. Jänner 1933 löst unter seinen Anhängern in Österreich enorme Euphorie aus. Ungeduldig drängen sie, die so ganz „deutsch“ fühlten, auf den „Anschluss“ und die sehnsüchtig erwartete „Heimkehr ins Reich“; entschlossen verstärken sie ihre Aktivitäten. Göth, jetzt 24 Jahre alt, ist mit ganzem Herzen bei der Sache. Im Mai 1933 wird er zum SS-Scharführer befördert. Kryptisch äußert er sich in seinem später verfassten „Lebenslauf“ über die damalige Tätigkeit: „Nach dem Parteiverbot erhielt ich vom damaligen Führer der 52 SS Stand. den Auftrag im Rahmen der 52 SS Stand. die notwendigen Maßnahmen zu organisieren. In Ausübung dieses Auftrags musste ich im Juli 1933, da ich von den öst. Behörden wegen Sprengstoff– verbrechens gesucht wurde, ins Reich flüchten.“
Während einer „Dienstfahrt“ СКАЧАТЬ