Название: Jakob
Автор: Stephan
Издательство: Автор
Жанр: Исторические любовные романы
isbn: 9783957447111
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Und Jakob?
Der schwebte mit seinen 16 Jahren im siebten Himmel oder sonst wo. Ein geradezu breites Grinsen lag auf seinem Gesicht. Er nutzte jede erdenkliche Ausrede, um zu ihr ins Nachbardorf zu gelangen.
Das ging ein halbes Jahr so. Ein glückliches halbes Jahr! Man sah sie nur zu zweit: in den Dorfdiskos, im Freibad, im Steinbruch beim Baden und bei ihr zu Hause, wenn er sie zum Spaziergang abholte. Was sie nicht alles wusste! Jakob war fasziniert. Ihm schien, als hätte sie Tag und Nacht nichts anderes getan als gelesen. Die schönen Momente für sie beide schätzte Jakob, er hielt sie einfach für unerschöpflich.
Und doch. Eines Tages öffnete nicht sie, sondern ihr Vater das schwere Hoftor. Jakob runzelte die Stirn. Wieso nicht sie, wie sonst immer? Er sah sich überall um. Wieso lugte sie nicht erwartend hervor, sie wusste doch, dass er kommen würde.
Aber er sollte sie nie wieder sehen.
Das Schicksal hatte sich von grausamer Härte gezeigt. Sandra verstarb im Frühjahr 1983. Es war Leukämie. Hatten sie ihm danach erzählt. Nichts, aber auch gar nichts hatte er gemerkt. Stand wieder ganz allein da.
Mitten auf der Dorfstraße vor dem großen Hoftor. Musste sich immer wieder vergewissern …, nein, nein – doch! – quietschte das Hoftor. Sandra war plötzlich nicht mehr. Er konnte es nicht fassen. Ahnte auch in keiner Weise, wie sehr sich das Mädchen schon in ihm festgesetzt hatte. Ihm fiel niemals auf, wie traurig ihm die kleine Schwester hinterher schaute, während er leise in sich hineinweinend zum Nachbardorf zurücktrottete.
Jakob sah es nicht.
Wo gerade die Welt einstürzte! Nichts mehr wie früher war. Jakob hatte nichts geahnt, wer hätte sich ausrechnen können, welche Härten von einer Minute zur anderen auf einen Mann zukommen können. Da war alles nur noch Hohlraum und auch er, Jakob, war leer. Von jetzt an zog er sich in sich selbst zurück. Lehnte sämtliche Anfragen von Schulkameradinnen ab, mit ihnen zu gehen. Irgendwie war er für die Außenwelt nicht mehr erreichbar, es kam ohnehin nichts mehr bei ihm an. Darüber hinaus war ihm zu dem Zeitpunkt überhaupt noch nicht klar, wie lange ein Mann, wie lange er, Jakob, um seine Liebe zu trauern vermochte, es einfach musste. Womit soll man einen solchen Hohlraum füllen?
Das legte sich auf alles, beeinflusste wie ein Schema sämtliches Tun. Die Prüfungen der Zehnten hatte er geradeso mit drei Komma vier geschafft. Und als seine Klasse auf Abschlussfahrt ging, fuhr er zwar mit, doch blieb dem bunten Treiben weitestgehend fern. Er, Jakob, trauerte. Tief und ehrlich. Und ohne, dass diese Abgrundtiefe auch nur irgendein Mensch von ihm erfahren hatte oder hätte erfassen können. Da war kein Ende abzusehen. Egal, was kam.
Seither steckte in jeder der nachfolgenden Frauen ein kleines Stück von diesem, seinem Mädchen. Möglicherweise war es das, was Jakob in späteren Frauen beständig suchte. Vielleicht etwas von dieser Reife, mit Bestimmtheit aber irgendetwas von ihr.
Aber Jakob redet nicht.
Stößt sich an der Leere, Leere, Leere. Und lehrt es sich ohne Ende.
Wenn Jakob reden würde,
kämen manch Zufall, Anfall und Abfall ins Spiel
Denn das sollte er bald gewohnt werden.
Dass wie von selbst auf ihn zukam, was ihn prägte.
Erstmal hatte Jakob mit der Trauer zu tun. Das ging auch noch so, als er in Leipzig seine Lehre zum Dachdecker antrat. Die theoretische Ausbildung fand in der „Querbreite“, einer Straße, in der sich die Berufsschule befindet, statt. Die Praxis im Betrieb. Als Einstiegsgeschenk bekam er von seinen Eltern das Werkzeug: einen Spitz- und einen Schieferhammer, eine Rötelzange, einen Zollstock, ein Beil, eine Axt, sowie einen Gürtel mit Nageltasche und Hammerschlaufe. ,Boa-eh’! Jakob riss die Augen auf! Denn das war alles auffallend hochwertig hergestellt. Aber woher seine Eltern das besorgt hatten und wie viel es wohl gekostet haben mochte, das blieb Jakob ein Rätsel. Später ging ihm auf: Vielleicht hatte auch die Westverwandtschaft Anteil daran? Im ersten Moment jedoch war seine Freude darüber riesig! Derart gewappnet konnte man loslegen.
Jakob war aufs Äußerste motiviert.
An diesem ersten Tag, als er sich mit den übrigen Lehrlingen auf dem Betriebsgelände einfand, schien die Sonne.
Jakob war wieder der Erste und bereit, seit dem frühen Morgen. Etwas später betraten dann auch die drei anderen Dachdeckerlehrlinge den Hof und man stellte sich gegenseitig vor. Es gab außer Jakob zwei Manuels und den Markus, der alle einen ganzen Kopf überragte. Ein Herr Schuster kam und begrüßte die vier jungen Männer, zeigte ihnen den Betriebshof, das riesige Lager, die Büros, sowie die Umkleide nebst Duschen und WC. Im Anschluss trabten sie alle in das winzige Büro, in dem sie von ihren zwei Lehrausbildern in Empfang genommen wurden.
Der Eine von ihnen hatte seinen Jungmeister gerade erst erfolgreich abgeschlossen, der Andere, kleine hingegen, war ein alter, schon gestandener Handwerksmeister. Beide stellten sich mit ihren Positionen nacheinander dar und Jakob lauschte interessiert. Dann folgte eine Belehrung für die Neulinge, wie man sich auf der Baustelle, und noch wichtiger, auf dem Dach zu verhalten hat. Anschließend wurden die Vier auf die einzelnen Brigaden aufgeteilt, der eine Manuel kam zur Rotschen-Brigade, der zweite und Markus wurden Meister Kurze zugeteilt. Jakob kam in die Bertholdsche Brigade. Zu guter Letzt ging der Altmeister mit den Vieren ins Lager, kleidete sie ein und versorgte jeden mit einem vollständigen Werkzeugsatz. Eben mit allem, was ein Dachdecker so braucht.
Jakob staunte nicht schlecht.
Auf einmal hatte er einiges doppelt.
Doch was machte es, das störte nicht. Seither konnte er sich das erste und bessere Werkzeug fürs Pfuschen und für den Notfall aufheben. Komplett ausgerüstet stiegen die Neuen mit Sack und Pack in den Barkas und der Altmeister fuhr jeden von ihnen zu der entsprechenden Brigade. Diesmal war Jakob als Letzter im Bus verblieben.
Warum?
Das sollte ihm bald klar werden. Der Altmeister hatte Jakob vorher beiseite genommen und dem Verdutzten erklärt, dass er als Meister vom obersten Chef in Kenntnis darüber gesetzt worden war, und nun also quasi genau Bescheid wüsste, um Jakobs Vater und dessen persönlich-freundschaftlichen Beziehungen zum Chef.
Daraufhin fuhr ihn der Altmeister bloß an: „Bilde dir ja nicht ein, Jakob, dass du hier Privilegien hast! Dich stecken wir zum strengsten Meister rein. Zum Schinder der Firma. Der duldet keinerlei Schlampereien und kein Zuspätkommen.“
‚Na bestens’, dachte Jakob. Klare Fronten. Doch die Pappmesser für die Dachpappe schliff der alte Berthold für Jakob höchst persönlich und schenkte sie dem jungen Schnösel. Aha. Das registrierte der, er lernte ziemlich schnell und allerhand gerade von dem Alten.
Aber auch die, die sonst noch in der Brigade arbeiteten, lehrten ihn sehr viel Praktisches, so dass er unerwartet schnell in die Feierabendbrigade aufgenommen wurde. Als später die Brigade geteilt wurde und Jakob einen neuen Meister erhielt, kam es zu einer seltsamen Begegnung.
Jakob stellte beim Gegenüberstehen fest, dass der ihm gerade mal bis ans Kinn reichte, allerdings viel kräftiger und etwa dreißig Jahre alt war. Ein Malocher, fand Jakob schnell heraus, doch mehr als fair, denn er СКАЧАТЬ