Hispanien. Michael Koch
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Название: Hispanien

Автор: Michael Koch

Издательство: Автор

Жанр: Историческая литература

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isbn: 9783945751022

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СКАЧАТЬ nichts an. Auch die Einnahme von Saguntum, das zu Zeiten des völkerrechtlich verbindlichen Lutatius-Vertrags im Jahre 241 v. Chr. anscheinend noch nicht mit Rom verbündet war, kann objektiv nicht als Verstoß gegen vertragliche Abmachungen gewertet werden, und in der Zeit des Ebro-Übergangs mit eindeutig militärischer Zielsetzung – dies nun tatsächlich ein Vertragsbruch – hatte Rom bereits Karthago den Krieg erklärt, der nach Hispanien und Afrika getragen werden sollte. Diese strategische Konzeption gab es bereits vor 218 v. Chr., sie entsprang – in Verbindung mit der Annexion Siziliens und Sardiniens – vermutlich der Absicht, Karthago vollständig aus dem westlichen Mittelmeerraum zu verdrängen und auf Afrika festzulegen.

      Der Angriff auf Castulo, die bedeutendste Ibererstadt im Südosten und eng mit Karthago verbündet, im Jahre 217 v. Chr. sollte Karthagos Ressourcen treffen. Die Gründung von Italica am Baetis bereits 206 v. Chr., d. h. an der Hauptader des Verkehrs zwischen den Minengebieten des saltus Castulonensis einerseits, am Hauptzugang zu den Rio Tinto-Minen andererseits, die schon im Jahre 212 v. Chr. aus strategischen Gründen vollzogene Teilung des Landes, die frühe Einrichtung von Garnisonen an geostrategisch und ökonomisch zentralen Plätzen, wie beispielsweise Tarraco (Tarragona), „die Schöpfung der Scipionen“, oder die Bestallung von zwei Magistraten für die beanspruchten Herrschaftsräume citerior und ulterior (im diesseitigen und jenseitigen Hispanien) der Halbinsel – dies und mehr macht deutlich: Spätestens 206 v. Chr. waren die Weichen gestellt. Und warum auch nicht? Der große Krieg war noch nicht vorbei, die res publica war pleite, der Krieg keineswegs beendet und die einsetzenden Geldströme aus den neuen Provinzen kamen mehr als gelegen. Ich glaube, dass der österreichisch-amerikanische Althistoriker Ernst Badian irrt, wenn er insinuiert, Rom habe Hispanien eigentlich gar nicht haben wollen, hingegen einräumt, man habe die Kyrenaika „um sofortiger Gewinne willen“ als Provinz eingerichtet (1980 passim, bes. 59). Der Gelehrte sieht hier eine gänzlich neue Außenpolitik. Ich vermag dem nicht zuzustimmen. Das ist keine neue Außenpolitik, sondern ein durch die Eroberung des mittelmeerischen Ostens gewandeltes Szenario sowie veränderte Mentalitäten durch intensivere Berührung mit dem hellenistischen Raum. Warum neben anderem reine Geldnot Rom nicht schon im Jahre 206 v. Chr. genötigt haben soll, Hispanien zu annketieren, ist nicht einzusehen.

      Um es mit den Worten des Wirtschaftshistorikers Jaime Vicens Vives zu sagen: „In the concrete case of Hispania, the first Roman conquest was merely an episode in the Punic War. But once Carthage was defeated and expelled from the country by the treaty of 201, the Romans had no intention of abandoning it“ (1969, 57). H. H. Scullard hat das noch nachdrücklicher formuliert: „Wollte Rom Hannibals und Karthagos Macht in Hispanien eliminieren oder wollte es die Zerstörung Karthagos als Großmacht?“ Die Antwort: „Die militärische Planung Roms im Jahre 218 legt letzteres nahe“ (19732, 41).

      Natürlich wäre es eine unzulässige Verkürzung der historischen Realität, wollte man Roms Interesse auf den Gewinn von Edelmetallen reduzieren. Neben den aktuellen geostrategischen und Sicherheits-Überlegungen, die für eine Kontrolle der Halbinsel wenigstens auf Zeit sprachen, macht der gesamte Reichtum des großen Landes seine Attraktivität aus, wie vordem für Karthago so jetzt für Rom und später für Piraten, nordafrikanische Räuberhorden, Germanen und muslimische Mauren, von der industriellen Moderne nicht zu reden. Und natürlich wurde dieser Reichtum vergröbert dargestellt; man berücksichtigte nicht, dass er keineswegs überall vorhanden war und dass es auf der Halbinsel Menschen, Gruppen, ganze Stämme gab, die sich aus Edelmetallen rein gar nichts machten (Appian. Iber. 54). Informationen dieser Art wurde in Rom offenbar keine Bedeutung beigemessen.

      Man muss den Wissenschaftsgenerationen, die Roms Zugriff auf die Iberische Halbinsel allein unter den Gesichtspunkten von geostrategischem Selbstschutz und zivilisatorischem Sendungsbewusstsein verstanden wissen wollten, zugute halten, dass ihr Blick nicht selten im Übermaß einseitig-romfreundlich gefärbt war. Spaniens frühneuzeitlicher Griff nach Amerika, Englands Inbesitznahme von Indien, die Ausbeutung des Kongo durch Belgien und manch anderes der Art wurden nicht in Parallele gesetzt zu dem, was am Ende des 3. Jhs. v. Chr. die res publica romana veranlasste, die Iberische Halbinsel unter dem staatsrechtlich legitimierten Begriff provincia als Beute des Krieges mit Karthago peu à peu in Besitz zu nehmen. Wirtschaftliche Beweggründe wurden nur selten als wichtige Motive antiker Imperialismen gesehen und Badian konnte sich in seiner Untersuchung zum römischen Imperialismus noch so sehr bemühen zu beweisen, das Senatsregiment der mittleren Republik sei ökonomisch nicht sonderlich interessiert und keinesfalls gewinnorientiert gewesen. Wenn die res publica zusätzliches Geld brauchte, verschaffte sie es sich. Was Badian missversteht: Ob der Senat als Körperschaft gierig war oder nicht, ist ohne Bedeutung, solange die Magistrate vor allem in den westlichen Provinzen notwendige und mehr als die notwendigen Beitreibungen erledigten. Und was die aristokratische Zurückhaltung in oeconomicis betrifft: Spätestens seit dem hannibalischen Krieg ist das eine fromme Lüge: Schon der ältere Cato war durch seine Freigelassenen an Geldgeschäften beteiligt (Plut. Cato maior 21). Plutarch zählt die Einnahmequellen des Triumvirn Crassus auf, darunter vermutlich hispanische Silberminen, und auch der „edle Brutus“, Caesars Mörder, war nebenher Bankier. Man machte – durchweg anonym – Geschäfte oder ließ Geschäfte machen, Beispiele dafür gibt es genug. Jedenfalls darf aus der Tatsache, dass die hispanischen Provinzen zwischen dem numantinischen- und dem Sertorius-Krieg sowie danach kaum das Interesse der zeitgenössischen Geschichtsschreiber finden, nicht geschlossen werden, die Verhältnisse dort hätten sich – etwa im Vergleich mit dem interessanteren Osten – völlig anders dargestellt. Ich finde keine Gründe dafür, anzunehmen, dass sich gierige, korrupte und skrupellose Promagistrate in Hispanien anders verhalten haben sollten als im Osten, nur weil ihnen dort die Umstände ihr Tun erleichterten. Jedenfalls geht es nicht an, aus Mangel an einschlägigen Nachrichten aus den hispanischen Provinzen voreilige Schlüsse zu ziehen. Wenn E. S. Gruen in seinem glänzenden Essay „Material awards and the drive for Empire“ von 1984 auf eine Reihe von Beispielen dafür verweisen kann, dass die offizielle Senatspolitik im 3. – 2. Jh. v. Chr. im Osten in finanzieller Hinsicht durchaus maßvoll angelegt war, so hat er Recht, doch gibt es zum einen reichlich Gegenbeispiele für das Fehlverhalten Einzelner, zum anderen ist der westmittelmeerische Raum bei Gruen nahezu vollständig außer Ansatz geblieben. Gerade dort, im Barbaricum, tritt der Unterschied zwischen der offiziellen Staatsmoral und dem Fehlverhalten Einzelner offen zutage, vor allem, wenn man die Art und Weise betrachtet, in der sich die Prozesse gegen straffällige Gouverneure – beispielsweise gegen Sulpicius Galba Mitte des 2. Jhs. v. Chr. – gestalteten.

      Dieser ganze Komplex, der in der aktuellen Forschung noch immer angestrengt diskutiert wird (s. die vorzügliche Übersicht bei W. V. Harris, Current directions in the study of Roman imperialism, passim), kann uns hier nur so weit beschäftigen, als die Iberische Halbinsel tangiert ist. Ich selbst habe mich mit meinen Vorstellungen seinerzeit in Harris’ großer Untersuchung „War and imperialism in republican Rome 327 – 70 BC“ von 1979 weitgehend wiedergefunden. Harris hat seine früheren Einsichten seither eher noch untermauert und verfeinert. Es fehlt allerdings, wenn ich richtig sehe, die Beobachtung, dass Rom in dieser Hinsicht sehr deutlich zwischen Ost und West, zwischen zivilisierten Räumen und Barbarenland unterschied. Hispaniens Mitte, Norden und Westen waren Barbarenland – danach wurde gehandelt.

      Es gibt Forschungsmeinungen, wonach der römische Senat, welcher, wie nicht vergessen werden darf, niemals ein geschlossener Block war, mit der Entscheidung, die Halbinsel zu annektieren, lange gezögert habe, doch das hatte er bei der Einrichtung der Provinzen Sizilien und Sardinien auch – und länger – getan. Keine Zeit hingegen ließ sich der siegreiche Feldherr Scipio. Auch Werner Dahlheims raffiniert-gescheites Bemühen, Roms angeblichen contre coeur-Verbleib aus den aktuellen politischen Umständen im Mittelmeerraum zu erklären (1977, 77 ff.), sticht nicht: Schon in den Jahren 206 und 203/​2 v. Chr. nach dem Präliminarvertrag mit Hannibal oder spätestens nach dem Sieg bei Zama hätte sich die römische Militärmacht von der Iberischen Halbinsel zurückziehen und deren heterogene, konsens-unwillige Völkerschaften risikolos sich selbst überlassen können, sofern sie dies wirklich gewollt hätte. Tatsächlich СКАЧАТЬ