Hispanien. Michael Koch
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Название: Hispanien

Автор: Michael Koch

Издательство: Автор

Жанр: Историческая литература

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isbn: 9783945751022

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СКАЧАТЬ dem Zeitraum zwischen der realen phoinikischen Kolonisation in Tarschisch im 8. Jh v. Chr., von der Jesaja spricht, der griechischen Tartessos-Berührung vermutlich im 7. und dem Auftreten der Seemacht Karthago auf der Halbinsel im 6. Jh. v. Chr. liegt ein seltsames Halbdunkel, obgleich es sich um eine Phase entscheidender Veränderungen im Süden und Osten gehandelt haben muss. In dieser Zeit mutiert, vom orientalisierten Tarschisch ausgehend und durch griechische und andere Importe unterstützt, der orientalisierte Kulturraum zum Turdetanisch-Iberischen, wie wir die intensive Rezeption kultureller (auch religiöser) Einflüsse aus dem Osten in Ermangelung einer glücklicheren Bezeichnung nennen müssen. Das Ergebnis ist eine kaum differenzierbare ostmittelmeerisch-einheimische Mélange, zu der Rechteckhäuser und ummauerte stadtartige Siedlungen ebenso gehören wie die Entstehung einer bemerkenswert originellen Großplastik in der oben beschriebenen südöstlichen Konvergenzzone zwischen semitischer und griechischer Einflussnahme. In diese Zeit gehört auch die Entstehung der (linksläufigen) südiberischen Schrift, für die sich vor einiger Zeit eine Art Musteralphabet gefunden hat. Zweifellos ist dies die Zeit lokaler und regionaler Herrschaftsbildungen, von denen die Historiografie erst viel später berichten wird, die sich aber seit geraumer Zeit archäologisch immer deutlicher abzuzeichnen scheinen.

      Darüber, was in dem Zeitraum zwischen dem ersten Auftauchen der Phoiniker an den Küsten der Halbinsel, dem Vordringen griechischer Seehändler in den Südwesten und an die Ostküste im Rest des großen Landes geschieht, der immerhin fast 2/​3 des Ganzen beträgt, schweigen die Schriftquellen. Gleichzeitig ist deutlich, dass im 6. Jh. v. Chr. Karthago eine wichtige Rolle auf der Halbinsel zu spielen beginnt und bis in die Zeit des Zweiten Krieges mit Rom den hispanischen Süden, den afrikanischen Nordwesten und auch die hispanische Atlantikküste kontrolliert, wie archäologische Funde, aber auch punisch konnotierte Kultstätten in Küstennähe belegen. Herodotos Hinweis auf Kelten im Westen (2,33,3) bleibt geografisch vage, so sehr sich die Forschung auch bemüht hat, die Stelle „Die Donau kommt aus dem Land der Kelten von der Stadt Pyrene her und fließt mitten durch Europa. Die Kelten wohnen jenseits der Säulen des Herakles und sind Nachbarn der Kynesier, des westlichsten Volkes von allen Europäern“ aus ihrer ex-post-Kenntnis stimmig zu machen. Die Vorstellungen des ‚Vaters der Geschichte‘ vom westlichen Europa sind eine Mischung aus Wissen, Hörensagen und möglicherweise falsch verstandenen Nachrichten aus Seefahrer-Kreisen. Deutlichere geografische Vorstellungen gewinnt man erst im 4. Jh. v. Chr., aber auch sie bleiben oberflächlich und sind ausschließlich aus der Seefahrer-Perspektive gewonnen.

      Die ethnografische Karte der gewaltigen Landmasse zwischen der Küstenkordillere im Osten, der Sierra Morena im Süden, den Pyrenäen im Norden und dem atlantischen Ozean im Westen gleicht einem Flickenteppich buntester Art. Die Forschung ist weit davon entfernt, die Gemengelage aus potentiell vorindoeuropäischer Bevölkerung, zahllosen Zuwanderungen aller Art und Quantität (und zu unterschiedlichsten Zeiten), unquantifizierbaren Binnenwanderungen bis weit in römische Zeit sowie die ethnischen Mischzonen an den östlichen und südlichen Rändern durchsichtig gemacht und in eine zuverlässige regionale und zeitliche Ordnung gebracht zu haben. [s. Abb. 2] Die antiken Quellen behalfen sich damit, Phoiniker, Perser, Griechen, Kelten, Punier und Römer hintereinander als Einwanderer aufzuzählen und die Vorzeit sowie mögliche Gleichzeitigkeiten bzw. Überschneidungen auszublenden. So sind wir darauf angewiesen, die Mosaiksteine lokaler und regionaler Forschung so gut wie möglich zusammenzusetzen, um überhaupt ein Bild zu gewinnen.

      Nicht zu trennen von den Problemen des ethnografischen Durcheinanders und der immerwährenden Ein- und Binnenwanderungen sind deren geografische Voraussetzungen. Es ist die grobe Dreiteilung des Landes, welche im Großen und Ganzen die Ethnografie der Halbinsel bestimmt: Der Küstenstreifen zwischen dem Mittelmeer im Osten und der westlichen Kordillere, die überwunden werden muss, um die zentralen Hochebenen zu erreichen. Sodann der Süden, der von der sogenannten Sierra Morena gegen das zentrale Hochland abgeschirmt wird sowie das zweigeteilte Hochland – Alt- und Neukastilien –, das die Mitte, den Norden und Westen einnimmt und selbst wieder in kleinere Einheiten zerfällt. Sie freilich spielen in der Ethnografie des antiken Hispanien keine vergleichbar entscheidende Rolle. Diese Räume sind nicht leicht und überall zugänglich. Von Osten aus erschließen die Flusstäler von Ebro, Jalón und Júcar die Meseten, von Süden der Despeñaperros-Pass und die westliche vía de la Plata. Haupt-Einfallwege von Norden sind die wenigen Pyrenäenpässe und die Küstensäume. Alle historisch erwiesenen großen Wanderungsschübe haben auf diesen Zugangswegen ihre Spuren hinterlassen, alle bedeutenden Landnahmen lassen sich mit den bezeichneten Großräumen verbinden – und auch alle großen Eroberungen. In der Völkerwanderungszeit ebenso wie in den napoleonischen Kriegen, ja noch im Bürgerkrieg der 1930er-Jahre spielen die genannten Zugangswege im Norden, Osten und Süden eine entscheidende Rolle.

      Exkurs 1

      Phoiniker und Punier

       auf der Iberischen Halbinsel

       „Denn eine Tarschisch-Flotte hatte Hiram auf dem Mittelmeer.“

       (I Kön. 10.22)

      Phoiniker, Karthager, Punier bedeuten nicht wirklich Unterscheidungen, sondern sind Bezeichnungen unterschiedlicher Herkunft zu verschiedenen Zeiten. Die frühen Bewohner der im 8. Jh. v. Chr. gegründeten nordafrikanischen „Neustadt“ Qrt Hadašt sind ebenso Phoiniker wie die ersten Bewohner von HaGadir im Südwesten der Iberischen Halbinsel. Später nennen die Römer, als sie beginnen, über die Grenzen ihres Kleinstaats, dann über diejenigen Italiens hinauszublicken, diese exotischen Seefahrer, die überall im Mittelmeerraum anzutreffen sind, Poeni. Davon kommt „Punier“. Mit der Zeit gewinnen diejenigen Phoiniker, welche sich an fernen Gestaden niederlassen, unterschiedliche Profile. In Verbindung mit den jeweiligen sozialen Kontexten entwickeln sie verschiedene Interessen; manche der Seehändler werden Agrarier, andere geben den ambulanten Handel auf und werden Hersteller von Fertigprodukten: von Purpur, der ,weltweit‘ geschätzten Fischsauce garum, Schmuck, Tongefäßen, Terrakotten und von tausenderlei Materialien des täglichen Bedarfs. Wiederum andere bauen Schiffe, mit denen sie in den atlantischen Ozean vorstoßen und das phoinikische Handelsnetz erweitern. So entstehen an der nordafrikanischen Atlantikküste weitere Faktoreien, von denen wir Mogador und Lixus genauer kennen. Vermutlich fuhren sie noch viel weiter nach Süden. Ob die Goldküste erreicht wurde, wissen wir nicht. Ähnlich verläuft die Entwicklung an der westhispanischen Küste in nördlicher Richtung. Hier war Zinnhandel zumindest ein Ziel. Es ist unklar, ob phoinikische Schiffe Cornwall oder die Bretagne erreichten oder ob Zinnlieferanten ihnen nach Süden entgegenfuhren. Möglich ist, dass einheimischer Zwischenhandel eine Rolle spielte.

      So entstehen im Laufe von wenig mehr als 200 Jahren zahllose phoinikische Niederlassungen aller Art: Faktoreien mit Hafenanlagen und Lagerhäusern, Agrarsiedlungen, auch Wohnsiedlungen mit Handwerker-Vierteln. Bei vielen von ihnen fanden sich Bestattungsareale; mancher Grabbau ist von entsprechenden Anlagen im Vorderen Orient kaum zu unterscheiden.

      Was durch die Zeit erhalten blieb, war eine enge Bindung dieser westlichen Phoiniker an die ursprüngliche Heimat, besonders in kultisch-religiöser СКАЧАТЬ