Thor. Martin Arnold
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Название: Thor

Автор: Martin Arnold

Издательство: Автор

Жанр: Религия: прочее

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isbn: 9783944180168

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СКАЧАТЬ von metaphorischer Bedeutung ist. Ein Krieger könnte zum Beispiel als ‚Helmbaum’ beschrieben werden, eine Schlacht als ‚Pfeilregen’, Blut als ‚Tau der Wunden’ und ein Prinz als ‚Röter der Schwerter’. Namen werden ebenso durch Kenningar ersetzt. Eine Kenning für Thor ist beispielsweise ‚Brecher der Riesenschädel’. Skaldenverse werden meist im selben Stil abgefasst, den wir bei Preisgedichten zu Ehren bekannter Heiliger finden. Wie in Snorris historischem Werk Heimskringla ersichtlich, waren die Isländer oft anerkannte Meister der Skaldendichtung, deren Künste an Königshäusern in ganz Skandinavien gefragt waren. Trotz ihrer metrischen Komplexität und der faktischen Unmöglichkeit, die Form zu ändern, ohne ihre Struktur zu zerstören, sind viele Skaldenverse durch mündliche Überlieferung aus dem neunten und zehnten Jahrhundert in intakter Form erhalten geblieben. Skaldische Verschlüsselungen und Umschreibungen bergen eine wahre Fundgrube an Informationen über mythologische Themen. Außerdem können, anders als bei den anonymen Eddaliedern, die Verfasser der Skaldenverse oft sicher identifiziert werden.

      Wie bereits erwähnt, ist nicht in allen Fällen genau zu ermitteln, auf welche Quellen und Informanten Snorri sich stützt, wenngleich manche Zitate eddischer und skaldischer Verse in Werken des zwölften Jahrhunderts sowie seine Kenntnisse mündlicher Traditionen zweifellos erkennbar sind. Es ist ziemlich sicher, dass Snorri Texte zugänglich waren, die nicht erhalten geblieben sind. Einiges von Snorris Quellen kam 1643 ans Licht, als in einem isländischen Bauernhaus ein Bündel anonymer Handschriften mit 34 Eddaversen entdeckt und dem isländischen Bischof Brynjólfur Sveinsson (1605 - 75) übergeben wurde. Im Jahre 1662 übereignete der Bischof das Manuskript dem König Frederick III. von Dänemark und Norwegen, worauf der Name Codex Regius (‚das königliche Buch’) zurückgeht, unter welchem die Sammlung noch heute bekannt ist. Der Codex Regius selbst kann nicht Snorris Quelle gewesen sein, da die in ihm enthaltenen Eddaverse offensichtlich im späten dreizehnten Jahrhundert und damit einige Zeit nach Snorris Tod niedergeschrieben worden sind. Trotzdem gibt es exakte Übereinstimmungen zwischen den Liedern des Codex und einigen Niederschriften Snorris. Diese Sammlung, ergänzt durch andere erhaltene Eddaverse, ist heute bekannt als die Lieder-Edda. Zusammen gewähren die Prosa-Edda und Lieder-Edda einen aufschlussreichen Einblick in die Welt des altnordischen Heidentums. So betrachtet, sind sie der unumgängliche Anfangspunkt für die Suche nach dem Thor der Mythologie.

      Am nächsten kommen wir einer Chronologie von Geburt, Leben und Untergang der Götter in den 66 Strophen des altertümlichen Eddaliedes ‚Völuspá’ (Der Seherin Gesicht). Dieses Lied berichtet, wie Odin, der oberste der Götter, eine Seherin aufsucht, die ihm vom Ursprung der Götter, von ihren Bedrängnissen, ihrem letztendlichen Niedergang und der darauf folgenden Welt-Erneuerung erzählt. Obwohl manchmal verschleiernd und voller Anspielungen, weisen die Schilderungen in der ‚Völuspa’ eine lineare Struktur auf, die sich von der Schöpfung bis hin zur Götterdämmerung, der Ragnarök, zieht. In diesem Sinne kann die ‚Völuspá’ als das Rückgrat betrachtet werden, um das sich alle anderen mythologischen Lieder anordnen, und als Ausgangspunkt für Snorris vor allem in der ‚Gylfaginning’ vorgenommenen Versuch, die gesamte Mythologie zu systematisieren.

      Der Kosmos der altnordischen Mythologie umfasst zehn Welten, von denen neun auf drei Ebenen der Existenz angeordnet sind. Diese Ebenen werden von den Wurzeln des heiligen Baumes Yggdrasil zusammengehalten, des Weltenbaumes, dessen Geäst verschiedene Tiere beheimatet. Um den Baum herum sitzen die drei Nornen, geheimnisvolle weibliche Gottheiten, die webend das Schicksal aller Lebenden bestimmen. Auf der höchsten der drei Ebenen, der Oberwelt, befinden sich: Asgard, der Sitz des Kriegsgöttergeschlechts, der Asen; Wanaheim, die Heimat des Geschlechtes der Fruchtbarkeitsgötter, der Wanen, und Liusalfheim, das Land der Lichtalben. Ebenfalls auf der Oberwelt angesiedelt ist Walhall, die Halle der im Kampf gestorbenen Helden, die sich dort als auserwählte Armee Odins auf Ragnarök vorbereiten. Auf der mittleren Ebene finden wir Jötunheim, das Land der Riesen; Nidavellir, die Heimat der Zwerge; Svartalfheim, wo die Schwarzalben wohnen, und Midgard, die Welt der Menschen. In den Meeren, die diese Ebene umgeben, lebt die gigantische giftige Schlange Jörmungand, die auch als Midgardschlange bekannt ist und ganz Midgard umspannt. Die mittlere und die obere Ebene werden durch die Regenbogenbrücke Bifröst verbunden. Sie wird von dem Gott Heimdall mit seinem Horn bewacht, dessen Klang vor den ungeheuren Gewalten warnt, die den Untergang der Götter und der Welt herbeiführen, wenn Ragnarök anbricht.

      Auf der unteren Ebene, an den entferntesten Wurzeln Yggdrasils, sitzt die schreckliche Göttin Hel, die über Helheim und Niflheim gebietet, das Land der Toten, die nicht im Kampf gefallen sind. Dieses Reich wird von Nidhögg (dem ‚Leichenkauer’) heimgesucht, einem furchterregenden Drachen, der die Toten verzehrt und an den Wurzeln des Weltenbaumes nagt. Über den Abgrund zwischen Hel und Midgard spannt sich die Brücke Gjallabrú, die von der Riesin Modgud bewacht wird, deren Aufgabe es ist, diejenigen aufzuhalten, die versuchen, die Brücke zu überqueren und in die eisige Finsternis Hels oder aus dieser hinaus zu gelangen. Im Süden der Ebene wird Muspelheim verortet, das Feuerreich, in dem der Riese Surt herrscht, der letztlich den Weltenbrand der Ragnarök entfachen wird. Sowohl Götter als auch Riesen bewegen sich frei zwischen der mittleren und der oberen Welt, doch einzig von dem Gott Hermod wird berichtet, dass er – bei dem missglückten Versuch, seinen Bruder Baldur zu befreien – die Unterwelt bereist und wieder von dort zurückkehrt (siehe im Abschnitt ‚Baldurs Tod’ dieses Kapitels).

      Wie die Seherin Odin erzählt, sei dieser verschlungene Kosmos das Ergebnis evolutionärer Gewalten, angefangen von der Erschaffung der Welt aus dem Körper des Eisriesen Ymir und der allmählichen Entstehung der verschiedenen Rassen aus Teilen seines Leichnams. Weil deshalb die Welt in ihrem Wesen schlecht ist, sei ihren Bewohnern ein Schicksal von Chaos und Kampf vorherbestimmt. Der erste Krieg, der aufkommt, ist der zwischen Asen und Wanen, den Kriegs- und den Fruchtbarkeitsgöttern. Er endet mit dem Triumph der Asen und schließlich der Vereinigung aller Götter unter ihrer Ägide. Danach eskaliert zunehmend die kalte und unerbittliche Feindschaft zwischen Göttern und Riesen. Am Ende enthüllt die Seherin die Zukunft in ihrer düsteren Vision der Ragnarök und der anschließenden Erneuerung der Götter, die daraufhin scheinbar erneut in Streit und Zerstörung verfallen. Die geschickten Überlegungen Odins, der heldenhafte Kampf Thors und die verjüngende Magie der Fruchtbarkeitsgottheiten – besonders die des Freyr und seiner Schwester Freyja – können letztendlich das Schicksal nicht abwenden und ihren Untergang nicht aufhalten. Die Hauptrolle beim Niedergang der Asen kommt Loki zu, der, wenn man Verwandtschaft nach der Vaterschaft bestimmt, riesischer Abkunft ist, aber dennoch zu den Asen gehört. Durch Lokis wahllosen Sexualtrieb und seine verdrehte Intelligenz entstehen jene monströsen Ausgeburten – die Midgardschlange, der apokalyptische Wolf Fenrir und die Göttin Hel – und durch Lokis Bosheit kommt schließlich Baldur zu Tode, der beliebteste unter den Göttern und ihr künftiger Retter. Wenn es einen Mythos in den Eddas gibt, der alle anderen an Wichtigkeit übertrifft, dann ist das die Erzählung von Baldurs Tod, weil sich mit diesem Ereignis das Schicksal der Götter wendet.

      Yggdrasill von Voenix

       Baldurs Tod

      Dieser Mythos wird am ausführlichsten in Snorris ‚Gylfaginning’ erzählt. Baldur wird von Träumen heimgesucht, die nichts Gutes für sein Leben verheißen. Als er den Asen davon erzählt, beschließen diese, ihn unverwundbar zu machen, da er der reinste und verständigste ihrer Art ist. Seine Mutter Frigg, Odins Gattin, fordert alle Pflanzen und alle Elemente auf, einen Eid zu leisten, Baldur niemals zu verletzen. Da er nun vor Verwundungen geschützt ist, machen sich die Asen – anscheinend mit seinem Einverständnis – ein Spiel daraus, ihn bei ihren Versammlungen mit Speeren und Steinen zu traktieren. Doch Loki gefällt es nicht, dass Baldur unverletzt bleibt. Als alte Frau verkleidet, besucht er Frigg und befragt sie über die Unverwundbarkeit Baldurs. Frigg erzählt ihrem Besucher freimütig, dass sie von der Mistel keinen Eid verlangt habe, da sie die СКАЧАТЬ