Название: SOKO bizarr
Автор: Axel Hildebrand
Издательство: Автор
Жанр: Триллеры
isbn: 9783944180946
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Aber wie gesagt: Trigger-Trigger-Trigger!
Soll mir hinterher keiner kommen und sagen: „Hey, deinetwegen habe ich mich jetzt umgebracht.„ Oder „Deinetwegen habe ich jetzt irgendwen anders umgebracht, weil es sich bei dir so lustig angehört hat.“
Nee, nee, neeeee!
Ich lehne diese Verantwortung ab.
Axel Hildebrand
SPANNER
Raimund ist zwölf Jahre alt und leidet schon lange unter entzündeten Augen. Weil da die Haare immer reinhängen. Man kann bürsten, soviel man will. Raimund ist chronisch auf Augentropfen.
Die Verdauung von Raimund ist für sein Alter eher träge. Etwas stückig. Und riecht auch nicht. Also kaum. Im Gegensatz zu anderen.
Es wäre gut, wenn Raimund sich mehr bewegen würde. Dann hätte er kein Übergewicht und der Stuhlgang wäre auch weicher.
Raimund bewegt sich aber nicht gern. Das Sofa ist sein Lieblingsplatz.
Aber irgendwas muss er doch machen, wenn Benjamin den ganzen Tag nicht da ist.
Das Vieh kann doch nicht 24 Stunden lang pennen.
Oder doch?
Seit Benjamin seine neue Wohnung bezogen hat, gibt es eigentlich genug andere Projekte. Weil das Geld für eine Grundrenovierung fehlt, wohnt er seit zwei Monaten auf einer halben Baustelle. Das Wohnzimmer ist fertig. Die Küche auch. Aber Flur, Schlafzimmer und die kleine Kammer müssen noch gemacht werden.
Für Benjamin kein Problem. Er hat keine Freundin zur Zeit und die Umzugskisten und Malerfolien stören ihn nicht.
Jedes Wochenende kommt er mit der Renovierung seines neuen Heims ein kleines Stück weiter.
Trotzdem ist dieser brennende Wunsch entfacht, zu wissen, was Raimund tagsüber so treibt.
Der Tierarzt meinte mal, dass Katzen über ein Eigenleben verfügen. Dass sie – wie Menschen auch – Macken entwickeln. Zumindest in Wohnungen. Da werden alle Viecher neurotisch, die eigentlich ein paar Quadratkilometer als Revier brauchen.
Benjamin nimmt diese Aussage als Versprechen. Sein Kater Raimund hat also Macken. Und die sind bestimmt lustig. Vielleicht kann man einen YouTube-Channel machen? Der würde dann „Raimund allein zu Haus“ heißen.
Dieser Gedanke ist Benjamin die knapp 200 Euro für die Wlan-fähige Kamera wert. Es ist eine spezielle Haustier-Cam. Mit Bewegungssensor und HD-Auflösung. Alle Aktivitäten werden sofort auf einen Server geladen und Benjamin kann sich das dann auf seinem Handy ansehen. Oder später – nach Feierabend – auf dem Computer.
Vorfreude! Und wie!
Leider sind schon die ersten Aufnahmen ernüchternd. Das Weitwinkel erfasst den Moment, wo Benjamin die Wohnung verlässt (Bewegung) und den Moment, wo er wieder heimkommt (noch eine Bewegung).
Ansonsten nix.
Die Geburt des langweiligsten YouTube-Channels ever.
Benjamin findet, dass die 200 Euro sich irgendwie auszahlen müssen und schaltet den Sensor ab. Jetzt nimmt die Kamera alle 10 Sekunden ein Bild auf. Egal, ob sich etwas bewegt oder nicht. Damit wird Raimund sich keinesfalls mehr unbeobachtet durchs Zimmer schleichen können.
Ha!
Und es funktioniert. Jeden Tag gibt es einen Zeitrafferfilm von Benjamins Wohnzimmer.
Und auf etwa fünf Bildern ist Raimund zu sehen. Wie er vom Sofa klettert. Verschwindet. Und gegen Abend zurück aufs Sofa klettert.
Yeah. Big Deal. Die 200 Euro haben sich total gelohnt.
Benjamin vermutet, dass Raimund den Tag irgendwo im unrenovierten Teil der Wohnung verbringt und nimmt es als Motivation, endlich weiterzumachen.
Diese Wände streichen sich nicht von allein.
Nachdem die Tapete im Flur – sie setzt sich bis in die kleine Kammer am Ende fort – jetzt zum dritten Mal runtergefallen ist, muss Benjamin einsehen, dass das nix wird mit dem Überstreichen. Da befinden sich so viele Schichten Tapete auf der Wand, dass schon die leichte Feuchtigkeit seiner Wandfarbe reicht, um den uralten Kleister der oberen Schicht zu lösen. Platsch.
Also Spachtel und Dampfgerät und los.
Benjamin schuftet das komplette Wochenende. Natürlich geht die Tapete ohne Farbe drauf nur in winzigen Streifen ab. Und als es endlich Sonntagabend ist, hat er gerade mal den Flur und einen Teil der Kammer geschafft. An der Rückwand der Abstellkammer geht es ganz besonders schwer. Und Benjamin gibt auf. Für dieses Mal. Er erklärt sich die erstaunliche Haftkraft durch den anderen Untergrund.
Wenn man dran klopft, klingt es nicht wie Ziegelstein, sondern wie Holz.
Gibt es oft, in Altbauten. Das stammt aus einer Zeit, wo man noch Dienstboten hatte und die Wohnungen sich über komplette Etagen erstreckten. Damals müssen die Mieten dramatisch anders gewesen sein.
Benjamin vermutet eine alte, verrammelte Tür am Ende der Kammer. Denn früher war da vermutlich keine Kammer, sondern der Flur ging einfach weiter. Zum Südflügel. Wo die Chaiselongue der Erbtante stand. Oder so.
Jetzt ist das die Nachbarwohnung.
Schön. Die Tapete muss trotzdem runter.
Aber nächstes Wochenende erst.
Die nächsten Tage vergehen mit ereignislosen Zeitrafferfilmen einer kamerascheuen Katze.
Kollegen, denen Benjamin davon erzählt hat, meinen, man sollte seine Haustiere nicht stalken. Die hätten auch ein Recht auf Privatsphäre.
Benjamin findet das lächerlich. Er will Raimund bei seinen tollen, bemackten Aktivitäten sehen. Endlich! Aber dazu bräuchte er eine zweite Kamera. Für den anderen Teil der Wohnung. Oder sogar eine dritte. Fürs Schlafzimmer.
Denn wenn er die Kamera aus dem Wohnzimmer jetzt einfach umdreht, dann wird Raimund das merken und sein Verhalten ändern. Weil Katzen so sind. Aber Benjamin fehlt ohnehin das Geld für eine flächendeckende Überwachung und so macht er lieber mit der Renovierung weiter.
Damit es schneller geht, pfuscht er. Denn die Rückwand der Kammer wird sowieso nie einer zu sehen kriegen. Also bleibt die Tapete dran und wird einfach fleckig überstrichen. Und – das bestätigt die These mit dem anderen Untergrund – hier hält auch die Tapete.
Anschließend kommt das Schlafzimmer und Benjamin fühlt sich wie einer der Helden aus der Hornbachwerbung.
Bis zu dem Tag, als er Frau Soll aus dem ersten Stock trifft. Die Rentnerin meckert ihm die Ohren voll wegen der gestiegenen Heizkosten. Sie soll jetzt 85 Euro Abschlag jeden Monat zahlen. Von ihrer lächerlichen СКАЧАТЬ