Der Ehrenmord. Jan Eik
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Название: Der Ehrenmord

Автор: Jan Eik

Издательство: Автор

Жанр: Зарубежные детективы

Серия:

isbn: 9783955520021

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СКАЧАТЬ war zumindest Otto gegenüber ungerecht, wie sie wusste, und aus Wut darüber schlug sie noch einmal zu, wenn auch nur mit halber Kraft.

      «Steh uff, und such Linan!»

      Max wehrte ihre Hand ab wie eine lästige Fliege, bevor ihm zum Bewusstsein kam, dass die eigene Mutter seinen Schlaf störte. Er stieß mit derber Faust nach ihr und murrte: «Such doch deine dämliche Lina aleene! Wirst schon wissen, bei wem se sich verkrochen hat.»

      «Weiß ich eben nicht!», entgegnete Martha Jungnickel ungewohnt kleinlaut und weinerlich. Sie zog einen wackligen Stuhl mit durchgesessenem Korbgeflecht heran und ließ sich darauf nieder. Hugo kroch zu ihr, zog sich am Schürzensaum hoch und stieß wieder sein jämmerliches «Mam - mam» hervor.

      «Maxe! Es handelt sich schließlich um deine eijene Schwester. ..», beschwor Martha ihren Ältesten.

      «Höchstens zur Hälfte», brummte der. «Lass mir bloß mit die in Ruhe!»

      Das fehlte Martha gerade noch, an den längst dahingegangenen Richard Jungnickel erinnert zu werden, der ihr außer Lina nur einen Batzen Schulden hinterlassen hatte und die böse Erinnerung an all die Weibsbilder, mit denen er sich abgegeben hatte, bevor er eines kalten Herbstabends besoffen vom Kutschbock gefallen und von dem Fuhrwerk überrollt worden war, das ihm nicht einmal gehörte.

      Sie schluckte, weil der Unfall sie an die verschwundene Tochter erinnerte, und sagte zu Max: «Als sie klein war, hast du sie jemocht. ..»

      «Ja, und wenn se uff mir jehört hätte, jings ihr heute blendend, und du brauchtest dir nich mit det Jör abzuplaren. Aber dämlich wie ihr Weiber seid, hat se den ersten besten uff de Treppe rübersteigen lassen. ..»

      Mit einem Schritt stand Martha am Kanapee, und ihre Hand fuhr ein weiteres Mal in Max’ Gesicht. «Versündje dir nich, du Lude!», keifte sie. «Du wolltest sie uffn Strich schicken, du Strolch!»

      «Na und?» Max richtete sich auf. Tiefe Kratzspuren zierten seinen ausgemergelten Oberkörper. «Da hätte se wenigstens ’n paar Sechser vadient bei ihr Vergnüjen. Aber sie macht’s ja lieber umsonst, die feine Dame! Wer weeß, vielleicht hat se ja ’n reichen Kober mit orntlich Asche erjattert. War doch immer ihr Traum!»

      «Und lässt mir hier mit det Jör alleene? Nee, mein Lieba! So eene is meine Lina nich! Ick sahre dir, et is wat passiert, und wir müssen ihr suchen!»

      «Denn such ma scheen.» Max schloss die Augen und ließ sich auf seine Schlafstätte zurücksinken, als ginge ihn die ganze Angelegenheit nicht länger etwas an.

      «Komm, mein Kleena.» Beinahe zärtlich hob Martha ihr greinendes Enkelkind auf und ging zur Tür. «Denn müssn wa uns ehm bei die Blauen nach deine Mutter erkundigen. Die wer’n schon wissen. ..»

      «Biste meschugge?» Mit Schwung warf Max das Bettzeug von sich und stand auf. Nackt und bleich und drohend stand er da, die langen Haare hingen ihm wirr ins Gesicht. Ängstlich klammerte sich Hugo an Marthas geschwollenes Bein und beguckte Maxens langgezogenes Glied.

      «Bei die Blauen! Wat Bessret fällt dir wohl nich ein, wie? Willste, dass die hier komm’ und allet koppstellen, dein Spinde durchwühlen und inne Nachbarschaft rumhorchen?» Er äffte das Gerede nach: «Bei die Jungnickeln is nämlich de Tochter verschwunden! Wer weeß, wo die ihr hinjetan ham. .. Diese Leute is doch alles zuzetraun!»

      «Na, wat soll ick denn machen? Du hilfst mir ja nich, det Mädel zu suchen.»

      Max warf seine langen Locken nach hinten und strich sie mit beiden Händen glatt. «Mensch, wat gloobste denn, wat ick die janze Nacht jemacht habe? Überall bin ick rumjekrochen und habe rumjefraacht. ..»

      «Nenn mir nich Mensch! Ick bin immer noch deine Mutta! Haste wenichstens wat rausjekricht?»

      «Nich die Bohne. Keena will ihr jesehn ham.»

      «Aber es war schon die dritte Nacht!», jammerte Martha. «So lange is se noch nie wechjebliem.»

      «Eenmal is keenmal.» Ungeniert kratzte sich Max die Hoden.

      «Noch sind ja die Nächte warm.»

      «Und wer hat dir so zerschrammt in die warmen Nächte?» Anklagend wies die Mutter auf die Nagelspuren auf seiner Brust.

      Max’ Miene verfinsterte sich. Doch dann überzog ein breites Grienen sein Gesicht. «Allet aus reine Liebe, nischt weiter», sagte er stolz. «Manchmal sind die Mädels wie doll und verrückt.»

      Martha schüttelte den Kopf. «Doll und verrickt - det werd ick hier ooch noch mal.»

      GEGEN MITTAG war die Temperatur so weit angestiegen, dass Galgenberg nicht nur sein Jackett ausgezogen, sondern sogar die Hemdsärmel zweimal umgeschlagen hatte - ein geradezu unerhörter Vorgang, wie Kappe fand. Sie hatten das Fenster geschlossen und die schweren Vorhänge vorgezogen, aber die Hitze war aus dem engen Hof längst eingedrungen und erschwerte jede Tätigkeit. Kappe hockte apathisch hinter dem Schreibtisch und tat, als brüte er über seinem Bericht. In Wahrheit dachte auch er darüber nach, sich wenigstens etwas Luft zu verschaffen, als Dr. Kniehase zur Tür hereintrat und ihn mit einem maliziösen Lächeln musterte.

      «Gehe ich recht in der Annahme, dass Sie noch immer in der Gegend des seines Geruchs wegen unrühmlich bekannten Luisenstädtischen Kanals wohnen, mein lieber Kappe?», fragte er anzüglich.

      Kappe missfiel allein schon der Ton der Frage. Aber was half es? Er musste nicken. «Waldemarstraße», fügte er vage hinzu.

      Kniehase griente und sah dabei aus wie ein Hamster, der ein Loch im Getreidespeicher entdeckt hat. «Na, dann kommen Sie mal», sagte er. «Da wollen wir beide mal einen netten kleinen Ausflug unternehmen. Ich hole nur meine Photo-Utensilien.»

      Er überließ es Kappe, den schweren Photokoffer zu schleppen. Sie verließen das Gebäude durch die übliche Seitenpforte, und Kniehase schlug auch richtig den Weg nach rechts zur Jannowitzbrücke ein. Statt jedoch die nächste Haltestelle anzusteuern, überquerte er an der Ecke leise vor sich hin pfeifend die Alexanderstraße. Ob Kappe ihm folgte, schien ihn nicht zu interessieren.

      Erst vor dem Postamt an der Magazinstraße wandte er sich halb um und sagte: «Habe noch ein paar dringende Briefe abzusenden. Warten Sie ruhig hier.»

      Verblüfft blieb Kappe in der knallenden Sonne zurück. Der hatte vielleicht Humor! Außerdem war er sich ziemlich sicher, dass es sich bei den dringenden Briefen um Kniehases Privatkorrespondenz handelte. Aber das ging ihn nichts an.

      Unruhig schritt er vor dem Postgebäude auf und ab und hatte sich gerade entschlossen, doch in die kühle Schalterhalle einzutreten, als Kniehase forsch heraustrat und es tatsächlich wagte, ihn zur Eile anzutreiben: «Nun aber los, Kappe! Das wird heute vielleicht noch ein langer Tag!»

      Kappe stiefelte einen halben Schritt hinter ihm. «Dann ist es aber besser, wir nehmen jetzt den Omnibus oder die Straßenbahn», sagte er.

      «Nehmen wir», entgegnete Kniehase, schritt aber unbeirrt auf der falschen Straßenseite weiter und bog in die Blumenstraße ein. An der Haltestelle für den Kraftomnibus Nr. 2 blieb er stehen und sah sich nach Kappe um.

      «Der fährt aber nicht in die Luisenstadt», wandte der ein.

      «Habe СКАЧАТЬ