Seewölfe Paket 28. Roy Palmer
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Название: Seewölfe Paket 28

Автор: Roy Palmer

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия: Seewölfe - Piraten der Weltmeere

isbn: 9783954399963

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      Ein Mensch war es, der da zwischen dicken und widerspenstigen Rohren festsaß und sich offenbar nicht mehr zu bewegen vermochte, weder vor noch zurück. Ebels Gesicht war eine Maske des Staunens. Sein Mund stand ziemlich weit offen.

      „Das gibt’s doch nicht“, murmelte er.

      „Das ist ja ein Weib“, sagte Haschira kichernd, obwohl er riskierte, wieder von seinem Häuptling geschlagen zu werden.

      „Du merkst aber auch alles“, zischte Güner.

      „Also ist es doch kein Hund“, brummte ein Kerl in dem nächsten Boot, das sich näherte.

      „Ein Weib“, sagte ein anderer Flußpirat gierig, „wäre ’ne ganz gute Beute für uns.“

      „Vorsicht“, warnte einer der älteren Kerle. „Das ist kein richtiges Weib. Das ist ein Dämon.“

      „Wie denn?“ begehrte Haschira auf. „In Fleisch und Blut?“

      „Eine Hexe“, sagte nun selbst Güner. Sonst gehörte der Kurde zu den sachlichen Kerlen, die von Mummenschanz, Spuk und Zauber nicht viel hielten. In dieser Nacht aber war auch ihm einiges nicht geheuer.

      Hatte man jemals ein Frauenzimmer im Röhricht angetroffen? Nein, es war das erstemal. Warum ausgerechnet heute nacht? Ging das mit rechten Dingen zu?

      „Wie kommt die da rein, ins Dickicht?“ wollte einer der Galgenstricke, wissen.

      „Sie steckt in einem Wasserloch fest“, erwiderte Ebel Schachnam.

      In der Tat war es die Erklärung. Überall im Ufergestrüpp und in den angrenzenden Sümpfen des Schwemmlandes gab es diese Wasserlöcher. Es handelte sich um Vertiefungen in dem sonst flachen, manchmal nur knöcheltiefen Wasser.

      Wer durch die Sümpfe irrte und sich nicht auskannte, der konnte sehr leicht in ein solches Loch tappen und darin steckenbleiben. Der Grund bestand aus tückischem Morast, der einen langsam, aber beständig nach unten zog.

      Also doch – hier schienen die Dämonen am Werk zu sein.

      Die sonst so kaltblütigen, brutalen Kerle stöhnten unwillkürlich auf. Entweder war das fremde Weib selbst ein Geist oder ein Dämon, oder aber die Gespenster der Nacht hatten sie gepackt. Man durfte sie nicht anfassen, sonst war man selbst verloren.

      „Weiter!“ befahl jedoch Ebel Schachnam, den die Schrecken und Mächte der Finsternis einen Dreck kümmerten.

      Es blieb den Kerlen nichts anderes übrig – sie mußten das Guffa weiter vorantreiben. Die Halme und Rohre knackten und krachten. Das Rundboot schob sich auf die fremde Frau zu. Wild zuckte der Lichtfleck durch die Nacht. Es war eine beängstigende, bizarre Szene.

      Die Frau, so stellte sich beim näheren Hinsehen heraus, war sehr jung und nur dürftig bekleidet. Sie war höchstens zwanzig Jahre alt, vielleicht noch jünger, ein halbes Kind noch. Die blonden Haare hingen ihr naß auf die Schultern.

      Die letzten Fetzen ihres Kleides – wenn man die Überreste überhaupt als Kleid bezeichnen wollte – klebten ihr am Körper fest. Sie war über und über mit Morast beschmutzt. Dennoch konnte Ebel, der Bärtige, ganz klar erkennen, daß sie ein hübsches und obendrein noch gutgebautes Weib war.

      Er streckte die Hand nach ihr aus.

      „Komm, ich helfe dir“, sagte er.

      Wenn schon keine Beute, dann doch wenigstens ein Weib. Das war schon mal etwas, und den Rest würde man am nächsten Tag erledigen, wenn es wieder hell war und man Schiffe von weitem erspähen konnte. Vielleicht brachte dieses seltsame Weib ja sogar Glück.

      Plötzlich aber stieß die Frau einen spitzen Schrei aus.

      Ebel Schachnam kippte fast aus seinem Guffa. Das hatte er nicht erwartet. Statt sich über die Rettung zu freuen, kreischte sie wie von Sinnen! Ihre Augen drohten aus den Höhlen zu quellen, ihr Gesicht war zu einer Fratze verzerrt. Sie steckte die Zunge heraus, gurgelte und schrie Worte in einer Sprache, die die Kerle nicht verstanden.

      „Weg hier!“ stieß Haschira hervor. Das Grinsen war aus seinem Gesicht verschwunden. „Weg! Sie ist eine Wasserhexe!“

      Viele Meilen weiter südöstlich vom Schauplatz dieses Geschehens lag eine Dreimastgaleone vor Anker – die „Santa Barbara“. Zu weit für Ebel Schachnam und dessen Schnapphähne. Sie ahnten nicht, daß Philip Hasard Killigrew, der Seewolf, im Begriff war, sich dem Schlupfwinkel der Bande zu nähern.

      Aber auch Hasard und seine Crew hatten nicht im geringsten eine Vorstellung davon, was sich in den nächsten Tagen abspielen würde. Die Männer hatten keine sonderlich gute Laune. Im Schein der Ankerlaterne hockten sie an Deck herum und spielten mit Würfeln oder tranken einen Schluck Wein. Die Freiwache lag in den Kojen.

      Bei Nacht konnte man nicht segeln. Die Schwemmlandebene von Mesopotamien war viel zu gefährlich. Überall konnte man mit dem Schiff steckenbleiben. Und ein gebranntes Kind scheut bekanntlich das Feuer. Vor kurzem waren die Mannen mit ihrer Lady Barbara schon einmal aufgebrummt – bei Abu Dhabi, an der Küste der Piraten.

      Inzwischen hatten sie den Persischen Golf ganz durchquert und waren bei Abadan den Shatt-al-Arab hinaufgesegelt – jenen Strom, der Euphrat und Tigris in sich vereinte. Der Seewolf wollte die Stelle erreichen, wo beide Flüsse zusammentrafen.

      „Und wie heißt das Nest?“ fragte Old O’Flynn gerade noch einmal.

      „Welches?“ wollte Ferris Tucker wissen.

      „Na, das Nest, wo Euphrat und Tigris zusammenfließen.“

      „Korna“, sagte Hasard lächelnd.

      „Al-Qurnah auf arabisch“, fügte Philip junior hinzu.

      Der Alte schnitt eine Grimasse. „Ja, ihr Klugscheißer habt mal wieder eine dicke Lippe. Aber das sage ich euch: wir verirren uns noch ganz gehörig in dieser Ecke Welt.“

      „Donegal“, sagte Carberry mit grollendem Organ. „Wenn du damit auf den Nil anspielen willst, gibt es Ärger.“

      „Ah, du willst mir drohen?“

      „Gar nichts will ich. Nur vom Nil will ich kein Sterbenswort mehr hören, verdammt noch mal. Und wir haben da eine Vereinbarung, vergiß das nicht.“

      „Klar, denke ich dran.“

      Richtig – sie hatten sich seinerzeit, nachdem die „Isabella VIII.“ im Treibsand von Ägypten steckengeblieben war, darauf geeinigt, über diese wohl blamabelste Episode ihres Lebens nie wieder zu reden. Außerdem hatten sie sich geschworen, daß so etwas nie wieder passieren würde.

      Aber jetzt hockten sie auf ihrem Schiff mitten im Schwemmland, und den Seewolf schien wieder mal der Hafer zu stechen. Was tun? Mitgegangen, mitgehangen – sie konnten sich nur fügen, denn sie waren alle mit dieser Fahrt einverstanden gewesen.

      „Freunde, ihr braucht euch keine Sorgen zu bereiten“, sagte Hasard. „Auf die Karten können wir uns verlassen. Bisher haben sie uns den richtigen Weg gewiesen. Und die ‚Santa Barbara‘ ist nur ein Leihschiff. Wir können sie verkaufen, wann wir wollen. Wir können sie auch verschenken, denn sie hat uns keinen Silberling gekostet.“

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