Название: Seewölfe Paket 17
Автор: Roy Palmer
Издательство: Bookwire
Жанр: Языкознание
Серия: Seewölfe - Piraten der Weltmeere
isbn: 9783954397754
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Gary gesellte das gerittene Pferd zu den anderen. Es wirkte abgeschlafft und etwas müde, und nun konnte es sich erholen, denn die vier anderen Pferde waren noch frisch und ausgeruht. Sie hatten keine Last tragen müssen.
Gary Andrews war auch nicht sonderlich aufgeregt. Die vier Soldaten mochten noch gut drei Meilen entfernt sein, und sie hatten ihre Pferde sicher hart und scharf geritten.
Kühl und überlegt handelte er. Er würde weiter am Strand entlangreiten und öfter die Pferde wechseln. Nach menschlichem Ermessen hielten die anderen das nicht sehr lange durch.
„Auf geht’s, Freunde“, sagte er und schwang sich in den Sattel.
Nach einer Weile – Gary ritt nicht sonderlich scharf – verschwand der Mond wieder zwischen den Wolken. Auflandiger Wind blies ihm ins Gesicht. Die Pferde schnaubten und folgten locker. Von den anderen Reitern war augenblicklich nichts zu sehen. Er war sich auch nicht sicher, ob sie ihn entdeckt hatten. Seiner Spur folgten sie jedenfalls mühelos, denn die zeichnete sich klar und unübersehbar im Sand ab.
Die Kerle mußten eine unbeschreibliche Wut im Bauch haben, überlegte er. Wenn sie ihn schnappten, dann hatte er nichts mehr zu lachen. Sie würden ihn alle Qualen der Hölle durchleben lassen.
Immer öfter blickte er über die Schulter zurück, und als der Mond wieder schien, sah er weit achteraus immer noch die vier kleinen Punkte, die sich wie schwarze Käfer über den Strand bewegten.
Der Abstand blieb jedoch gleich, und als Gary eine etwas schärfere Gangart zulegte, verschwanden die vier Punkte hinter einer kleinen Landzunge und tauchten erst sehr viel später wieder auf.
Eine Stunde nach der anderen verging. Garys Vorsprung auf dem frischen, ausgeruhten Pferden vergrößerte sich weiter.
Schließlich war es Mitternacht, und er glaubte, sich und den Pferden erneut eine Pause gönnen zu dürfen.
Als er diesmal Ausschau hielt, sah er keinen der vier Punkte mehr, aber er spielte eine Weile mit dem Gedanken, ob sie ihn vielleicht in einem großen Bogen umritten und sich ihm dann ganz überraschend in den Weg stellen würden.
Diesen Gedanken verwarf er gleich darauf wieder. Er war ziemlich scharf geritten, hatte die Pferde gewechselt und einen riesigen Vorsprung. Das konnten die anderen nicht schaffen, ohne die Pferde restlos zuschanden zu reiten.
Etwas beruhigt nach dieser Überlegung, ritt er quer ins Land hinein. Vor ihm lagen Wiesen, unbebaute Felder, immer noch gab es kein Haus weit und breit.
Es war, als befände er sich allein auf der Welt.
Nach kurzem Ritt entdeckte er einen Tümpel und eine Wiese, auf der das Gras um diese Jahreszeit schon ziemlich hoch stand. Auch erster Löwenzahn wuchs dort bereits.
Die Pferde stürmten an den Tümpel, tauchten die Nüstern ein und soffen gierig. Danach ließ er sie grasen, während er selbst sich in die Nähe eines mit Erlen bewachsenen Knicks hockte und seine zweite Mahlzeit begann.
Es war die Nacht zum vierten April. Der Wind wehte von See her immer noch kühl und scharf. Der Himmel war jetzt verhangen, und der Dreiviertelmond lugte nur noch selten durch die schnell dahinjagenden Wolkenbänke.
Ein bißchen müde war er jetzt schon, doch eine längere Schlafpause durfte er sich nicht gönnen. Nicht mal eine kurze, denn wenn er erst einmal schlief, wachte er vielleicht erst etliche Stunden später wieder auf oder dann, wenn die Verfolger ihn endlich hatten.
Fast zwei Stunden gönnte er sich Ruhe, legte sich am Knick auf den Boden, starrte in den Himmel, wo die Heerscharen wild dahinjagten, und hielt die Augen krampfhaft geöffnet, damit er ja nicht einschlief.
Die Pferde standen ganz in seiner Nähe, als er sich wieder erhob, den Proviant verstaute und die Satteltaschen zurechtrückte. Da einige der Feldflaschen leer waren, füllte er sie an dem Tümpel wieder auf. Er wußte nicht, wann und ob er unterwegs noch einmal einen Teich mit Süßwasser fand. In Strandnähe war das Wasser meist salzig, zumindest aber sauer vom Torf und schmeckte nicht.
Als er sich in den Sattel schwang – diesmal nahm er wieder einen anderen Gaul –, hielt er lange Ausschau, während er langsam zum Strand hinunterritt.
Er nahm sich auch noch die Zeit, zu warten, bis der Mond einmal kurz den Strand beschien.
Nichts war zu sehen. Im Osten ließ sich keine Bewegung erkennen, keiner der Punkte zeigte sich. Entweder hatten die Reiter aufgegeben, was er nicht glauben wollte, oder ihre Tiere waren so ausgelaugt, daß sie fast zusammenbrachen und sich ein Weiterreiten von selbst verbot.
Ihm konnte das nur recht sein.
Diesmal ritt er im Schritt weiter, um auf dem Rücken des Pferdes ein wenig vor sich hin zu dösen. Immer wieder nickte er kurz ein, erwachte aber schon meist eine halbe Minute später und schrak dann hoch in der Annahme, er hätte mindestens eine Stunde oder länger geschlafen.
Der Strand zog sich endlos in die Länge. Manchmal schnurgerade, dann wieder durch kleine Buchten unterbrochen. Hin und wieder erblickte er landeinwärts große Seen, und einmal bewegte er sich auf einem schmalen Streifen Land zwischen Ostsee und einem, riesigen Gewässer entlang und verlor fast die Orientierung.
Sein Blick ging auch immer wieder suchend über die See, als könnte er die „Isabella“ entdecken. Doch auf dem Wasser war kein Segel zu sehen. Er hörte nur schwach die Brandung rauschen, wenn Wellen an den Strand liefen.
Was mochten sie an Bord jetzt wohl denken? Das hatte er sich schon ständig gefragt und beschäftigte sich mit dieser Frage auch jetzt noch.
Sie hatten ihn gesucht, das nahm er mit Sicherheit an. Sie waren umgekehrt, als sie sein Verschwinden bemerkten. Sie hatten Boote ausgesetzt, Suchstreifen gebildet. Die „Wappen von Kolberg“ hatte sich höchstwahrscheinlich ebenfalls an der Suche beteiligt.
Und dann hatten sie es aufgegeben, irgendwann, als sie merkten, daß alles Suchen nutzlos und er vermutlich irgendwo ertrunken war.
In der Vorfreude, die Kerle bald wiederzusehen, grinste er vor sich hin. O ja, und die verrückten Pfannkuchen mit Sirup hatte er auch noch nicht vergessen. Er spürte einen so extremen Heißhunger darauf, daß er über sich selbst lachte. Seit er in der See gepaddelt war, ohne Hoffnung auf Rettung, da hatten sich ihm diese albernen Dinger fest und unauslöschlich in die Seele gebrannt und so eingeprägt, daß er ständig daran dachte.
Weiter ging der Ritt durch eine monotone Küstenlandschaft.
Er schlief wieder ein paar Minuten, träumte wirres Zeug, wurde weitergeschaukelt und erwachte aufschreckend.
Nichts hatte sich verändert, wie er feststellte, gar nichts. Ruhig, wie von aller Welt verlassen, lagen linker Hand die Dünen, und auf der rechten Seite murmelte das Meer. Die Pferde trabten mit gesenkten Köpfen dahin.
Nach einer Ewigkeit begann es zu dämmern. Gary fühlte sich zwar noch ein wenig übermüdet, und er fröstelte auch, doch das verging nach einer Weile wieder, und er begrüßte freudig den Sonnenaufgang und die leichte Brise, die die Wolken zum größten Teil weggewischt hatte.
Verdammt, wie lang zieht sich denn diese Strecke bis Rügenwalde eigentlich hin? dachte er immer wieder. Einmal muß sie doch wohl ein Ende haben.
Er drehte sich um und suchte den Strand nach dunklen Punkten ab. Es СКАЧАТЬ