Название: Big Ideas. Das Psychologie-Buch
Автор: Маркус Уикс
Издательство: Bookwire
Жанр: Зарубежная психология
Серия: Big Ideas
isbn: 9783831082568
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Binet und Simon führten den Test mit 50 Kindern durch, die sich gleichmäßig auf fünf Altersgruppen verteilten. Die Kinder waren von ihren Lehrern ausgewählt worden und galten als durchschnittlich entwickelt, ihre Ergebnisse konnten also als Referenzgröße dienen. Die 30 Aufgaben waren unter streng kontrollierten Bedingungen zu lösen. Binet hatte beim Beobachten seiner Töchter erkannt, dass Kinder sich leicht ablenken lassen und ihr Aufmerksamkeitslevel mit über ihre Leistung entscheidet. Intelligenz setzte sich für ihn aus vielerlei geistigen Fähigkeiten zusammen, die im realen Leben unter wechselnden Bedingungen zum Tragen kommen und durch praktisches Urteilen kontrolliert werden.
»In der Intelligenz gibt es … eine grundlegende Funktion, deren Fehlen oder Veränderung von größter Bedeutung für das praktische Leben ist: das Urteil.«
Alfred Binet
Intelligenz ist keine feste Größe
Binet machte nie einen Hehl aus der begrenzten Aussagekraft des von ihm und Simon entwickelten Tests. Er wies immer wieder darauf hin, dass sich mit ihm nur die intellektuellen Leistungen von Kindern gleichen Alters vergleichen ließen. Bei den überarbeiteten Testversionen von 1908 und 1911 ging es hingegen vornehmlich um die Bewertung unterschiedlicher Altersgruppen, daraus entstand schließlich das Konzept des »Intelligenzalters«.
Binet vertrat die Meinung, dass die geistige Entwicklung ungleichmäßig schnell voranschreite und durch Umweltfaktoren beeinflusst werden könne. Testergebnisse betrachtete er als Momentaufnahmen, ihm zufolge kann das geistige Level eines Individuums sich verändern, wenn die Umstände sich ändern. Binet widersprach damit dem englischen Psychologen Charles Spearman, der behauptete, Intelligenz basiere allein auf biologischen Gegebenheiten.
Binet hielt die Intelligenz nicht für eine fixe Größe, seiner Ansicht nach entwickelte sie sich mit dem Heranwachsen. Auch mit der von ihm erdachten Methode konnte seines Erachtens die Intelligenz eines Menschen nicht absolut gemessen werden. Um ein vollständiges Bild von einer Person zu erhalten, müsse eine begleitende Fallstudie durchgeführt werden. Letztlich erschien es ihm unmöglich, Intelligenz wie eine physikalische Größe zu messen. Seiner Ansicht nach gab es nur die Möglichkeit, sie zu klassifizieren.
Anwendung und Missbrauch
1908 reiste der US-Psychologe Henry H. Goddard nach Europa, dort stieß er auf den Binet-Simon-Test. Er übersetzte die Aufgaben und verteilte rund 22 000 Kopien in den USA, sodass der Test auch dort in Schulen durchgeführt werden konnte. Anders als Binet war Goddard der Auffassung, dass die Intelligenz genetisch bestimmt sei. Er sah im Binet-Simon-Test eine Möglichkeit, »geistesschwache Menschen« zu identifizieren, um sie der Zwangssterilisation zu unterwerfen.
1916 entwickelte der amerikanische Psychologe Lewis Terman Binets Test weiter und benannte ihn in Stanford-Binet-Test um. Nun ging es nicht mehr nur darum, Kindern mit besonderem Förderbedarf zu identifizieren, sondern auch darum, diejenigen herauszufiltern, die sich eher für eine berufsorientierte Ausbildung zu eignen schienen. Faktisch wurden diese Kinder so zu einer Berufslaufbahn verurteilt, die nur untergeordnete Tätigkeiten vorsah. Terman glaubte wie Goddard, dass Intelligenz ererbt sei und sich durch Bildungsmaßnahmen nicht beeinflussen lasse.
Mit dem Binet-Simon-Test ermittelt man einen Intelligenzquotienten (IQ), der ein allgemeines Leistungsniveau repräsentiert. Mit einer solchen Grafik lässt sich zeigen, welcher Anteil einer Bevölkerung über welchen IQ verfügt.
Binet schien zumindest eine Zeit lang nicht mitzubekommen, wie mit seinem Werk umgegangen wurde. Er war ein Einzelgänger, der sich nur selten mit den fachspezifischen Entwicklungen außerhalb seines unmittelbaren Umfelds beschäftigte. In Frankreich, das er nicht ein einziges Mal verließ, wurde der Binet-Simon-Test zu seinen Lebzeiten nicht eingesetzt. Vielleicht ahnte er deshalb nicht, dass seine Forschungsergebnisse erweitert und umgedeutet wurden. Als ihm schließlich zu Ohren kam, wozu sein Test benutzt wurde, verurteilte er den »brutalen Pessimismus« und die »beklagenswerten Urteile« derjenigen, die einem statischen, eindimensionalen Intelligenzbegriff das Wort redeten.
Binets Intelligenztest dient noch heute zur Messung des IQ. In der Folge sind zahllose Forschungsarbeiten entstanden, die unsere Kenntnisse über die menschliche Intelligenz erweitert haben.
»Ich habe nicht versucht, eine Messmethode zu entwerfen …, sondern nur eine Methode zur Klassifizierung von Individuen.«
Alfred Binet
Alfred Binet
Alfred Binet wurde in Nizza geboren, zog nach der Trennung seiner Eltern aber mit seiner Mutter nach Paris. 1878 machte er seinen Abschluss in Jura und studierte dann Medizin. Bald wandte er sich aber der Psychologie zu. Obwohl er mehr oder weniger Autodidakt war, bot ihm Jean-Martin Charcot im Jahr 1883 eine Stelle am Pariser Hôpital de la Salpêtrière an. Nach der Geburt seiner zwei Töchter begann Binet sich für Fragen der Intelligenz und das Thema Lernen zu interessieren. 1891 wurde er zum stellvertretenden Leiter des Laboratoriums für experimentelle Psychologie an der Sorbonne ernannt, 1894 wurde er Direktor.
Binet starb 1911, Anerkennung für seine Verdienste erhielt er auch danach noch. 1917 wurde die Société libre pour l’étude psychologique de l’enfant in Société Alfred Binet umbenannt.
Hauptwerke
1903 L’étude expérimentale de l’intelligence
1905 L’âme et le corps
1911 La mesure du développement de l’intelligence chez les jeunes enfants
DAS UNBEWUSSTE SIEHT DEN MANN HINTER DEM VORHANG
PIERRE JANET (1859–1947)
IM KONTEXT
ANSATZ
Neurowissenschaften
FRÜHER
1878 Jean-Martin Charcot beschreibt in Klinische Vorträge über Krankheiten des Nervensystems die Symptome der Hysterie, die damals als körperliche Erkrankung galt.
SPÄTER
1895 Sigmund Freud behauptet, die Spaltung sei ein Abwehrmechanismus der Psyche.
Um 1900 СКАЧАТЬ