Название: Big Ideas. Das Psychologie-Buch
Автор: Маркус Уикс
Издательство: Bookwire
Жанр: Зарубежная психология
Серия: Big Ideas
isbn: 9783831082568
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Die Sprache hielt Wundt für ein besonders wichtiges Element der Bewusstseinsbildung: Für ihn beginnt jede verbale Kommunikation mit einem »allgemeinen Eindruck« oder einer Vorstellung dessen, was wir vermitteln wollen. Nachdem uns dies bewusst geworden ist, kleiden wir unsere Vorstellung in Worte. Während wir sprechen, prüfen wir, wie treffend wir das, was wir unserem Gegenüber sagen wollen, zum Ausdruck bringen. Vielleicht unterbrechen wir uns selbst: »Nein, das trifft es nicht ganz, ich meine …« Dann suchen wir nach einem anderen Wort oder einen anderen Satz, um uns besser verständlich zu machen. Unser Gesprächspartner muss verstehen, was wir ihm mitteilen möchten. Dabei können die Wörter durchaus eine untergeordnete Rolle spielen, vor allem wenn starke Gefühle im Spiel sind. Als Beweis für seine These führte Wundt an, dass wir uns oft gut an die grundlegende Bedeutung einer Aussage erinnern, auch wenn wir den genauen Wortlaut des Gesagten schon vergessen haben.
»Im Verlaufe der normalen Rede ist fortwährend die Hemmungsfunktion des Willens dahin gerichtet, Vorstellungsverlauf und Artikulationsbewegung miteinander in Einklang zu bringen.«
Wilhelm Wundt
Die Fähigkeit, in einer »echten« Sprache statt lediglich mit einem beschränkten Repertoire an Zeichen und Signalen zu kommunizieren, gilt vielen Psychologen heute als entscheidendes Kriterium für die Abgrenzung zwischen Mensch und Tier.
Haben Tiere ein Bewusstsein?
Was Bewusstsein denn nun genau ausmacht, wird in der Wissenschaft immer wieder und immer noch diskutiert. Bis heute ist Wundts Definition jedoch nicht grundlegend geändert worden. Inwieweit Tiere über ein Bewusstsein verfügen, konnte bislang nicht eindeutig geklärt werden. Auch deshalb gibt es weiterhin Tierversuche, Massentierhaltung und blutige »Sportarten« wie die Fuchsjagd und den Stierkampf. Empfinden Tiere Unbehagen, Angst und Schmerz auf eine dem Menschen ähnliche Weise? Haben sie ein (Selbst-)Bewusstsein? Diese Fragen sind noch immer unbeantwortet. Doch nur wenige moderne Psychologen würden selbst Protozoen ein Bewusstsein zubilligen, wie Wundt es tat.
Wilhelm Wundt
Wilhelm Wundt wurde in Neckarau (heute ein Stadtteil von Mannheim) geboren. Sein Vater war evangelischer Pastor. Als Kind hatte Wundt nur wenig Zeit zum Spielen. Mit 13 Jahren wurde er auf eine streng katholische Schule geschickt. Er studierte in Berlin, Tübingen und Heidelberg Medizin und promovierte 1856 über das Verhalten der Nerven.
Zwei Jahre später wurde er Assistent des Physiologen und Physikers Hermann von Helmholtz, den seine Forschungen zur visuellen Wahrnehmung berühmt gemacht hatten. In Heidelberg hielt Wundt die weltweit erste Lehrveranstaltung zu experimenteller Psychologie ab und eröffnete 1879 das erste psychologische Institut. Wundt publizierte mehr als 490 Bücher und Aufsätze und war seinerzeit wahrscheinlich der produktivste Wissenschaftsautor der Welt.
Hauptwerke
1863 Vorlesungen über die Menschen- und Thierseele
1874 Grundzüge der physiologischen Psychologie
1896 Grundriss der Psychologie
SOLANGE UNS NIEMAND AUFFORDERT, BEWUSSTSEIN ZU DEFINIEREN, WISSEN WIR, WAS DAMIT GEMEINT IST
WILLIAM JAMES (1842–1910)
IM KONTEXT
ANSATZ
Bewusstseinsanalyse
FRÜHER
1641 René Descartes definiert das Selbstbewusstsein als Denkvermögen.
1690 Der englische Philosoph und Physiker John Locke definiert Bewusstsein als Wahrnehmung dessen, was einem durch den Kopf geht.
1781 Der deutsche Philosoph Immanuel Kant behauptet, dass das Bewusstsein die Einheit des Mannigfaltigen stiftet.
SPÄTER
1923 Max Wertheimer zeigt in seinen Untersuchungen zur Lehre von der Gestalt, dass die Psyche Bilder aktiv interpretiert.
1925 John B. Watson erklärt, dass das Bewusstsein kein geeignetes Konzept für die Psychologie sei.
Als Bewusstsein bezeichnen wir normalerweise das Gewahrsein unserer Gedanken, Empfindungen, Gefühle und Erinnerungen. Diesen Zustand halten wir in der Regel für selbstverständlich, es sei denn, wir können uns nicht mehr konzentrieren, z. B. weil wir übermüdet sind. Doch wer das Bewusstsein näher in Augenschein nimmt, dem wird klar, dass sich die Inhalte stets verändern. Beim Lesen dieses Buchs gehen Ihnen vielleicht Erinnerungen oder Zukunftspläne durch den Kopf, die Sie ablenken. Unsere Gedanken scheinen sich allerdings nicht nur zu wandeln, sondern auch zu vereinigen oder zu vermengen und sich dann kettenartig weiterzuentwickeln.
Der amerikanische Psychologe William James verglich dieses Phänomen, das wir alle täglich erleben, mit einem Strom, der unablässig fließt: »Ein ›Fluss‹ oder ein ›Strom‹, das sind die Metaphern, durch welche [das Bewusstsein] am natürlichsten versinnbildlicht wird. Wir wollen es also, wenn wir von nun an davon sprechen, den Strom des Denkens, des Bewusstseins oder des subjektiven Lebens nennen.«
»Das Bewusstsein erscheint sich … nicht als in Stücke zerhackt … Es besteht nicht aus verbundenen Gliedern; es fließt.«
William James
Mit diesem Bild kann nahezu jeder von uns etwas anfangen. Den Bewusstseinsstrom wirklich zu definieren, ist jedoch laut James gar nicht so einfach: »Wenn ich sage, jeder ›Zustand‹ oder Bewusstseinsinhalt ist Bestandteil eines persönlichen Bewusstseins, so ist ›persönliches Bewusstsein‹ einer der infrage stehenden Termini. Solange uns niemand auffordert, ihn zu definieren, wissen wir, was damit gemeint ist, aber eine genaue Bestimmung desselben zu geben, ist die schwierigste philosophische Aufgabe.«
Diese »schwierigste« Aufgabe hat eine lange Geschichte. Schon die alten Griechen diskutierten die Frage, ob eine vom Körper getrennte geistige »Substanz« existiert, ohne den Begriff »Bewusstsein« zu verwenden. Im 4. Jahrhundert v. Chr. traf Platon eine Unterscheidung zwischen Seele und Körper. Aristoteles hingegen betonte, dass die Seele nicht unabhängig vom Körper existieren könne.
Frühe Definitionen
René Descartes gehörte Mitte des 17. Jahrhunderts zu den ersten Philosophen, die versuchten, das Bewusstsein zu beschreiben. Er bezeichnete es als СКАЧАТЬ