Krähwinkeltod. Thomas L. Viernau
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Название: Krähwinkeltod

Автор: Thomas L. Viernau

Издательство: Автор

Жанр: Триллеры

Серия:

isbn: 9783967525151

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СКАЧАТЬ den Zeiten der Industrialisierung herum, rostete still vor sich hin und diente den beiden Kindern, die auf dem Hof heranwuchsen als Abenteuerspielplatz.

      Das große Bauernhaus beherbergte zwei Familien. Im rechten Trakt lebten Günter und Almtrud Weidenbaum. Zu den Weidenbaums gehörten die Tochter Simone und deren Lebenspartner Giovanni. Simone war schon längst über dreißig und weit davon entfernt, noch als junge Frau zu zählen. Dennoch führte sie sich als solche auf. Giovanni war gut und gerne zehn Jahre jünger als Simone. Sie kleidete sich wie ein Teenie, trug ihre Haare entweder in Pippi-Langstrumpf-Manier oder als zerzausten Wischmopp. Meist hatte sie kreischend bunte T-Shirts an, die mit englischen Wörtern dekoriert waren und keinerlei Sinn ergaben.

      Dazu trug sie halblange Jeans, die mit extrabreiten Hosenträgern dem ganzen Outfit etwas Schwung geben sollten. Simone war nicht die Schlankste. Ihre üppige Oberweite ragte nur knapp über den ebenfalls üppigen Bauchansatz. Glücklicherweise fiel der nicht so auf, da ihr imponierendes Hinterteil die Jeans vollkommen ausfüllte und immer alle Blicke auf sich zog.

      Giovanni, ein eher mickeriges Kerlchen, war das egal. Er mochte stramme Frauen. Almtrud war es eigentlich nicht recht, dass ihre Tochter sich mit so einem jungen Bengel eingelassen hatte. Aber das war immer noch besser als gar kein Freund.

      Es gab im Dorf auch junge Frauen, die einsam vor sich hinwelkten. Die hatten die Schwelle zur Dreißig überschritten und konnten keinen Mann finden, der sie von hier wegholte.

      Gleich nebenan, in der linken Haushälfte lebte eine solche Frau mit ihren zwei Kindern. Ihr Freund und Kindsvater war über alle sieben Berge verschwunden und hatte sie allein zurückgelassen.

      Heidemarie Gontschorek war bereits fünfunddreißig, alleinstehend, und führte einen eigenen Haushalt. Die beiden Jungs waren acht und sechs Jahre alt. Ab und zu kam Heidis Mutter aus dem fernen Berlin zu Besuch.

      Dann konnte sie endlich auch einmal abends weg. Aber sie wusste schon, für sie war es zu spät. Die Disco im benachbarten Dorf war mit jungen Mädchen überfüllt, die halb so alt waren wie sie. Sie bewegte sich wie ein Alien inmitten der Backfische.

      Auch mit der lauten, dumpf hämmernden Musik konnte sie nichts mehr anfangen. Die jungen Leute bewegten sich zu den Technoklängen wie durchgeknallte Roboter, zuckten mit allen Gliedmaßen und verdrehten ekstatisch die mit Haar-Gel strapazierten Köpfe. Männliche Wesen waren ebenso seltsam gestylt und eigentlich noch Kinder. Sie konnte sich die ausgeflippten Jungs jedenfalls besser als Spielkameraden für ihre beiden Söhne vorstellen, denn als Partner im Bett.

      Heidi hatte es auch schon mit Partnersuche übers Internet probiert. Aber außer ein paar flüchtigen Bettbekanntschaften war daraus nichts geworden. Sie hatte es inzwischen aufgegeben, den richtigen Mann zu suchen.

      So etwas wie nebenan die dicke Simmi an Land gezogen hatte, also, auf so etwas konnte sie verzichten. Dem Mickerling quollen ja jedes Mal die Augen aus seinem Spitzmausgesicht, wenn sie Wäsche aufhing und nur eine leichte Schürze trug. Sollte er mal ruhig sehen, wie eine schöne Frau aussah.

      Auch Günni, also Günter Weidenbaum schlich dann immer ganz zufällig über den großen Hof. Günni war ein Schlappschwanz, machte nur, was Almtrud sagte.

      Der konnte ja noch nicht einmal allein Einkaufen fahren. Ein Wunder, wie er es bisher geschafft hatte, durchs Leben zu kommen. Mit Dackelblick wartete er stets bis Almtrud mit wichtiger Miene erschien und Anweisungen gab.

      Almtrud sah genauso aus wie ihre Tochter, eben bloß zwanzig Jahre älter und nicht ganz so schräg gekleidet. Sie trug eine Dauerwellenfrisur, wie viele Landfrauen. Wetterfest, praktisch und pflegeleicht. Ihren gewaltigen Hintern verbarg sie geschickt unter weiten Röcken, darüber eine legere Schürze, die ihr das Aussehen einer russischen Matrjoschka gab. Günni war ein farbloses Nichts, meist in beige gekleidet, dass seine Unauffälligkeit noch betonte. An seinem Handgelenk baumelte stets ein Herrentäschchen, das schon bestimmt seit einem Jahrzehnt außer Mode war.

      Sie grinste. Mit Almtrud hatte sie sich einmal über Günnis Herrentäschchen unterhalten. Almtrud hatte ihr anvertraut, dass das Täschchen nur zu seiner Sicherheit sei. Falls er ihr unterwegs einmal abhandenkomme, wäre da alles drin, was er bräuchte, um zu ihr zurück zu finden: ein Prepaid-Handy, seine Ausweiskärtchen, ein Fünfzig-Euro-Schein und ein Taschentuch.

      Heute Abend waren die beiden vom Großeinkauf zurückgekehrt. Günni schleppte die Vorräte ins Haus. Heidi, die gerade Wäsche aufhing, beobachtete die beiden Weidenbaums. Wo sich Simone und ihr spitzmäusiger Galan herumtrieben, wusste sie nicht. Vielleicht waren die ja auf Disco …

      Almtrud grüßte kurz, kam für ein paar Sekunden zu ihr. Ihr Günni würde spinnen, neuerdings. Naja, er war sowieso noch nie eine Leuchte gewesen, aber seit ein paar Tagen wäre er vollkommen durch den Wind …

      Heidi schaute etwas betreten zu Almtrud. Soviel intime Geheimnisse aus dem Familienleben der Weidenbaums wollte sie gar nicht wissen. Schlimm genug, dass sie das laute Stöhnen von Simmi jede Nacht ertragen musste, wenn sich Giovanni an ihr zu schaffen machte. Aber Almtrud war da robust. Sie hatte ihr schon öfters im Vertrauen peinliche Dinge berichtet.

      Außerdem schien sie bestens über die anderen Dorfbewohner Bescheid zu wissen. Zu jedem Hof fiel ihr immer eine anrüchige Geschichte ein.

      Heidi wollte das eigentlich nicht wissen, aber sie konnte sich der plumpen Vertraulichkeit Almtruds auch nicht entziehen. Wer weiß, was Almtrud über sie im Dorf erzählte? Aber das war ihr auch egal. Sie wohnte nun mal eben hier, grüßte die Leute, wenn sie welche sah und ging ansonsten ihrer Arbeit nach.

      Nun stand sie also direkt vor ihr, verdeckte mit ihrem massigen Hinterteil die Sicht zu ihren beiden Söhnen, die mal wieder auf dem alten Trecker herumkletterten und wartete darauf, dass sie etwas erwiderte.

      »Ach, Günter ist doch noch ganz okay. Schau dir doch mal den ollen Wüllersbarth an, den Suffkopp, oder Flachbein, der mit seinen vierundsiebzig immer noch herumzigeunert und den Frauen an die Wäsche geht. Da ist doch Günni eher ein harmloses Wesen, auch wenn er manchmal etwas spinnt.«

      Almtrud nickte. Ja, natürlich, da habe sie schon recht. Aber sie wolle ja ihren Günni auch nicht mit solchen Gestalten wie Wüllersbarth und Flachbein verglichen haben, nein, so schlimm sei es um ihn nicht bestellt.

      Günni habe im Moment die fixe Idee, einen Todesschrei gehört zu haben. In der Nacht zum Donnerstag, seitdem brabbele er ohne Unterlass von dem Schrei. Sie traue sich mit ihm gar nicht ins Dorf unter die Leute.

      Wer weiß, was er noch alles für seltsame Dinge von sich gebe. Naja, Günni sei sowieso nicht der fixeste im Kopf. Das wüssten ja alle. Simonchen; Almtrud nannte ihre Tochter, die bestimmt hundert Kilo auf die Waage brachte, immer noch wie zu Kindergartenzeiten Simonchen, also Simonchen habe auch nichts gehört und sie selber schlafe ja, also, da könnte nebenan die Welt untergehen, sie würde da nichts von mitbekommen.

      Heidi stutzte, vor zwei Tagen war sie auch aufgeschreckt mitten in der Nacht. Zuerst glaubte sie einen Schrei gehört zu haben, dann klang es nach dem Gekrächze von herumflatternden Raben. Aber die schliefen normalerweise doch nachts. Ob es vielleicht ein Käuzchen war? Oder doch etwas ganz anderes?

      Sie dachte, dass Giovanni mit Simmi wieder irgendwelche wilden Spielchen machte, es war ein seltsames Geräusch, aber sie war noch ziemlich benommen vom Schlaf, lauschte kurz ins Kinderzimmer, dort war aber alles friedlich, und schlief wieder ein. Sie erzählte Almtrud davon, die mit weitgeöffneten Augen Heidis Bericht verfolgte. Hatte ihr Günni also doch nicht gesponnen? Was war dann die Quelle des Geräuschs? Wieso flatterten Krähen nachts durchs Dorf?

      Heidi zuckte СКАЧАТЬ