Krähwinkeltod. Thomas L. Viernau
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Название: Krähwinkeltod

Автор: Thomas L. Viernau

Издательство: Автор

Жанр: Триллеры

Серия:

isbn: 9783967525151

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СКАЧАТЬ aufdringlicher Raben habe sich im Baum eingenistet und gebärde sich wie ein Tollhaufen.

      Sie goss Kaffee nach. Gisela rührte etwas Zucker in den schwarzen Sud und goss auch Sahne aus dem kleinen Kännchen zu. Der Kaffee sei so bekömmlicher. Sie hatte es ja etwas mit ihrem Magen. Aber das kam immer, weil sie sich so aufregte. Eigentlich grundlos. Stets war Erhard der Grund für ihre Aufregung.

      Erhard hier, Erhard da, Erhard machte und schraubte und buddelte und fuhr herum … sie sollte eigentlich froh sein, noch einen Mann zu haben, der sich so kümmerte. Aber Erhard konnte es Gisela nie recht machen. Er war stets im Verzug, immer war etwas zu tun und er vergaß es einfach.

      Ach, das war alles so ungerecht. Sie saß nun ganz allein in ihrem Haus. Irene hatte keinerlei Geldsorgen, nein, ihre eigene Rente und die Witwenrente reichten vollkommen aus, um ein sorgenfreies Leben zu führen.

      Nein, das war es nicht, was ihr Kummer bereitete. Es war die Angst vor der Einsamkeit.

      Dass sie einfach so umfallen könnte wie Hubi, aber dass dann niemand da wäre, der sie fände. Eine unerträgliche Vorstellung war das. Neidisch schaute sie daher immer zu ihrer Schwester.

      Gisela hatte es gut und das pralle Leben um sich. Ihr Mann lebte noch und kümmerte sich um alles.

      Nichts war wirklich wichtig. Und da gab es ja auch noch Marius und die Schwiegertochter und natürlich das Enkelchen …

      Kein Wunder, dass sie ruhig schlafen konnte!

      Irene hingegen grübelte ständig. Immer hatte sie Angst, etwas vergessen zu haben. Bestimmt dreimal pro Nacht kontrollierte sie die elektrischen Geräte, ob sie denn auch alle ausgeschaltet waren. Speziell die Kochfelder des neuen Ceranfeld-Herdes, die waren ihr sowieso unheimlich. Auch die Lichtschalter wurden inspiziert und die Wasserhähne, ob sie nicht tropften.

      Manchmal lief sie auch einfach im Nachthemd auf den Hof und schaute nach, ob die Gartentür geschlossen war. Das hatte sie früher nicht gemacht. Da lebte ja auch Hubert noch, der kümmerte sich um so etwas.

      Man hörte neuerdings immer von den Räuberbanden, die nachts herumzogen. Die Welt war unsicher geworden. Ach, nein, es machte wirklich keinen Spaß mehr; alt zu werden war kein Zuckerschlecken. Dabei war sie gerade erst vierundsechzig.

      Früher hatte sie in der Kreisstadt gearbeitet im Handel, wie sie immer zu sagen pflegte. Sie stand im Lebensmittelgeschäft an der Käsetheke, schnitt Edamer und Gouda auf, portionierte Frischkäse in schöne Plastiknäpfchen und war auch für die Salattheke verantwortlich. Das hatte ihr Spaß gemacht. Zumal sie stets mit einer blendend weißen Schürze und einem weißen Häubchen wie aus dem Ei gepellt inmitten ihrer hunderterlei Käsespezialitäten hantierte. Stets konnte sie mit den Kunden auch ein paar Worte wechseln, so dass nie Langeweile aufkam.

      Seit vier Jahren war sie nun schon in Rente. Sie hätte ja noch gern ein paar Jahre gearbeitet, aber Hubert wollte es nicht. Naja, viel hatte er ja nicht von ihr gehabt. Seit fast drei Jahren war er nun schon tot. Sie hatten sich sowieso nicht viel mehr zu sagen.

      Hubert starrte immer nur in seine Zeitung. Irene war sich sicher, dass er sie gar nicht las. Er wollte hinter den großen Seiten einfach verschwinden, sich unsichtbar machen. Speziell, wenn sie mit Staubsauger und anderen Geräten in der Wohnung herumwirtschaftete. Dabei war es immer pieksauber.

      Und jetzt geisterte Hubert als Wiedergänger durch das leere Haus und raubte ihr den Schlaf. Natürlich, sie hatte ihn öfters angefahren, wegen seiner stupiden Rumsitzerei und überhaupt, er könne sich doch mal ein Beispiel nehmen an Erhard, dem Mann von ihrer Schwester, was der so alles machte.

      Hubert schwieg zu alledem. Manchmal sprachen die beiden tagelang kein Wort miteinander. Irene ging dann immer zu Gisela und fuhr mit ihr ins Café um den Frust bei einem Stück Sahnetorte loszuwerden. Was Hubert machte, um seinen Groll zu vergessen, sie wusste es nicht. Es war ihr eigentlich auch egal.

      Aber das war ja nun auch schon alles wieder lange Zeit vorüber. Jetzt hatte sie andere Probleme. Schlaflosigkeit, Einsamkeit und eben die Geräusche, die vielleicht gar nicht wirklich vorhanden waren. Wurde sie verrückt?

      So wie die alte Martha Dellerkamm aus der Fünf? Die hatten sie vor einem halben Jahr abgeholt. Ins Heim. War alterssenil geworden. Mehrfach hatte man sie aufgegriffen, als sie hilflos und orientierungslos irgendwo in der Landschaft herumirrte. So wollte sie nicht enden.

      Ob Gisela ihre Ängste verstand? Schwer zu sagen. Jetzt saß sie ihr gegenüber, rührte ihren Kaffee um und sah immer nervös auf ihre kleine Armbanduhr. Als ob sie etwas verpassen würde.

      Ob sie vielleicht morgen mit ihr rüber in die Stadt …?

      Gisela zuckte mit den Schultern. Sie müsse erst Marius fragen, der habe am Sonntag ein Grillfest geplant. Möglicherweise brauche er ja Hilfe beim Vorbereiten. Die Schwiegertochter wäre da nicht so eine große Hilfe.

      Ein Grillfest?

      Naja, es kämen wohl ein paar Arbeitskollegen, auch sein Chef. Marius wollte sich doch um den Posten des Kämmerers bewerben. Das habe er ihr bereits im August erzählt.

      Ach, Kämmerer? So eine Art Buchhalter wäre das wohl?

      Naja, nicht direkt, mehr so ein Finanzverwalter, aber genau wüsste sie es wohl auch nicht.

      Irene war suspekt, was ihr Neffe im Amt machte. Früher hatte sie zu Marius eine recht gute Leitung gehabt. Immer, wenn er klamm war, kam er zu ihr. Sie steckte ihm dann stets ein paar Scheine zu. Naja, das hatte sich seit seiner Heirat erledigt. Marius war seitdem nicht einmal wieder bei ihr zu Besuch gewesen.

      Sie fand das schoflig. Als ob sie nicht mehr existieren würde. Und den kleinen Nicki hatte sie auch nur sehr selten zu Gesicht bekommen. Silke, die Schwiegertochter von Gisela, schirmte den Jungen wie eine Glucke vor allem ab. Alte Frauen würden einen schlechten Einfluss auf seine Entwicklung haben, sagte sie immer.

      Eine komische Person war das schon.

      Wie Marius an die geraten war, wusste bis heute noch keiner. Eines Tages kam er zurück vom Studium und stellte sie ihnen als seine Verlobte vor.

      Silke war ein Stadtmensch. Trotz ihrer Jugend hatte sie eine altkluge Art über alle Dinge zu sprechen. Sie kleidete sich auch eigenwillig. Meist trug sie Rüschenblusen. Vielleicht wollte sie damit ihren etwas zu flach geratenen Busen kaschieren.

      Silke blickte auf das Landleben immer etwas geringschätzig herab. Auch sie hatte zusammen mit Marius studiert, war wohl ein Studienjahr unter ihm gewesen.

      Warum sie nun nur als Sekretärin …? Aber das ging sie ja nichts an, schließlich war es ja deren Sache.

      Gisela hatte ihren Kaffee ausgetrunken. »Ich rufe dich morgen an. Mal seh’n, vielleicht können wir uns ja für den Nachmittag ein paar Minütchen Zeit gönnen.«

      Irene nickte. Vor ihr lag wieder eine lange, schlaflose Nacht.

      IV

      Das Dorf, Haus Nr. 2

      Freitag, 28. September 2007

      Es war eines der ältesten Anwesen im Dorf. Ein großes Bauernhaus trug die Nummer Zwei. Aus Feldsteinen gebaut, mit einem Anbau aus roten Klinkersteinen, dazu ein großer Hof mit Taubenhaus, Hühnerstall, Ententeich und Ställen, die immer noch ein paar Schafe und Ziegen beherbergten.

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