Sie und Er. George Sand
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Название: Sie und Er

Автор: George Sand

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия:

isbn: 9783945386286

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СКАЧАТЬ hatte Thérèse gerade ausgesprochen.

      Alsbald fielen ihm seine Liebesanwandlungen für sie wieder ein und im selben Augenblick auch sein Verdacht, seine Eifersucht und sein Zorn. Bis jetzt hatte ihn der Zauber solcher Freundschaft betäubt und beinahe trunken gemacht; plötzlich wurde er bitter und eisig.

      »Ach! Ja, richtig«, sagte er, griff nach seinem Hut und wollte weggehen. »Das ist das Wort meines Lebens, das sich bei jeder passenden Gelegenheit wieder einstellt, am Ende eines Scherzes genauso wie am Ende einer ernsten Angelegenheit: »unmöglich«. Diesen Feind kennen Sie nicht, Thérèse. Sie lieben still und ruhig. Sie haben einen Liebhaber oder Freund, der nicht eifersüchtig ist, weil er Sie als kalt oder vernünftig kennt! Dabei fällt mir auf, dass die Zeit vergeht und dass draußen vielleicht zahllose ›Vettern‹ stehen und darauf warten, dass ich gehe.«

      »Was sagen Sie da bloß?«, fragte ihn Thérèse bestürzt. »Was für Ideen befallen Sie? Haben Sie Anfälle von Wahnsinn?«

      »Zuweilen«, antwortete er und ging. »Sie müssen sie mir verzeihen.«

      2.

      Am anderen Tag erhielt Thérèse folgenden Brief von Laurent:

      »Meine gute und liebe Freundin, wie habe ich Sie gestern verlassen? Sollte ich irgend etwas Ungeheuerliches zu Ihnen gesagt haben, vergessen Sie es, ich war mir dessen nicht bewusst. Mich hatte ein Schwindel befallen, der auch draußen nicht vorüberging; denn ich gelangte – im Wagen – vor meine Türe und konnte mich nicht erinnern, wie ich eingestiegen war.

      Recht häufig passiert es mir, meine liebe Freundin, dass mein Mund ein Wort sagt, während mein Gehirn ein anderes ausspricht. Bedauern Sie mich und verzeihen Sie mir. Ich bin krank, und Sie hatten recht, das Leben, das ich führe, ist verabscheuungswürdig.

      Mit welchem Recht dürfte ich Ihnen Fragen stellen? Doch eines müssen Sie mir gerechterweise zugutehalten, es ist das erstemal, dass ich eine solche Frage an Sie gerichtet habe … in den ganzen drei Monaten, seit Sie mich allein bei sich zu Hause empfangen. Was geht es mich an, ob Sie verlobt, verheiratet oder verwitwet sind …? Sie wollen, dass keiner das weiß; habe ich versucht, das herauszukriegen? Habe ich Sie gefragt …? Ach! Sehen Sie, Thérèse, heute Morgen ist in meinem Kopf immer noch alles durcheinander, und doch fühle ich, dass ich lüge, und Ihnen gegenüber will ich nicht lügen. Freitag Abend hatte ich meine erste Anwandlung von Neugier, was Sie betrifft, die von gestern war schon die zweite; und das soll die letzte gewesen sein, ich schwöre es Ihnen, und damit nie wieder die Rede davon ist, will ich Ihnen alles gestehen. Neulich war ich also vor Ihrer Türe, das heißt am Gartentor. Ich habe geschaut und habe nichts gesehen; ich habe gelauscht und ich habe vernommen! Schön und gut, was kümmert Sie das? Ich weiß seinen Namen nicht, ich habe sein Gesicht nicht gesehen; doch ich weiß, dass Sie meine Schwester, meine Vertraute, mein Trost, mein Halt sind. Ich weiß, dass ich gestern zu Ihren Füßen geweint habe und Sie mit Ihrem Taschentuch meine Tränen getrocknet und dabei gesagt haben: ›Was tun, was tun, mein armes Kind?‹ Ich weiß, Sie sind klug, fleißig, gelassen, geachtet, weil Sie frei sind und geliebt werden, weil Sie glücklich sind; und dennoch finden Sie die Zeit und die Barmherzigkeit, mich zu bedauern und stets daran zu denken, dass es mich gibt, und zu wünschen, ich solle ein besseres Leben führen. Gute Thérèse, Sie nicht preisen hieße undankbar sein, und so erbärmlich ich auch bin, Undankbarkeit kenne ich nicht. Wann wollen Sie mich empfangen, Thérèse? Mir scheint, ich habe Sie gekränkt. Das fehlte mir gerade noch. Darf ich heute Abend zu Ihnen kommen? Wenn Sie nein sagen, oh! wahrlich, dann muss ich mich zum Teufel scheren!«

      Bei der Rückkehr seines Dieners erhielt Laurent die Antwort von Thérèse. Sie war kurz: »Kommen Sie heute Abend.« Laurent war weder durchtrieben noch eingebildet, obwohl er oft erwog oder versucht war, das eine oder das andere zu sein. Er war aber offensichtlich, wie wir gesehen haben, ein Wesen voller Widersprüche, das wir beschreiben, ohne es zu erklären; dies wäre nicht möglich: manche Charaktere entziehen sich der logischen Analyse.

      Die Antwort von Thérèse ließ ihn erzittern wie ein Kind. Noch nie hatte sie ihm in solchem Ton geschrieben. Sollte er sich bei ihr seinen wohlverdienten Abschied holen? Oder lud sie ihn ein zu einem Abend zärtlicher Zweisamkeit? Hatte Entrüstung oder Leidenschaft diese vier trockenen oder glühenden Worte diktiert?

      Herr Palmer kam, und Laurent musste, so aufgeregt und beunruhigt er auch war, mit seinem Porträt beginnen. Er hatte sich fest vorgenommen, ihn mit vollendeter Geschicklichkeit auszufragen und ihm sämtliche Geheimnisse von Thérèse zu entlocken. Er fand nicht ein einziges Wort, um zum Thema überzuleiten, und da der Amerikaner gewissenhaft, regungslos und stumm wie eine Statue Modell stand, ging die Sitzung vorüber, ohne dass der eine oder der andere auch nur den Mund aufgemacht hätte.

      Laurent konnte sich also vollauf beruhigen und die gelassene und reine Physiognomie dieses Ausländers gründlich studieren. Palmer war von vollendeter Schönheit, was ihm beim ersten Anblick ein seelenloses Aussehen verlieh, wie es ebenmäßigen Gesichtern oft eigen ist. Bei genauerem Betrachten entdeckte man die Feinheit in seinem Lächeln und das Feuer in seinem Blick. Während Laurent diese Beobachtungen machte, erforschte er das Alter seines Modells.

      »Entschuldigen Sie bitte«, sagte er unvermittelt zu ihm, »aber ich möchte und muss wissen, ob Sie ein junger Mann sind, der schon etwas müde ist, oder ein reifer Mann, der noch außergewöhnlich frisch ist. So sehr ich Sie auch betrachte, ich werde aus dem, was ich sehe, nicht ganz klug.«

      »Ich bin vierzig Jahre alt«, antwortete Herr Palmer schlicht.

      »Donnerwetter!«, erwiderte Laurent, »Sie müssen eine beachtliche Gesundheit haben!«

      »Eine ausgezeichnete«, sagte Palmer.

      Und er nahm seine ungezwungene Pose mit seinem stillen Lächeln wieder ein.

      ›Das ist das Gesicht eines glücklichen Liebhabers‹, sagte der Maler zu sich selbst, ›oder das eines Mannes, der in seinem Leben immer nur das Roastbeef zu schätzen gewusst hat.‹

      Er konnte dem Verlangen nicht widerstehen, noch hinzuzufügen:

      »Dann haben Sie Fräulein Jacques wohl sehr jung gekannt?«

      »Sie war fünfzehn Jahre alt, als ich sie zum ersten Mal sah.«

      Laurent brachte nicht den Mut auf zu fragen, in welchem Jahr. Ihm war, als stiege ihm jedes Mal die Röte ins Gesicht, wenn er von Thérèse sprach. Was bedeutete ihm überhaupt Thérèses Alter? Was er zu gern erfahren hätte, das war ihre Geschichte. Thérèse schien ihm noch keine dreißig Jahre alt; Palmer konnte für sie früher nur ein guter Freund gewesen sein. Außerdem hatte er eine laute Stimme und eine harte Aussprache. Würde sich Thérèse an ihn gewandt und zu ihm gesagt haben: »Ich liebe nur noch Sie«, dann müsste Palmer irgendeine Antwort gegeben haben, die Laurent gehört hätte.

      Endlich wurde es Abend, und der Maler, der nicht pünktlich zu sein pflegte, erschien noch vor der Zeit, zu der Thérèse ihn für gewöhnlich empfing. Er traf sie in ihrem Garten, gegen ihre Gewohnheit untätig, aufgeregt herumlaufend. Sobald sie ihn sah, ging sie ihm entgegen und ergriff seine Hand, eher gebieterisch als leidenschaftlich.

      »Wenn Sie ein Ehrenmann sind«, sagte sie zu ihm, »so werden Sie mir jetzt alles sagen, was Sie durch dieses Gebüsch hindurch gehört haben. Los, reden Sie, ich höre zu.«

      Sie setzte sich auf eine Bank, und Laurent, irritiert durch diesen ungewohnten Empfang, versuchte sie in Unruhe zu versetzen, indem er ihr ausweichende Antworten gab; doch ihre missbilligende Haltung und ein Gesichtsausdruck, den er an ihr nicht kannte, geboten ihm Einhalt. Die Angst, sich mit ihr unwiderruflich zu überwerfen, ließen ihn ganz schlicht die Wahrheit СКАЧАТЬ