Sie und Er. George Sand
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Название: Sie und Er

Автор: George Sand

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия:

isbn: 9783945386286

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СКАЧАТЬ so was! Nun hören Sie mir mal zu. Glauben Sie womöglich, ich brächte meine Tage damit zu, die Frauen zu beobachten und auszuhorchen? Schließlich bummle ich für meine Person nicht so viel herum wie Sie! Ich finde, das Leben ist sehr kurz, will man leben und arbeiten.«

      »Leben … da will ich nichts sagen. Sie scheinen in vollen Zügen zu leben. Was das Arbeiten anlangt … so heißt es, Sie arbeiteten nicht genug. Sieh mal an, was haben Sie denn dort? Lassen Sie mal sehen!«

      »Nein, das ist nichts, ich habe nichts Neues angefangen.«

      »Aber gewiss doch, dieser Kopf dort … sehr schön, Teufel nochmal! Nun lassen Sie mich schon sehen, oder Sie kommen in der nächsten Kunstausstellung schlecht weg.«

      »Dazu sind Sie durchaus imstande.«

      »Ja, wenn Sie es darauf anlegen; aber dieser Kopf da, der ist einfach ganz herrlich und verdient unbedingt Bewunderung. Was soll das geben?«

      »Weiß ich es?«

      »Soll ich es Ihnen sagen?«

      »Sie würden mir einen Gefallen tun.«

      »Machen Sie daraus eine Sibylle. Sie putzen sie fein heraus, ganz wie Sie wollen. Das verpflichtet zu nichts.«

      »Sieh mal einer an. Das ist eine Idee.«

      »Außerdem wird diejenige, der sie ähnelt, nicht kompromittiert.«

      »Das soll jemandem ähneln?«

      »Wahrhaftig! Sie Witzbold! Glauben Sie vielleicht, ich würde sie nicht erkennen? Nun hören Sie aber auf, mein Lieber, Sie wollen sich wohl über mich lustig machen, wenn Sie alles abstreiten, selbst die klarsten Dinge. Sie sind der Liebhaber jener Gestalt dort!«

      »Zum Beweis, dass dem nicht so ist, fahre ich jetzt nach Montmorency«, sagte Laurent kühl und nahm seinen Hut.

      »Das beweist noch gar nichts!«, entgegnete Mercourt.

      Laurent verließ das Haus, und Mercourt, der mit ihm die Treppe hinuntergegangen war, sah ihn noch in eine Mietdroschke steigen; doch Laurent ließ sich in den Bois de Boulogne fahren, wo er ganz allein in einem kleinen Café zu Abend aß und von wo er bei einbrechender Dunkelheit zurückkehrte, zu Fuß und ganz in seine Träume versunken.

      Zu jener Zeit war der Bois de Boulogne noch nicht das, was er heute ist. Er wirkte kleiner, nicht so gepflegt, ärmlicher, geheimnisvoller und ländlicher; dort konnte man träumen.

      An den Champs-Élysées, die weniger prunkvoll und nicht so bewohnt waren wie heute, gab es neue Viertel, in denen kleine Häuser mit winzigen, aber sehr lauschigen Gärten noch zu niedrigen Preisen vermietet wurden. Dort konnte man leben und arbeiten.

      In einem dieser weißen schmucken Häuschen, inmitten von blühendem Flieder, verborgen hinter einer hohen Weißdornhecke, die von einer grün gestrichenen Gartentüre abgeschlossen wurde, wohnte Thérèse. Es war im Monat Mai. Das Wetter war herrlich. Laurent selbst hätte wohl nur schwerlich erklären können, wie er abends um neun Uhr hinter diese Hecke in der ausgestorbenen und noch nicht fertigen Straße geraten war, wo noch keine Laternen aufgestellt waren und Brennnesseln und Unkraut auf der Böschung wuchsen.

      Die Hecke war sehr dicht, und Laurent ging einmal ganz leise rundherum und entdeckte nichts als Blätter, leicht vergoldet von einem Licht, das – wie er vermutete – auf dem kleinen Tisch im Garten stand, an dem er zu rauchen pflegte, wenn er den Abend bei Thérèse verbrachte. Also wurde im Garten geraucht? Oder Tee getrunken, was auch zuweilen vorkam?

      Thérèse hatte Laurent angekündigt, sie erwarte eine ganze Familie aus der Provinz, doch er konnte nur das geheimnisvolle Flüstern zweier Stimmen ausmachen, von denen ihm die eine die von Thérèse zu sein schien. Die andere sprach ganz tief: war es die Stimme eines Mannes?

      Laurent lauschte und lauschte, dass ihm die Ohren sausten, bis er zuletzt Thérèse die folgenden Worte sagen hörte oder zu hören meinte: »Was bedeutet mir das alles schon? Ich liebe auf der Welt nur noch einen Menschen, und das sind Sie!«

      Hals über Kopf stürzte Laurent aus der kleinen ruhigen Seitenstraße auf die belebten Champs-Élysées und sagte zu sich selbst: ›Nun kann ich völlig unbesorgt sein. Sie hat einen Liebhaber! Im Grunde war sie nicht verpflichtet, mir das anzuvertrauen! … Nur hätte sie nicht bei jeder Gelegenheit so reden dürfen, dass sie mich glauben machte, sie gehöre keinem und wolle keinem gehören. Sie ist eine Frau wie alle anderen auch: Lügen geht ihr über alles. Was macht mir das schon aus? Und doch hätte ich es nicht gedacht. Und irgendwie muss sie mir sogar ein bisschen den Kopf verdreht haben, ohne dass ich es mir eingestehen wollte, denn ich habe dort auf der Lauer gestanden und mich höchst schändlich, wenn nicht gar wie ein Eifersüchtiger aufgeführt! Aber eigentlich brauche ich es nicht zu bereuen, denn das bewahrt mich vor einem großen Unglück und einer großen Torheit: nämlich eine Frau zu begehren, die nicht begehrenswerter ist als jede andere auch, ja noch nicht einmal aufrichtig!‹

      Laurent hielt eine vorbeifahrende leere Droschke an und begab sich nach Montmorency. Er nahm sich fest vor, eine Woche dort zu bleiben und frühestens in vierzehn Tagen wieder zu Thérèse zu gehen. Er blieb jedoch nur achtundvierzig Stunden auf dem Land und stand am dritten Abend vor Thérèses Türe, genau im gleichen Augenblick wie Herr Richard Palmer.

      »Oh!«, meinte der Amerikaner und reichte ihm die Hand. »Ich bin froh, Sie hier zu sehen!«

      Laurent musste ihm wohl oder übel auch die Hand geben, doch konnte er es sich nicht verkneifen, Herrn Palmer zu fragen, warum er denn so froh sei, ihn zu treffen.

      Der Fremde überhörte den reichlich unverschämten Ton des Malers.

      »Ich bin froh, weil ich mag Sie«, erwiderte er mit entwaffnender Herzlichkeit, »und ich mag Sie, weil ich bewundere Sie sehr!«

      »Was! Sie hier?«, sagte Thérèse erstaunt zu Laurent. »Heute Abend habe ich nicht mehr mit Ihnen gerechnet.«

      Und der junge Mann meinte aus diesen einfachen Worten einen ungewohnt kühlen Ton herauszuhören.

      »Ach!«, antwortete er ihr ganz leise, »Sie hätten sich schnell damit abgefunden, und ich glaube, ich störe hier ein reizendes Tête-à-Tête.«

      »Umso grausamer von Ihnen«, erwiderte sie im gleichen scherzhaften Ton, »zumal Sie mir ja ganz offenbar dazu verhelfen wollten.«

      »Sie haben sich darauf verlassen, da Sie doch nicht abgesagt haben! Soll ich wieder gehen?«

      »Nein, bleiben Sie. Ich nehme es auf mich, Sie zu ertragen.«

      Nachdem der Amerikaner Thérèse begrüßt hatte, öffnete er seine Brieftasche und entnahm ihr einen Brief, den er Thérèse überbringen sollte. Mit undurchdringlicher Miene überflog Thérèse das Geschriebene, ohne die geringste Bemerkung zu machen.

      »Wenn Sie antworten wollen«, sagte Palmer, »ich habe eine Postgelegenheit nach Havanna.«

      »Danke«, antwortete Thérèse und öffnete die Schublade einer kleinen Kommode, neben der sie gerade stand. »Ich werde nicht antworten.«

      Aufmerksam verfolgte Laurent alle ihre Bewegungen und sah, wie sie diesen Brief zu vielen anderen legte, von denen einer durch die Form und die Unterschrift ihm sozusagen in die Augen sprang. Es war der Brief, den er zwei Tage zuvor an Thérèse geschrieben hatte. Ich weiß СКАЧАТЬ