Menschenbilder. Julia Ulrike Mack
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Название: Menschenbilder

Автор: Julia Ulrike Mack

Издательство: Bookwire

Жанр: Документальная литература

Серия: Studiengang Theologie

isbn: 9783290177379

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СКАЧАТЬ Zeitschriften, die vor allem Rezensionen enthielten,

      2 |32| allgemeine Zeitschriften, mit Beiträgen zu Wissenschaft, Kirche und Gesellschaft und

      3 biblische, systematische, historische und praktische Fachzeitschriften, zu denen er das Missions-Magazin zählte.38

      Neben der theologisch-wissenschaftlichen Fachzeitschrift und den eher praktisch-erbaulichen Gemeindeblättern ist seit spätestens 1790 der Begriff der kirchlichen Zeitschrift nachweisbar.39 Diese «umfasst ein breites Spektrum heterogener publizistischer Erzeugnisse, die formal nur die regelmäßige Erscheinungsweise, die thematische Fokussierung auf christl[ichen]. Glauben und Kirchen sowie die Orientierung an kirchl[ichen]. oder kirchennahen Öffentlichkeiten verbindet».40 Viele kirchliche Zeitschriften waren programmatisch ausgerichtet und vertraten – in scharfer Abgrenzung von konkurrierenden Richtungen – eine ganz bestimmte religiöse oder politische Wertorientierung, die als allgemein verbindlich dargestellt wurde. Auch deshalb sind kirchliche Zeitschriften, «stärker als andere kirchennahe literarische Medien […] repräsentativ für diskursive Konstellationen, weil in ihnen tektonische Verschiebungen des Politischen, sozialstrukturelle Wandlungsprozesse und teils sehr langsame, teils revolutionär explosive Neubestimmungen frommer Mentalitäten und Habitus Ausdruck finden».41 Dabei wird Geschichte als ein Prozess deutlich, dessen Ziel den ursprünglichen Akteuren verborgen war.42 Für das 19. Jahrhundert beobachtet Achtelstetter eine verstärkte Auseinandersetzung mit Positionen außerhalb der evangelischen Kirche.

      Die Auseinandersetzung ist von Seiten der evangelischen Publizistik geprägt von fünf Motiven:

      1 dem polemischen, in Auseinandersetzung mit dem Katholizismus,

      2 dem apologetischen, in Auseinandersetzung mit den Gebildeten über die Denkmöglichkeiten des Glaubens,

      3 dem sozialen, in Auseinandersetzung mit dem Sozialismus,

      4 |33| dem unionistischen, mit dem Ziel der Einigung der evangelischen Christen, von Kirche und Welt oder von Christentum und Kultur, schließlich

      5 dem missionarischen Motiv, das der (Wieder-)Gewinnung der Abtrünnigen und Gleichgültigen dient.43

      War die evangelische Publizistik insgesamt eine Reaktion auf die Blüte der Zeitschriften in der weltlichen Presse,44 partizipierten die Missionsgesellschaften des 19. Jahrhunderts als kirchlicher ‹Sonderfall› ebenfalls an dieser Zeitschriftenproduktion. Hier kam das oben erwähnte ‹missionarische Motiv› in besonderer Weise zum Tragen. Wenn auch an die unterschiedlichste Leserschaft gerichtet, mit wechselndem Erscheinungsrhythmus, von unterschiedlicher Qualität und variierendem Preis, so hatten doch alle Missionen ihre eigenen Zeitschriften und Magazine.45 Sie waren ein wichtiges Instrument der Öffentlichkeitsarbeit: Ihr Verkauf diente ganz offen profanen Zwecken, sie waren eine wichtige und dazu noch eine relativ gut kalkulierbare Einnahmequelle für die Gesellschaften, die sonst auf oft unregelmäßig fließende Spenden angewiesen waren.46

      Die Missionszeitschriften stillten mit ihren Berichten über ferne, exotische Länder und Gebräuche das Bedürfnis ihrer Leserschaft nach Informationen47 und «Vorbildbiografien»48, vielleicht auch nach Sensationen.49 Und daraus |34| abgeleitet schufen sie einen Zusammenhalt in ihrer Lesergemeinde, die durch das Gefühl der Identifikation bereit war, sich für die ‹Missionssache› weiter zu engagieren – durch Fürbitte, Übernahme von ehrenamtlichen Aufgaben, Werbung für die Mission und Spenden. Hier spielt das Thema der Konstruktion oder Stiftung einer pietistischen Identität bzw. die Selbstinszenierung eine große Rolle.50

      Der besondere Charakter der Missionszeitschriften als Werbeinstrument muss bei der Lektüre der Artikel immer mitbedacht werden. Bickers und Seton sehen darin sogar einen kleinen Vorteil: «[…] the biases of the missionary reporter are often much more clearly acknowledged and better known than those of other writers, which adds to their usefulness.»51

      Im 18. und 19. Jahrhundert war eine Zeitschrift dann rentabel, wenn die Auflage 500 Exemplare überschritt.52 Das Basler Missions-Magazin hatte in seiner Blütezeit in den 1820er Jahren gut 7000 Abonnenten.53 Diese Auflagenhöhe war beachtlich und erklärt sich durch den Pioniercharakter der Zeitschrift in den Anfangsjahren, doch sank die Auflage im weiteren Verlauf des 19. Jahrhunderts mit Entstehen zahlreicher weiterer Missionsgesellschaften und -zeitschriften kontinuierlich.54 Viele Zeitschriften, auch das Missions-Magazin, wurden im Abonnement oder durch Subskription vertrieben, um so die Vertriebskosten und das verlegerische Risiko gering zu halten und eine längerfristige Kalkulation zu ermöglichen. Doch ist der Leserkreis wesentlich größer anzusetzen als die Zahl der Abonnenten. Denn erstens las man häufig in Gruppen, d.h. man traf sich zu Lesezirkel, in Lesegesellschaften, in christlichen Hauskreisen oder Gebetsstunden und ließ sich von einer Person die Artikel vorlesen, und gab zweitens die Hefte weiter.55 Drittens schließlich berichtete |35| man aus den Zeitschriften und nutzte sie für öffentliche Vorträge und für den Unterricht.56 Schlatter berichtet für das Missions-Magazin von einer Verbreitung bis nach Russland, Frankreich, England und in die Niederlande.57

      Die abgedruckten Texte durchliefen meist mehrere redaktionelle Korrekturen, in denen sie zu Gunsten der ‹offiziellen› Meinung zurechtgeschliffen wurden. Dieser Vereinheitlichungsprozess ist bei der Interpretation der Zeitschriften zu berücksichtigen. Sie geben dementsprechend keinen sicheren Hinweis auf die Gedanken eines Individuums, aber in vielen Fällen sind sie die einzigen noch existierenden Indikatoren dieser Gedanken.58

      Im Jahr 1880 stellte Gustav Warneck Überlegungen zum 19. Jahrhundert an, das für ihn das Jahrhundert der Mission war.59 In dieser Erkenntnis lag für ihn eine mächtige Stärkung des Glaubens für alle Christinnen und Christen. Jeden Bericht über erfolgreiche Missionen, jede Information über Bekehrungen, jede Nachricht aus einem Missionsgebiet sah er als Fingerzeig, dass Gott die Missionsarbeit will und folglich die Menschen, die in der Mission arbeiten, auf dem richtigen Weg waren. Hier kommt ein weiterer Punkt zum Ausdruck, der mit der Funktion von Missionszeitschriften als Werbeinstrument zusammenhängt: Die Publikationen berichteten vom Erfolg der Mission, requirierten auf diese Weise Unterstützung in Form von Spenden oder Mitarbeitern, was wiederum zum Erfolg der Mission beitrug, über den dann wieder berichtet werden konnte. Das könnte man als eine Art self-fulfilling prophecy bezeichnen. «Dass einem schwachen Glauben aufgeholfen werden müsse durch vermeintliche empirische, historisch erhärtete ‹Fakten›, ist», so Werner Ustorf, «eine Denkfigur mit Tradition.»60 Die vorliegende Untersuchung zeigt, dass diese traditionelle Denkfigur sehr bewusst und strategisch eingesetzt wurde. |36|

      Die Missionszeitschriften des 19. Jahrhunderts trugen der oben erwähnten ‹Sehsucht› Rechnung. Durch Visualisierung sollte Wirklichkeit reproduziert und Authentizität nachgewiesen werden. Die zahlreichen Landkarten und Illustrationen waren für die ‹Missionssache› zudem in dreierlei Hinsicht von Nutzen: Sie dienten erstens einem pädagogischen Zweck, sollten zweitens den Erfolg der Arbeit demonstrieren und drittens den Einsatz der Spendengelder transparent machen.

      Die Abbildungen boten die gesamte Bandbreite der damals möglichen Drucktechniken im Hochdruck (Holzschnitte bzw. -stiche), Tiefdruck (Radierungen) und dem zu Beginn des 19. Jahrhunderts neu aufgekommenen Flachdrucks (Lithografien).61

      Seit den 1850er Jahren waren Missionare in den Missionsgebieten auch als Fotografen tätig. Bedenkt man, dass die Fotografie kaum zehn Jahre zuvor, 1839, ihren internationalen technischen Durchbruch erlebt hatte, ist es erstaunlich, wie früh sich die Missionare diese brandneue, in Vorbereitung und Durchführung zu dieser Zeit nicht gerade anspruchslosen Technik aneigneten. Nicht nur die Basler Mission zeigte großes Interesse an dem neuen Medium der Fotografie, sondern auch London Missionary Society, Church Missionary Society, die Wesleyan Methodist Missionary Society, die Bremer und die Rheinische Mission.62 Fotografien konnten jedoch bis etwa 1880 aus technischen СКАЧАТЬ