Название: Schlag mich! Fessel mich! ... aber mach es richtig'!
Автор: Gerwalt
Издательство: Bookwire
Жанр: Сделай Сам
isbn: 9783944145730
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Ein weiteres Problem der Szene ist das Bedürfnis, zu klassifizieren und zugleich immer neue Begriffe mit immer überspitzteren Bedeutungen zu etablieren. Nehmen wir das Beispiel »24/7«, ein an sich schon nahezu unerfüllbares Gedankenkonstrukt, welches ja eigentlich besagt, dass der sich unterwerfende Partner 24 Stunden sieben Tage die Woche zur Verfügung zu stehen habe – fürwahr ein Anspruch der Superlative, der ein normales Leben, eine Berufstätigkeit, oder die Erziehung von Kindern beispielsweise eigentlich unmöglich macht und daher realistisch betrachtet aus gesellschaftlichen wie finanziellen Gründen nur sehr wenigen Menschen vorbehalten sein dürfte. Da nun mit der Zeit viel zu viele SMler diesen Begriff für sich und ihre Beziehung beanspruchten, musste bald ein neuer her: TPE (total power exchange). Es werden weitere folgen.
Ich möchte an dieser Stelle gerne zurückrudern. Ich möchte ein anderes Bild von SM in einer andauernden Partnerschaft vermitteln.
Meiner Meinung nach ist es für sich schon eine große Herausforderung, SM in einer Partnerschaft überhaupt lang anhaltend auszuleben. Zum einen würde ein »Höher, schneller, weiter« sehr bald in eine Sättigung führen, zum anderen tun sich nach einem ersten Überschwang ganz andere Probleme auf: Zunächst ist da die Herausforderung, die von der gängigen Norm abweichende Sexualität in den Alltag zu integrieren. Inwieweit ist es tatsächlich möglich und auch gewünscht, ein in der Sexualität entstandenes Machtgefälle in den Alltag hinüber zu transportieren?
Was geschieht an den Schnittstellen zwischen Sexualität und Alltag?
Haben beide Partner dieselbe Vorstellung eines Machtgefälles?
Und selbst wenn, welche Einflüsse gibt es von außen, die eine dominant-submissive Rollenverteilung erschweren?
Welchen Forderungen an Selbstbehauptung ist der submissive Teil von dritter Seite ausgesetzt (Kinder, Verwandtschaft, Kollegen, Bekanntenkreis)?
Wie geht der dominante Teil mit der Mehrverantwortung für den submissiven um?
Kommt es zu Abwertungstendenzen, beispielsweise im Streit?
Wie kann dem kulturellen Druck widerstanden werden, dass die Unterwerfung des weiblichen, devoten Parts den Emanzipationsanstrengungen der letzten Generationen widerspricht? Endet das Ganze in einer Spirale aus Destruktion und Autodestruktivität?
Mit anderen Worten: Was geschieht, wenn ein Paar diese Büchse der Pandora öffnet, wenn sexuelle Gewalt ihren Einzug in die Beziehung hält, und sei sie auch noch so einvernehmlich?
Viele Fragen werfen sich an dieser Stelle auf, und es wäre schön, darauf auch Antworten zu haben. Ich habe sie nicht, zumindest keine allgemeingültigen. Was ich zu geben vermag, sind Anregungen, teils fußend auf meinen eigenen Erfahrungen in einer mittlerweile über 30 Jahre andauernden SM-Beziehung mit Kindern, Hund und Haus, teilweise auch bezogen auf die vielen Diskussionen, die wir in den letzten Jahren in der Szene geführt haben. Und Anregungen, so meine ich, werden am besten durch Geschichten transportiert, weil diese sowohl Handlung wie auch Rahmenbedingung zugleich transportieren können. Im ersten Teil habe ich ein paar Basics aus der Praxis zusammengeschrieben; weiterführende Literatur und Bezugsquellen von speziellem Equipment gibt es bei Bedarf zuhauf im Internet. Gegen alle meine Vorbehalte versuche ich im zweiten Teil des Buches explizit dennoch auf einige Fragestellungen einzugehen, welche sich aus dem Zusammenleben eines Paares mit SM-Neigungen ergeben. Ich möchte aber nochmals betonen, dass dies eine sehr subjektive Sicht darstellt.
Das, was ich in diesem Buch an praktischen Betätigungen beschreiben möchte, sind Vorgehensweisen, die sich ohne Weiteres im ehelichen Schlafgemach umsetzen lassen. Auf die Beschreibung von teurer Ausrüstung oder aufwendiger Raumgestaltungen habe ich bewusst verzichtet, weil ich der Meinung bin, dass beides zwar eine zusätzliche Bereicherung darstellen mag, jedoch nicht unbedingt im Vordergrund stehen sollte. Letzten Endes ist es Geschmackssache: Natürlich kann es beispielsweise höchst befriedigend sein, seine Geliebte mit hochwertigen Fesseln zu schmücken, und ich gebe zu, dass der Satz Ledermanschetten, der nun in unserer Spielkiste liegt, ein kleines Vermögen gekostet hat, aber für mein Dafürhalten gibt es inzwischen eher zu viele Anbieter, die bereit sind, diese Bedürfnisse nicht nur zu befriedigen, sondern sie auch kräftig zu schüren …
Nun denn:
Teil I:
Basics
Über das Fesseln
Beginnen wir mit dem Fesseln, im Fachjargon »Bondage« genannt, schließlich führt dieses Buch ja das Wort »Fesselsex« im Untertitel. Den Partner bzw. die Partnerin hilflos zu machen – und dann gegebenenfalls genussvoll zu vernaschen – kann für beide Beteiligte einen großen Reiz ausüben. Das Fesseln ist der Einstieg in das Spiel um Macht und Ohnmacht. Fesseln haben eine durch und durch entlastende Wirkung: Dem oder der Gefesselten wird durch das Binden ein Recht auf Widerstand eingeräumt – andernfalls müsste man ihn oder sie ja nicht fixieren – und gleich wieder genommen. Nach meiner Erfahrung wirkt Bondage deshalb als Einstieg ungemein entspannend – so es sich um ein vertrautes Paar handelt. Im Falle eines Maskierten, der sein Opfer mitten im Wald an einen Baum kettet, könnte die Gemütslage ohne weiteres anders gelagert sein … doch das ist ein ganz anderes Kapitel, wenn auch zumindest in der Phantasie ein anregendes.
Bevor ich auf die Technik des fachgerechten Verschnürens eingehe, möchte ich einige Bondage-Utensilien in den virtuellen Raum stellen.
Da sind zuerst einmal Seil und Kette. Seile gibt es zuhauf, aber nicht alle sind für den Zweck, einen geliebten Menschen zu verschnüren, gleichermaßen geeignet. Zwei Hauptgefahren gehen vom Seil aus: Wenn es elastisch ist, dann schnürt es die Gliedmaßen zu stark ab, bzw. die Einschnürung ist schwer zu kontrollieren. Die Knoten von elastischen Seilen können sich zudem so weit zuziehen, dass sie kaum mehr zu öffnen sind; und Seile können durch Reibung Brandverletzungen hervorrufen, was allerdings auch und in erster Linie eine Frage der Handhabung ist: Gerade bei langen Seilen passiert es sowohl beim Fesseln, aber auch beim Entfesseln, dass man längere Seilstrecken zu schnell an der Haut entlang zieht – bis man weiß, dass dadurch recht schmerzhafte Brandwunden erzeugt werden können …
Die Art des Seils hängt sicherlich nicht zuletzt von den Vorlieben und Prägungen der Nutzer ab – und natürlich ist es auch eine Stilfrage, ob japanischer Hanf, Baumwolle oder Polypropylenseil aus dem Baumarkt verwendet wird. Letzteres ist ohne weiteres praktisch: Es kann in der Waschmaschine gewaschen werden, die Enden können mit dem Feuerzeug angeschmolzen werden, damit sie nicht ausfransen, und wegen seines geringen Preises kann es bedenkenlos zerschnitten werden, falls mal etwas schiefgehen sollte. Und es ist überall in verschiedenen Farben und Stärken zu haben.
Der Durchmesser des Seils sollte am besten acht Millimeter betragen, zur Not auch nur sechs. Kleinere Seildurchmesser erzeugen eine höhere Flächenpressung und schnüren also stärker ein, größere Durchmesser, also ab zehn Millimetern aufwärts, mögen zwar martialischer aussehen und auch fotogener sein, aber die Handhabung ist deutlich schwieriger, die Knoten werden beispielsweise sehr dick, Überkreuzungen tragen stark auf.
Nun stellt sich die Frage, wie viel Seil benötigt man, und in welchen Längen wird es gebraucht? Vorweg: Man braucht immer mehr Seil, als man anfänglich annimmt; etwa 60 Meter sind eine ganz brauchbare Ausstattung, um einen Menschen anregend zu verschnüren.
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