Amerika Saga. Frederik Hetmann
Чтение книги онлайн.

Читать онлайн книгу Amerika Saga - Frederik Hetmann страница 9

Название: Amerika Saga

Автор: Frederik Hetmann

Издательство: Bookwire

Жанр: Книги для детей: прочее

Серия:

isbn: 9783862870868

isbn:

СКАЧАТЬ sollten. Trotz alledem konnte er die Angst nicht loswerden, dass der Böse doch eines Tages unbarmherzig von ihm die Schulden eintreiben werde, die auf jenem alten Vertrag verzeichnet standen. Der Teufel, so dachte er sich, solle ihn nicht unvorbereitet überraschen, und deshalb lag auf dem Tresen seiner Geldausleihe stets eine Foliobibel, in der er las, wenn er gerade einmal keinen Kunden bediente.

      Auch erzählt man sich, Tom Walker sei auf seine alten Tage etwas seltsam geworden. So habe er seine Pferde mit umgekehrten Hufen beschlagen lassen und ihnen auch den Sattel auf den Bauch gebunden, weil er gelesen hatte, dass am Tag des Jüngsten Gerichts alles von oben nach unten gekehrt.werden würde. Doch muss der Erzähler hier einfügen, dass er solche Verrücktheiten einfach nicht glauben will und es den alten Weibern überlässt, sie für bare Münze zu nehmen.

      An einem heißen Sommernachmittag in den Hundstagen war es, als in Boston eine schwarze Gewitterwand am Himmel aufzog. Tom saß in seinem Geschäft. Er trug eine weiße Leinenkappe und einen Morgenmantel aus indischer Seide. Er war gerade damit beschäftigt, die Schulden eines Bodenspekulanten zu berechnen, für den er angeblich immer große Freundschaft empfunden hatte, und den diese Abrechnung nun endgültig ruinieren musste. Sein Gläubiger stand bei ihm und bat um ein paar Tage Aufschub.

      »Wenn du auf der Stelle das Geld von mir forderst, bin ich bankrott, und du bringst meine Familie ans Hungertuch«, jammerte der Mann.

      »Nächstenliebe beginnt im eigenen Haus«, antwortete Tom, »in schweren Zeiten ist sich jeder selbst der Nächste.«

      »Du hast doch soviel Geld mit mir verdient«, sagte der Spekulant, »bitte, hab doch wenigstens diesmal ein Einsehen!«

      »Der Teufel soll mich holen«, schrie ihm Walker ins Gesicht, »wenn ich auch nur einen Pfennig an dir verdient habe.«

      In diesem Augenblick klopfte jemand laut an der Eingangstür. Tom ging hin, um zu öffnen. Und wen sah er da? Draußen stand ein schwarzer Mann, der am Halfter ein schwarzes Pferd hielt, das ungeduldig mit den Hufen stampfte.

      »Tom«, sagte der schwarze Mann mit finsterer Stimme, »ich komme dich holen.«

      Tom sprang zurück. Aber es war zu spät. Nichts half ihm die kleine Bibel, die er immer in der Westentasche bei sich trug. Nichts half ihm die große Foliobibel, die auf dem Tresen lag. Der schwarze Mann packte ihn im Nacken, hob ihn auf das Pferd, sprang selbst hinter Tom auf und jagte mit ihm durch den Gewitterregen davon. Der Morgenrock flatterte im Wind, und bei jedem Schritt sprangen Funken unter den Hufen des Pferdes hervor. Im Nu waren die beiden Reiter verschwunden.

      Tom Walker kehrte nie zurück, um jene Schuldenberechnung abzuschließen. Ein Landmann aber will an diesem Tag die beiden Reiter auf einem Pferd gesehen haben, wie sie in die Sümpfe hineingaloppierten. Dann soll ein Blitzschlag zur Erde gezuckt sein, so stark und mächtig, dass er ein ganzes Waldstück in Brand steckte. Die guten Leute von Boston schüttelten ihre Köpfe und zuckten die Schultern, aber sie waren so vertraut mit Hexen, Gespenstern und mit den Gewohnheiten des Teufels, dass sie sich über all diese seltsamen Vorkommnisse weniger ängstigten, als man annehmen sollte.

Holzschnitt

       Jonny Appleseed

       oder: der Wanderer, der Gutes tat

      Ah einem schönen Frühlingstag des Jahres 1806 beobachteten Siedler in Jefferson County, Ohio, ein seltsames Fahrzeug mit. einem sonderbaren Mann und einer ungewöhnlichen Ladung.

      Mit zwei aneinandergebundenen Kanus transportierte er eine Ladung Apfelkerne nach dem Westen. Er fuhr den Ohio hinunter bis nach Marietta, wo er in den Miskingum-Fluss einbog, dem er bis zur Mündung des White Woman Creeks folgte. Damit nicht genug: Nun fuhr er den Mohican hinauf und kam schließlich über den Black-Fork-Fluß in die Richland Counties, ein Landstrich in der Nähe des heutigen Pittsburgh. Überall auf dieser langen und mühsamen Reise tat der einsame Mann, was er bereits fünf Jahre früher in Ohio getan hatte: Er rodete Land in der Wildnis, legte Baumschulen an und verschwand wieder. Das war der Mann, den man später in jedem Blockhaus zwischen Ohio und den großen Seen Jonny Appleseed nannte.

      Jonathan Chapman hieß er in Wirklichkeit und wurde um das Jahr 1775 in Boston geboren. Nach seinen eigenen Angaben war er um die Zeit seines ersten Auftauchens am Licking Creek etwa sechsundzwanzig Jahre alt. Liebeskummer hatte ihn in die Wildnis getrieben. Aber niemand weiß, wie er auf den Entschluss verfiel, sein ganzes Leben künftig an entlegenen Orten Apfelbäume zu pflanzen.

      Sein Saatgut holte er sich aus den Obstkeltereien in West-Pennsylvania. Nur selten verlud er seine Fracht auf ein Packpferd, meist schleppte er sie in Lederbeuteln auf seinen eigenen Schultern. Er folgte dem alten Indianerweg nach Westen, der von Fort Duquesne über Fort Sandusky nach Detroit führte. Mit alten Landkarten lässt sich seine Wegstrecke berechnen. Sie muss über 160 Meilen geführt haben.

      Die Gegend, durch die er zog, war damals nur dünn besiedelt. Alte Siedler berichten, dass die Ufer der Flüsse und Bäche meist mit dichtem Unterholz bestanden waren, während näher am Wasser langes Gras mit Schlingpflanzen und Weiden wucherte. In den Wäldern gab es Wölfe, Bären, Rehe und ganze Rudel sehr kampflustiger Wildschweine. Im Gras lebten die Massasauga und andere gefährliche Reptilien, und zwar in solchen Mengen, dass einer der Siedler erzählen konnte, er habe im ersten Jahr nach seiner Landnahme auf einem kleinen Stück Prärie, das er vor dem Pflügen abmähte, zweihundert schwarze Klapperschlangen totschlagen müssen. Der Grenzer, der sich durch sein Gewehr hinreichend gegen Angriffe durch wilde Tiere oder feindliche Indianer gesichert fühlte, wusste sich im Kampf gegen die unsichtbar im Gras lauernden Feinde keinen anderen Rat, als seine Lederhosen und Mocassins mit dichten, dicken Ballen aus dürrem Gras zu umwickeln.

      Durch diese Gegenden wanderte Jonny mit seinem Ledersack voll Apfelsaat auf der Schulter barfuß auf der Suche nach einem Stück Erde, das schön gelegen wie auch fruchtbar sein musste. Dort streute er dann seine Saat aus, umgab den Platz mit einem schützenden Gatter und überließ dann die Saat mit einem Gebet Gottes Pflege. Waren aus den kleinen braunen Kernen Setzlinge geworden, so kamen die Siedler der Umgebung und pflanzten sie auf ihre Rodungen.

      Er war ein kleiner, hagerer Mann, hatte langes dunkles Haar, einen struppigen Bart und wache schwarze Augen, die von intensiver Lebendigkeit funkelten. Seine Kleidung spottete jeder Beschreibung. Sie bestand aus abgelegten Hosen und Hemden, die er im Tausch gegen Apfelschösslinge eingehandelt hatte. In seinen späteren Jahren schien ihm auch diese Mode noch zu luxuriös. Er begnügte sich dann mit einem einzigen aus einem Kaffeesack verfertigten Kleidungsstück, das, wie er selbst sagte, »einen sehr guten Mantel abgibt und zugleich der beste Anzug ist, den sich ein Mann wünschen kann«.

      Am Liebsten wanderte er barfuß. An einem ungewöhnlich kalten Novembertag begegnete John einem Siedler, der ihm ein Paar Schuhe aufdrängte, die ihm selbst zu klein waren. Ein paar Tage später traf dieser Mann Jonny in dem kleinen Dorf Mansfield wieder, das heute eine große, aufblühende Stadt ist. Zu seiner Verwunderung musste er feststellen, dass Jonny wieder barfuß des Weges kam. Erzürnt über soviel vermeintlichen Eigensinn, stellte er den Beschenkten zur Rede: Jonny hatte die Schuhe einer armen, ebenfalls barfuß daher kommenden Familie geschenkt, die nach Westen zog. »Sie waren noch schlechter dran«, erklärte er.

      Was seine Kopfbedeckung anging, so war sein Geschmack gleichfalls recht eigenartig. Zuerst benutzte er dazu einen Zinnkessel, in dem er auch seinen Brei kochte. Gegen diese Kopfbedeckung gab es nur einen Einwand: Sie schützte seine Augen nicht vor der Sonne. Deshalb bastelte er sich einen Hut aus Pappe und verzierte ihn mit einer gewaltigen Spitze. In dieser seltsamen Gewandung zog er durch Wälder und Sümpfe und tauchte unverhofft in den Siedlungen der Weißen und den Dörfern СКАЧАТЬ