Название: Soft Skill für Young Professionals
Автор: André Moritz
Издательство: Bookwire
Жанр: Зарубежная деловая литература
Серия: Whitebooks
isbn: 9783956233067
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Der Bereich des „Blinden Flecks“
Das Fremdbild ist nicht nur als Komplementär zum Selbstbild ein wichtiges Element der Wahrnehmung, sondern dient auch dazu, die Sensibilität Ihrer Wahrnehmung zum Verständnis Ihrer Umwelt zu erhöhen. Nach dem Johari-Fenster bezieht sich das Selbstbild auf die rechte Hälfte der Tabelle, sprich auf den Bereich des „Blinden Flecks“. Ein Fremdbild kann von fast jeder Person erstellt werden, doch nur in den beruflichen Gefilden erscheint es von besonderer Relevanz. Abgesehen von festen Freundschaften, in welchen eine ständige Reflexion und, wenn nötig, Kritik geübt wird, sollte ein Fremdbild unter Freunden nur mit großer Vorsicht erstellt werden. Erster Grund dafür ist, dass erfahrungsgemäß die Ergebnisse zu dicht an den Resultaten des Selbstbildes liegen, und zweitens besteht die Gefahr der unsachlichen Vermengung von privaten und beruflichen Komponenten.
Ein Fremdbild können Sie recht unkompliziert erbitten. Einen großen Mehrwert entwickelt sich jedoch nur bei einer gründlichen Konzipierung und Durchführung des Erstellungsprozesses. Wird eine Führungskraft mit der Anfrage überrascht oder nicht genau eingewiesen, wo sie welchen Punkt in welcher Tiefe einzutragen hat, kann das Ergebnis irgendwo zwischen niederschmetternd und exorbitant gut ausfallen, ohne jedoch einen geringsten Wert zu haben.
Ein Fremdbild hat einzelne Komponenten und verschiedene Anspruchsgruppen, welche in den folgenden Abschnitten erläutert werden und die Sie alle aktiv berücksichtigen sollten.
Bedeutung
Wie man von anderen wahrgenommen wird
Die Bedeutung eines Fremdbildes liegt darin, dass es Ihnen Auskunft gibt, wie Sie von Personen in Ihrer Umgebung wahrgenommen werden. Diese Wahrnehmung kann von Person zu Person unterschiedlich sein und kaum eine dieser Wahrnehmungen entspricht wohl unserem eigenen Empfinden. Da Sie aber stets in Gruppen interagieren, sei es privat oder beruflich, gehört die Wahrnehmung unseres Auftretens zu Ihrem Gesamtbild hinzu. Ist Ihnen bewusst, wie welche Handlungen aufgenommen werden, können Sie diese Handlungen besser einsetzen oder vermeiden. In der Konzeption eines Fremdbildes wird die Wahrnehmung bestimmter fachlicher und sozialer Kompetenzen bei einer Gruppe von Personen erfragt. Diese Aspekte oder Kategorien können genau die gleichen wie die Kategorien eines Selbstbildes sein, bilden jedoch meist nur eine Teilmenge dieser Elemente.
Abbildung 26: Aspekte und Elemente von Selbstbild und Fremdbild
Auch Fremdbilder sind subjektiv
Ebenso wie ein Selbstbild unterliegt auch ein Fremdbild verschiedenen externen Einflüssen. Eine Person wird stets in der Rolle beurteilt, in welcher sie auftritt. Diese Rollen können Chef, Konkurrent im Unternehmen, Ehepartner oder Bruder sein. Folglich ist ein Fremdbild sehr zielgruppenvariabel. Diese Ergebnisvarianz stellt sich bei einer etwas größeren Befragungsgruppe als sehr gute Quelle für ein umfassendes Bild dar, wobei alle Anmerkungen als Summe und nicht als Durchschnitt in das Fremdbild einfließen sollten.
Dabei müssen Sie ein Fremdbild stets im Zusammenhang mit dem Beurteilenden einordnen und interpretieren. Zur Bedeutung des Fremdbildes ist es ebenfalls wichtig, zu erwähnen, dass gerade diese Einschätzungen erst ein Selbstbild interessant machen. Die Frage, ob eventuelle Stärken und Schwächen auch als solche wahrgenommen werden, ist außerordentlich wichtig für die Karriereplanung und individuelle Zieldefinitionen.
Die Interpretation von einem Fremdbild sollte immer auf der Basis eines bereits erstellten Selbstbildes erfolgen. Damit wird vermieden, dass Sie sich durch die unmittelbaren Aussagen des Beurteilenden beeinflussen lassen. Ein authentisches Selbstbild zur Ergänzung eines Fremdbildes ist kaum herstellbar, in der umgekehrten Reihenfolge entstehen jedoch keine gegenseitigen Beeinflussungen.
Abbildung 27: Ablauf einer Analyse von Selbstbild und Fremdbild
Erstellung
Beim Erstellen eines Fremdbildes einen 360°-Ansatz wählen
Das Anfertigen eines Fremdbildes ist für die Entwicklung einer Persönlichkeit äußerst bedeutend. Gerade die Erstellung scheint keinerlei Schwierigkeit zu bergen, jedoch gerade für die spätere aktive Verwendung des Fremdbildes bedarf es gewissenhafter Vorbereitungen. Allzu oft wird ein Fremdbild von einer Führungskraft angefertigt, die von der Fragestellung und Lösung überfordert ist und in knapper Zeit und meist unstrukturiert probiert, nichts Verletzendes und pädagogische Formulierungen zu finden und niederzuschreiben. Damit erringen Sie allerdings maximal ein anspruchsloses und oberflächliches Fremdbild ohne Potenzial der Entwicklungsmöglichkeit.
Zur Identifikation der Befragungsgruppe zur Anfertigung der Fremdbilder verweisen wir auf die Beschreibung des 360°-Feedbacks (Kapitel 1.3.). Beim Erstellen eines Fremdbildes sollten Sie ebenfalls einen 360°-Ansatz wählen. Dies erlaubt, Gefälligkeit und pädagogische Ansätze von einzelnen Bezugsgruppen zu entmachten und ein deutliches Bild Ihres Auftretens zu erlangen. Direkte Bezugsgruppen sind also beruflich-hierarchisch Über-, Gleich- und Untergeordnete sowie Freunde und Familie. Sie sollten nicht von besonders engen Freunden und Verwandten ein umfassendes Fremdbild verlangen. Diese Personen können Teilbereiche des Fremdbildes gut abdecken, und diese Chance sollten Sie auch nutzen. Allerdings birgt ein Fremdbild dieser Personen über Missverständnisse und Dopplung von Aussagen auch arge Verzerrungen.
Stärken und Schwächen, Fachkompetenz, Interessen, Verhaltensweisen und Ziel
Zur Erstellung bieten sich die Punkte an, welche Sie auch schon im Selbstbild abgedeckt haben, dabei können jedoch einige Bereiche durch andere substituiert werden. Als konkrete Elemente bieten sich Stärken und Schwächen, Fachkompetenz, Interessen, Verhaltensweisen und Ziele an. Dabei sind die Bereiche Interessen und Ziele für den Beurteilenden besonders schwierig einzuschätzen, vor allem, wenn Sie bei der Erstellung und folgenden gemeinsamen Auswertung des Fremdbildes ihm direkt gegenübersitzen. Trotzdem spielen diese Aspekte eine elementare Rolle in Ihrer individuellen Interpretation. Wird es abgelehnt, einen dieser Bereiche zu bearbeiten, sollten Sie hart bleiben und darum bitten, wenigstens Vermutungen zu äußern. Diese können Sie, um sie von den anderen Punkten abzugrenzen, in einer anderen Farbe notieren lassen.
Dem Befragten Zeit lassen
Bei der Erstellung des Selbstbildes sollten Sie nicht selbst schreiben, sondern dies sollte ausschließlich der Befragte tun. Auch Ihre direkte Anwesenheit ist manchmal eher störend. Versuchen Sie, eine stichhaltige Unterweisung in die gewünschte Struktur und die Inhalte zu geben, und lassen Sie dann dem Befragten ausreichend Zeit, das Bild zu zeichnen. Die erwähnten Punkte können in ein vorbereitetes Blatt mit der leeren Struktur des Selbstbildes eingearbeitet werden oder Sie überlassen dem Interviewten die Ausgestaltung vollkommen frei. Falls Sie die beispielhafte Struktur von Abbildung 24 zur Erstellung des Selbstbildes verwenden wollen, können Sie genau jetzt die zweite Hälfte des Blattes einbringen. Dazu kleben Sie die andere Hälfte, also Ihr Selbstbild, einfach mit einem anderen Blatt ab, um den Befragten nicht zu beeinflussen.
Sie sollten den Befragten während der ganzen Ausarbeitung möglichst nicht in seinen Gedankengängen stören. Sie können als Grundlage die Kategorien vorstellen und sollten höchstens um etwas mehr Details in den Stichpunkten bitten. Mit dem Erfragen von Beispielen oder Gründen für bestimmte Aussagen wird der Befragte vorerst nur beeinflusst. Die jeweilige Gewichtung und Ausarbeitung der einzelnen Aspekte bleiben ebenfalls dem anderen überlassen. Erst bei der Präsentation des Fremdbildes durch ihn sollten Sie diese Fragen äußern und um Beispiele bitten. So erbarmungslos es klingt, СКАЧАТЬ