Der FC Bayern und seine Juden. Dietrich Schulze-Marmeling
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Название: Der FC Bayern und seine Juden

Автор: Dietrich Schulze-Marmeling

Издательство: Bookwire

Жанр: Сделай Сам

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isbn: 9783895337826

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СКАЧАТЬ John, auch Gründer des Bayerischen Schiedsrichterkollegiums, kehrt 1904 nach Pankow zurück. Dort betreibt er ein Fotolabor und -atelier. Der Künstlertyp ist ein Freund der Frauen. Sein Fotoatelier bietet ihm exzellente Möglichkeiten, diese näher kennenzulernen.

      Der Fußball kommt trotzdem nicht zu kurz. John wird Präsident seines Stammvereins VfB Pankow und bleibt dies zwei Jahre. Außerdem sitzt er im Satzungsausschuss des Verbandes Brandenburgischer Ballspielvereine (VBB). Zu seinen Hobbys zählt das Abfassen von Stegreifversen, die er bei kleinen Festen vorträgt. In den 1920er Jahren wird John zum Ehrenvorsitzenden des FC Bayern ernannt, 1936 verleiht ihm der Klub die goldene Ehrennadel. Allerdings werden seine Verbindungen nach München seit der Rückkehr nach Pankow zusehends loser.

      Wilhelm Focke studiert noch in Weimar und Berlin. In der Reichshauptstadt gehört er zur Meisterklasse des Historienmalers Prof. Arthur Kampf. Zu seinen Förderern zählt Max Liebermann, der sich vor allem für Fockes Pferdebilder begeistert. In Berlin schließt der ehemalige Fußballpionier Freundschaft mit den Künstlerkollegen Oskar Kokoschka, Max Slevogt, Hans Thoma und Olaf Gulbransson. Zwischenzeitlich betätigt er sich mit seinem jüngeren Bruder Henrich Focke als Pionier der Bremer Luftfahrt. Außerdem entwickelt er das »Doppelboot«, Vorläufer des Katamarans.

      Doch die Malerei packt ihn noch mehr als die Technik. Nach dem Ersten Weltkrieg unterrichtet Wilhelm Focke zehn Jahre an der Bremer Kunstgewerbeschule. Anschließend verdingt er sich als freier und unabhängiger Künstler. Focke malt Landschafts-, Meeres-, Tierbilder und Akte und avanciert in Norddeutschland zu einem hochgeschätzten Künstler mit einem großen Freundeskreis, der ihn auch durch schwierige Zeiten bringt. Nach der nationalsozialistischen Machtübernahme wählt Focke die innere Emigration und verkriecht sich auf das mütterliche Gut Mechow in Mecklenburg.

      Benno Elkan meldet sich am 8. Oktober 1901 aus München ab. Der Künstler zieht nach Karlsruhe, wo er sich dem Studium der Bildhauerei widmet. Hier lernt er auch seine spätere Frau kennen, die Rabbinertocher und Konzertpianistin Hedwig Einstein, eine Schwester des Kunsthistorikers Carl Einstein. Das erste Werk des Bildhauers (die »Wandelnde«) ist auf dem Dortmunder Ostfriedhof zu sehen. Anschließend lebt und arbeitet Elkan in Paris und Rom. 1911 kehrt er mit Frau und Tochter Ursula nach Deutschland zurück und lässt sich in Alsbach an der Bergstraße nieder.

      Nach dem Ersten Weltkrieg, an dem er teilnimmt, zieht der Bildhauer mit der Familie nach Frankfurt/M. 1920 wird dort an der Ecke Kaiserstraße/Gallusanlage sein Denkmal »Den Opfern« eingeweiht. Das den Opfern des Ersten Weltkrieges gewidmete Mahnmal, das zunächst als Skulptur »Heldenklage« in Alsbach stand, besteht aus einer trauernden Mutterfigur. Figur und Inschrift brechen mit der Tradition martialischer und chauvinistischer Kriegerdenkmäler. Nationalistische und militaristische Kreise denunzieren Elkans Werk als »undeutsch« und gehen auf die Barrikaden.

      Doch der Künstler lässt sich nicht einschüchtern. 1925 stellt die Stadt Völklingen ein ähnliches Elkan-Mahnmal auf, auf dessen Sockel »Allen Opfern« steht, was Nationalisten und Militaristen erneut in Rage bringt. Elkan ist längst ein viel gefragter und gut bezahlter Künstler. 1930 wird auf dem Mainzer Schillerplatz aus Anlass der Beendigung der alliierten Rheinlandbesetzung ein »Befreiungsdenkmal« enthüllt, das eine große, aus Stein gemeißelte Frauenfigur mit nacktem Oberkörper zeigt, die die Arme gen Himmel streckt. Diesmal ist es weniger die politische Aussage, sondern der entblößte Busen, der Widerspruch provoziert.

      Kaum haben die französischen Truppen Mainz verlassen, nehmen die antisemitischen Aktivitäten in der Stadt zu. Im März 1933 lässt der kommissarische Mainzer Oberbürgermeister Philipp Wilhelm Jung das Elkan-Werk abreißen. Im Laufe des Jahres verschwinden weitere Elkan-Werke aus dem öffentlichen Raum. So auch in Frankfurt, wo sein Mahnmal »Den Opfern« aber 1946 in der Taunusanlage wieder aufgestellt wird.

      Der Künstler selbst wird von den Nazis mit einem Berufsverbot belegt und emigriert Ende 1934 nach London. In England schafft er u.a. eine Orang-Utan-Büste, die heute im Zoo von Edinburgh zu besichtigen ist, porträtiert während einer Reise nach Lausanne den Schwei zer Minister Stucki und den jungen König von Siam und, zurück in London, den Prinzen Edward von Kent. Zur Erinnerung an Rudyard Kippling, den ersten englischen Literaturnobelpreisträger und Autor des »Dschungelbuches«, gestaltet Elkan ein großes Bleirelief, das Figuren aus dem »Dschungelbuch« zeigt. Im Sommer 1938 wird in den Londoner New Burlington Galleries die Ausstellung »German Twentieth Century Art« eröffnet, aus Protest gegen die Ächtung »entarteter« Kunst im NS-Deutschland. Sie präsentiert Arbeiten fast aller wesentlichen Künstler der Moderne in Deutschland, so von Max Liebermann, Paul Klee, Wassily Kandinsky, Georg Grosz, Max Beckmann, Otto Dix, Oskar Kokoschka – und auch von Benno Elkan.

      Im Exil wendet sich der Bildhauer mehr und mehr seinen jüdischen Wurzeln zu und beginnt, siebenarmige Leuchter (hebräisch: Menora) anzufertigen. Nach dem Zweiten Weltkrieg beglückt er Westminster Abbey mit zwei großen Bibelleuchten. Auch dem Fußball schenkt er ein Werk. Für Arsenal London fertigt Elkan einen silbernen Kampfhahn in Lebensgröße an.

      Sein größtes und berühmtestes Werk ist aber die große Menora vor dem israelischen Parlament, der Knesset in Jerusalem. Im April 1956 wurde sie von Großbritannien als Geschenk der weltweit ältesten parlamentarischen Demokratie an das zu diesem Zeitpunkt jüngste Parlament übergeben. An den Spitzen der Menora finden sich die großen Propheten des Alten Testaments, am unteren Stammbaum Reliefs zum Warschauer Ghetto und zu den Pionieren in Palästina. Für Benno Elkan ist die große Menora ein Symbol für ganz Israel, »das Hohelied in Bronze von dem unsterblichen Leben unseres Volkes, von seiner langen, tragischen und herrlichen Geschichte«.

      1957 erhält Elkan den 1917 von König George V. gestifteten Verdienstorden Order of the British Empire (OBE). Der Mitbegründer des FC Bayern verstirbt 1960 in London.

      Im »gelobten Land«

      Gustav Randolph Manning, Spiritus Rector der Bayern-Gründung, und Josef Pollack wandern in die USA aus. Die USA sind bereits seit vielen Jahrzehnten bevorzugtes Einwanderungsland vieler europäischer Juden. Nicht Palästina, sondern die USA sind das »gelobte Land«.

      Anfang des 19. Jahrhunderts waren zunächst viele deutsche Juden in die USA eingewandert, denen polnische, russische und rumänische Juden folgten. Nach dem tödlichen Attentat auf Zar Alexander 1881, das fälschlicherweise den Juden zugeschrieben wurde, setzte eine Massenflucht aus Russland ein. In Russland und anderen Teilen Osteuropas kam es nun immer wieder zu anti-jüdischen Pogromen. Zwischen dem Ende des 19. Jahrhunderts und 1924, als die Einwanderungsbestimmungen verschärft werden, suchen über zwei Millionen europäische Juden in den USA eine neue Heimat. So auch die aus Kiew stammende Familie der späteren israelischen Ministerpräsidentin Golda Meïr.

      Viele der jüdischen Einwanderer lassen sich in New York und Umgebung nieder. Die jüdische Einwanderung trug erheblich zur Verbreitung und Entwicklung von Soccer bei. In den USA war Soccer eine »ethnische« Angelegenheit – ein Hobby europäischer Einwanderergruppen, die auf diese Weise ihre Heimat in die Neue Welt verlängerten.

      Josef Pollack geht bereits 1903 in die USA, wo er Verwandtschaft besitzt. In New York findet er zunächst eine Anstellung bei der Firma Max Pollack and Company. Anschließend ist der Bayern-Gründer an der Gründung eines Unternehmerverbandes beteiligt und führt dessen Vorsitz. Außerdem zieht Pollack in den Beirat der Chase Manhattan Bank ein. Den Fußball tauscht er gegen den Golfschläger ein. Der jüdischen Gemeinde von White Plains im Bundesstaat New York dient er als Schatzmeister.

      Gus Manning folgt 1905, gemeinsam mit seiner aus Kansas stammenden Frau Louella. Er arbeitet in New York als Arzt, aber anders als Josef Pollack bleibt Manning in der Neuen Welt dem Fußball aufs Engste verbunden. Erneut profiliert er sich als Pionier des Verbandswesens. 1912 wird er Präsident der neu formierten American Amateur Football Association (AAFA), die mit der bereits 1884 gegründeten American Football Association (AFA) um Anerkennung СКАЧАТЬ