Der FC Bayern und seine Juden. Dietrich Schulze-Marmeling
Чтение книги онлайн.

Читать онлайн книгу Der FC Bayern und seine Juden - Dietrich Schulze-Marmeling страница 12

Название: Der FC Bayern und seine Juden

Автор: Dietrich Schulze-Marmeling

Издательство: Bookwire

Жанр: Сделай Сам

Серия:

isbn: 9783895337826

isbn:

СКАЧАТЬ Fußball-Verein (FV) hervor, der 1910 Deutscher Meister wird: den erst 18-jährigen Julius Hirsch und den 20-jährigen Gottfried Fuchs. Mit Fritz Förderer bilden Hirsch und Fuchs den besten Innensturm im deutschen Fußball. Der Fußball-Historiker Hardy Grüne bezeichnet den Champion als erstes »Dream Team« im deutschen Fußball. 1912 wird der KFV nach 1905 und 1910 ein drittes Mal das nationale Finale erreichen, allerdings den »Störchen« von Holstein Kiel unterliegen.

      Josef Frey, ein langjähriges KFV-Mitglied, wird in Josef Werners Buch »Hakenkreuz und Judenstern« mit der Aussage zitiert, dass der KFV »wegen der Mitgliedschaft zahlreicher jüdischer Bürger, teils respektvoll, teils missgünstig oder gehässig, als ›Judenverein‹ bezeichnet« wurde.

      Am 26. März 1911 läuft erstmals ein Jude für die DFB-Auswahl auf. Beim Länderspiel gegen die Schweiz, dem elften offiziellen Auftritt der DFB-Elf, stürmen die Deutschen mit dem nun 21-jährigen Karlsruher Gottfried Fuchs. Gespielt wird auf dem Kickers-Platz im gediegenen Stuttgart-Degerloch. Die Platzherren sind ein gutbürgerlicher Verein, zu dessen Gründungsmitgliedern 1899 auch jüdische Bürger wie der 2. Vorsitzende Karl Levi gehörten. Im Milieu des Lokalrivalen VfB wird die Anlage einige Jahrzehnte später als »Hebräerwies« und »Golanhöhen« firmieren. Auf diesem Platz also schlägt Deutschland die Schweiz mit 6:2 und Debütant Fuchs gleich zweimal zu.

      Am 17. Dezember 1911 feiert auch der nun 19-jährige Julius Hirsch seinen Einstand in der Nationalelf. Auf dem MTV-Platz an der Münchner Marbachstraße unterliegt Deutschland den Ungarn mit 1:4. Debütant Hirsch geht leer aus, trifft aber dafür einige Monate später, am 24. März 1912 im niederländischen Zwolle, gleich viermal – als erster deutscher Nationalspieler überhaupt. Deutschland und die Niederlande trennen sich 5:5, den weiteren deutschen Treffer erzielt Hirschs Freund, Glaubensgenosse und Vereinskamerad Gottfried Fuchs.

      Beide fahren auch zum olympischen Fußballturnier nach Stockholm. Die erste Begegnung gegen Österreich geht mit 1:5 in die Hose, vom »jüdischen Duo« ist nur Hirsch dabei. Im folgenden Spiel gegen Russland werden zwei historische Rekorde aufgestellt: Deutschland gewinnt mit 16:0, der höchste Sieg in der Länderspielgeschichte des DFB. Zehn Treffer gehen auf das Konto von Gottfried Fuchs. Auch dieser Rekord steht noch heute.

      Townley, Hogan und der saubere Pass

      Der Karlsruher FV ist ein ausgesprochen moderner Verein. Im Januar 1909 hatte man mit dem Engländer William J. Townley einen Profitrainer verpflichtet. Townley brachte seinen Akteuren technische Raffinessen bei, verbesserte ihre Ballbehandlung, ließ sie Spielzüge und Angriffskombinationen einüben und machte sie mit dem schottischen Flachpassspiel vertraut. »Stoppen, schauen, zuspielen« lautete sein Motto. Hardy Grüne: »Townley revolutionierte Deutschlands Fußball. Statt nach dem hierzulande noch üblichen ›möglichst hart und weit schießen‹ zu verfahren, führte ›der alte Blackburn Rover‹, wie er liebevoll von der Presse genannt wurde, britische Errungenschaften ein.« Sämtliche KFV-Teams, ein Novum im deutschen Fußball, spielten nach dem »Townley-System«.

      Seine Trainerkarriere hatte der zweifache englische Nationalspieler 1908 beim bereits vorgestellten DFC Prag begonnen. In England gab es einen Überschuss an Trainern – zumal man im »Mutterland« zunächst der Auffassung frönte, dass die Position eines hauptamtlichen Trainers überflüssig sei. Die abwertende Haltung gegenüber dem Beruf des Fußballtrainers entsprang der arroganten Auffassung, dass England in Sachen Fußball eine angeborene und ewige Überlegenheit besitze.

      Auf dem Kontinent musste man hingegen lernen und war sich dessen bewusst. Moderne und ambitionierte Klubs rissen sich um englische und schottische Übungsleiter.

      Auch einige nationale Verbände engagierten Engländer. So betreute Jimmy Hogan 1910 die niederländische Nationalelf bei ihrem 2:1-Sieg über Deutschland in Kleve und während der Olympischen Spiele 1912 das Team Österreichs. Wie Townley legte Hogan großen Wert auf Passgenauigkeit und Ballkontrolle – Dinge, die man eher mit dem »wissenschaftlichen« Fußball Schottlands denn mit dem englischen Spiel assoziierte. Mit Hilfe der in ihrer Heimat verschmähten britischen Übungsleiter holte der Kontinent nun gegenüber dem »Fußball-Mutterland« England beständig auf.

      Erste Schritte zum Professionalismus

      1910 versichert sich der FC Bayern der Dienste des österreichischen Profi-Torwarts Karl Pekarna. 1904 war Pekarna vom First Vienna Football Club zu den Glasgow Rangers gewechselt. In Schottland war der Profifußball bereits seit 1893 legal. Der Weltklassekeeper wurde nur wenige Monate nach seiner Ankunft am Clyde zum schottischen »Fußballer des Jahres« gewählt. Heimweh trieb ihn zurück an die Donau, von wo er 1907 an die Isar und zum FC Wacker München weiterzog.

      Beim innerstädtischen Wechsel von München-Laim nach Schwabing fließt viel Geld. Außerdem besorgt der FC Bayern Pekarna die Stelle eines Abteilungsleiters in einem Geschäft für Sportartikel.

      Vor der Saison 1911/12 erkennt man beim FC Bayern die enorme Bedeutung der Trainerfrage. In den Spielzeiten 1909/10 und 1910/11 hatten sich die Bayern insgesamt fünfmal mit Townleys Karlsruher FV gemessen und dabei ebenso häufig den Kürzeren gezogen. Insbesondere 1910/11 hatten die Bayern die Überlegenheit der Badenser zu spüren bekommen. In der Saisonvorbereitung endet ein Testspiel in Karlsruhe mit einer 1:4-Niederlage. Im Kampf um die Süddeutsche Meisterschaft gewinnt der KFV in München mit 3:1 und daheim sogar mit 5:0, Bayerns höchste Niederlage in einem Pflichtspiel dieser Spielzeit.

      Allerdings haben die 5.000 Zuschauer, die zum Hinspiel an die Leopoldstraße gekommen sind, eine hübsche Summe in die Klubkasse gespült. Was tun mit den Einnahmen? Soll das Geld in ein neues Sportgelände oder in die Mannschaft investiert werden?

      Bayerns Präsident ist zu dieser Zeit der Chemiker Dr. Angelo Knorr, der aus einer angesehenen und wohlhabenden Münchner Familie stammt. Der Vater war Inhaber der Handelsfirma Angelo Sabadini, der Großonkel Julius Mitbegründer der Bayerischen Fortschrittspartei und Verleger der liberalen und gegenüber der katholischen Kirche kritischen »Münchner Neuesten Nachrichten«, zeitweise eine der auflagenstärksten Tageszeitungen im Deutschen Reich.

      Angelo Knorr plädiert nun für einen Profitrainer: »Durch das von den Karlsruhern im jüngstverflossenen Meisterschaftsspiel gezeigte bestechende Können, dem unsere Mannschaft nicht gewachsen war«, sei nun klar, »dass die Trainerfrage im vollen Umfang aufgerollt ist«. Es sei »nur durch einen englischen Trainer die sportliche Entwicklung unserer Leute möglich«.

      Knorr erstellt ein ausführliches Memorandum, in dem er die Chancen und Risiken eines derartigen Weges abwägt. Gute Trainer seien schließlich nicht im Überfluss vorhanden. Auch fallen die Erfahrungen mit englischen Übungsleitern nicht überall positiv aus. In Mannheim und Pforzheim hatten sich die Entwicklungshelfer aus dem »Mutterland« mehr im Wirtshaus als auf dem Trainingsplatz herumgetrieben. Schließlich wird zur Saison 1911/12 der Engländer Charles Griffiths engagiert, allerdings zunächst nur »versuchsweise«.

      Griffiths ist nicht der erste Brite bei den Bayern, vor ihm haben bereits die Landsleute Thomas Taylor (1908/09) und Dr. George Hoer (1909/10) bei den Bayern unterrichtet. Aber Griffiths ist der erste hauptamtliche Übungsleiter des Klubs und damit der bis dahin teuerste und professionellste. Andreas Wittner über die Auswirkungen der Verpflichtung: »Mit der Trainerverpflichtung taten sich für die Bayern neue Dimensionen auf – finanziell wie sportlich. Für die Aktiven des Bayern-Kaders standen ab sofort wöchentlich fünf Trainingseinheiten auf dem Programm, täglich um 16 Uhr. Bisher hatten sich die Bayern-Kicker lediglich zweimal pro Woche zum Trainingskick getroffen, jetzt sahen sie sich außer mit mehr Training auch noch mit allerlei Übungen konfrontiert, die bisweilen wenig Freude bereiten: Steigerungsläufe bis zu 800 Meter, Dauermärsche über mehrere Stunden, bei jeder Witterung, Übungen mit Hanteln, turnerische Einheiten an den Ringen und am Barren.«

      Als der FC Bayern in die Winterpause geht, steht die Mannschaft mit 23:3-Punkten СКАЧАТЬ