Meerjungfrau sucht Mann fürs Leben. Hanne-Vibeke Holst
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Название: Meerjungfrau sucht Mann fürs Leben

Автор: Hanne-Vibeke Holst

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия: Therese-Trilogie

isbn: 9788726569575

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СКАЧАТЬ das daliegt und an meiner rechten Brust trinkt. Unbegreiflich. Daß ich eine Mutter bin. Ihre Mutter. Die einzige, die sie hat. Erschreckend. Aber während sie daliegt und begierig die fetten, lebensspendenden Tropfen einsaugt, fühle ich ihn wieder – den Instinkt. Nicht wie eine dramatische Lawine oder tausendstimmigen Hosiannajubel – eher wie leise Töne einer Klaviersonate oder rieselnden Sommerregen. Den Mutterinstinkt, der in den ersten nahen fünf Minuten mich mit Ruhe erfüllt. Ausgereifte, nach innen gewandte Ruhe.

      Aber die Verbindung ist noch leicht zu erschüttern und bricht in dem Augenblick zusammen, als Paul einen Blitz auf uns abfeuert. Ich zucke zusammen und erschrecke das Kind, das erschrocken losläßt und seine Froschbeine unter sich anzieht.

      Paul lächelt entschuldigend, während im gleichen Moment eine Krankenschwester, die mit einem Teewagen hereinkommt, ihm zu Hilfe eilt. Kaffee, Saft, Brot und die dänische Flagge.

      »Herzlichen Glückwunsch!« lächelt sie und fährt den Wagen zu uns heran.

      »Dankeschön!« antwortet Paul und fragt, ob sie nicht so lieb sein und ein Bild von uns drei machen könnte. Ich knurre, aber Paul besteht darauf.

      »Denk doch an die Weihnachtskarten, mein Schatz! Und an mich«, fügt er hinzu, als er zu uns ins Bett krabbelt. »Schließlich ist es auch meine Tochter!«

      Ich gebe nach. Lächle sogar noch, als die Krankenschwester auf den Knopf drückt und unser kleines Baby wieder den Mund verzieht. So werden wir vereinigt – Die heilige Familie, wie alle anderen, glücklich lächelnd in der ersten Stunde.

      Und das ist auch nicht ganz falsch. Paul ist vollkommen überdreht vor Glück. Er macht sich plaudernd über Kaffee und Weißbrot her und schiebt drei Scheiben nacheinander hinein, während ich mit einer Übelkeit, die die Speiseröhre hoch- und runterschwappt, die nach der unsanften Magenentleerung unangenehm kratzt, nur zusehen kann. Ich nippe ein wenig an dem Saft, den ich bei mir behalten kann und wünsche mir, daß ich Paul doch einfach in die Arme nehmen und ohne Vorbehalte lieben könnte. Ihn als den Vater meines Kindes anzunehmen und nicht die ganze Zeit diese bohrende Irritation über seine Anwesenheit wie einen Schlagbaum zwischen uns zu spüren. Wenn also jemand auf dem Foto lügt, dann bin ich es. Ich, die es matt Paul überläßt, in der Welt herumzutelefonieren und die Neuigkeit vom Münztelefon aus zu verkünden, das uns auch gebracht wird. Sogar Mutters Nummer lasse ich ihn eintippen – aber dann bereue ich es und entreiße ihm den Hörer. Dafür stiehlt er mir das Kind, so daß ich mit leeren Händen dasitze, als Mutter atemlos an den Hörer kommt.

      »Ja?« klingt es heiser und aufgeregt.

      »Mutter?« frage ich.

      »Ja! Therese, bist du das? Ich habe die ganze Nacht am Telefon gewartet! Kiki hat angerufen und erzählt, daß du im Krankenhaus bist. Ist was passiert?«

      »Ja!« sage ich und möchte vor Lachen fast platzen. »Ich habe eine Tochter! Wir haben eine Tochter!«

      »Ein kleines Mädchen!« bricht meine Mutter wie Vogelgezwitscher in C-Dur aus und entschuldigt sich, falls sie beschwipst klingt. »Ich habe die ganze Nacht wach dagesessen und mir vor lauter Schreck einen genehmigt! Und ist es gutgegangen?«

      »Ja, doch!«, versichere ich. »Sie ist mit einem Kaiserschnitt geholt worden, aber sonst ...«

      »Kaiserschnitt!« unterbricht meine Mutter mich. »Oh, mein armer kleiner Schatz!«

      Ihr Mitgefühl überrascht und überwältigt mich, so daß ich kurz davor bin, ihr etwas vorzujammern, als ich den Ablauf schildere.

      »O nein«, jammert sie für mich. »Wie LEID mir das für dich tut! Und wie STOLZ ich auf dich bin! Wie ich mich darauf freue, sie zu sehen! Ist sie HÜBSCH?«

      »Sie ähnelt ihrem Vater«, sage ich mit einem Seitenblick auf Vater und Tochter, und Mutter schnalzt mit der Zunge und sagt, dann SEI sie also hübsch! Und dann verspricht sie, Tante Mo in der Provence anzurufen, meine Schwester Kiki und Freddy, Mutters langmütigen Zahnarztfreund, den fallenzulassen sie sich nicht überwinden kann.

      »Wenn ich nur wüßte, an welcher Stelle der Erdkugel dein Vater sich herumtreibt, dann könnte ich ihn auch anrufen«, überlegt sie und ist offenbar ganz auf der sentimentalen Schiene. »Er würde sich bestimmt freuen!«

      »Glaubst du?« frage ich und lasse meinen Blick erneut auf Vater und Tochter ruhen, und der Gedanke, daß mein Vater auch einmal so dagesessen und mich so hingerissen betrachtet hat, als ich ein paar Stunden alt war, versetzt mir einen Stich.

      »Wir lieben dich!« murmelt Paul seiner Tochter zu, als ich aufgelegt habe und wir wieder allein im Zimmer sind. Das kann mein Vater unmöglich gemacht haben, beschließe ich. Dann hätte er mich nicht so einfach verlassen.

      Leider erlebt Paul nicht die gleiche glühende Begeisterung, als er bei sich zu Hause anruft. Helene, seine Mutter, klingt fast leicht verärgert, daß es ein Mädchen geworden ist, »davon haben wir ja schon eine!« äußert sie gekünstelt mit Hinweis auf Pauls mißratene Nichte, aber dennoch bringt sie einen formalen Glückwunsch heraus. Ernst ist nach Riga verreist – of all places –, so kann er den Schaden nicht wiedergutmachen. Ich hasse diese eiskalte Kulturperle aus vollem Herzen, als Paul mit einem zerknitterten Lächeln auflegt.

      »Kein Interesse. Aber weißt du was?« sagt er und beugt sich ganz dicht über das kleine Babygesicht. »Das ist mir jetzt scheißegal, denn jetzt habe ich meine eigene Familie!«

      Die hat er, und während das Kind und ich erschöpft nach unserer jeweiligen Reise den Nachmittag über schlafen, geht er nach Hause in unsere Wohnung in der Nørre Søgade, um ein Bad zu nehmen und sich zu rasieren, so daß er wohlriechend und gutgelaunt die Horde von Wochenbettgästen in Empfang nehmen kann, die ihre Ankunft zur Abendbesuchszeit angekündigt hat. Ich bin noch ziemlich groggy und hätte es vorgezogen, den Tag eins für mich zu haben, aber ich begreife, daß die Tradition es anders will. Überhaupt kein Pardon – das Personal jagt mich rabiat aus dem Bett – ich bekomme Thrombosen, wenn ich mich nicht hinstelle! Also schwanke ich mit Paul als Stütze auf unsicheren Bambi-Beinen zur Toilette – und als ich schwindlig über der Schüssel im Stehen pinkle, um mich nicht über der Wunde zusammenkrümmen zu müssen, wird mir vollends klar, was diese bissigen Feministinnen damit meinten, als sie johlten, daß es die Frau ist, die ihren Körper hinhält. Ich brauche gar nicht erst auf meine wabernde, ausgeleierte Bauchdecke mit dem breiten Pflaster über der gezackten Wunde zu gucken, um zu wissen, wie verunstaltet ich bin. Das vermeide ich lieber. Die Schmerzen reichen.

      Deshalb fühle ich mich auch vollkommen im Recht, als ich mich weigere, wieder aufzustehen – auch wenn mir ein Rollstuhl zur Verfügung gestellt wird –, als eine junge Lernschwester mich auffordert, mit ihr und Paul ins Wickelzimmer zu kommen, um gezeigt zu bekommen, wie unser Zuckerbaby gewickelt wird, das sich in dem durchsichtigen Plexiglasbettchen neben meinem Bett langsam räkelt.

      »Das schafft ihr Vater ganz prima!« wehre ich sie ab, als sie voll guten Willens versucht, mich zu überreden. »Aber ich hätte gern etwas gegen die Schmerzen!«

      »Ja, aber...«, versucht sie es noch einmal, doch Paul, der Supervater, legt ihr schnell eine verständnisvolle Hand aufihren nackten Arm.

      »Weißt du«, sagt er und zieht sie von mir fort. »Meine Frau ist heute ein wenig erregt. Wollen wir ihr nicht lieber ein bißchen Ruhe gönnen? Und ihr eine Schmerztablette geben?«

      »Das müssen Sie natürlich selbst entscheiden«, sagt sie schmollend und schüttelt sich, als er sie losläßt. Sie hat eine Gänsehaut bekommen. So eine Wirkung hat er auf Frauen. Sobald sie das Bettchen hinausgerollt СКАЧАТЬ