Die Gilde der Seelenlosen. Eckhard Bausch
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Название: Die Gilde der Seelenlosen

Автор: Eckhard Bausch

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия: Die Dunstein-Chroniken

isbn: 9783947721238

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СКАЧАТЬ lange sollen wir in diesem Sektor bleiben?“, fragte Udil-17.

      „Vier Wochen“, bestimmte der 3. Kommandant. Er justierte seinen Fortbewegungsapparat und schwebte zur Luftschleuse des Observatoriums.

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      Unbemerkt vom Leben an der Oberfläche breitete sich in den Tiefen des Kontinents ein verhängnisvoller Strudel immer weiter aus. Seinen Ursprung hatte er ausgerechnet dort, wo die Fäden des eigentlich zum Schutze der Menschen geknüpften Netzes zusammenliefen. Versehentlich war das Geflecht der alten Wesenheiten von denen zerrissen worden, die es bewahren sollten.

      Inmitten der im Geheimen tobenden Kämpfe sahen sich die Menschen des Kontinents plötzlich fremden, ihnen bisher vorenthaltenen Dingen gegenüber. Den Mächten, die diese Dinge hervorgebracht hatten, erschien die Bevölkerung des Kontinents noch nicht reif genug, um damit umgehen zu können. Das hatte verheerende Folgen. In ihrem Forscherdrang stießen Einzelne immer weiter vor und durchbrachen schließlich Schranken, welche die Vergangenheit von der Zukunft trennen sollten. Der Versuch, den Anfängen zu wehren, scheiterte. Die ersten der uralten Wesenheiten waren bereits den ungestümen Vorstößen zum Opfer gefallen. Unbewusst hatten sich die Menschen damit selbst geschadet. Sogar durch die Gruppe der Eingeweihten verlief eine tiefe Spaltung. Ehemalige Weggefährten standen sich unvermittelt als unversöhnliche Feinde gegenüber. Larradana, die letzte der künstlich erschaffenen Frauen, setzte sich an die Spitze derjenigen, die die Fenster aufreißen wollten, um Licht ins Dunkel zu bringen. Auch sie hatte jedoch keine genaue Vorstellung von der gesamten Tragweite der schrecklichen Vorkehrungen, die darauf warteten, genau dies zu verhindern.

      *

      Setasch-Silgin stand auf seiner Heimatinsel in dem Ruf, der erfahrenste Grabenfischer zu sein. Silgin gehörte zu einer Inselgruppe, dem „Gatyschen Kap“, die dem Festland im äußersten Nordwesten des Kontinents einige Seemeilen vorgelagert war.

      Setasch segelte zumeist allein hinaus auf die Weiten des Ozeans bis zu der Stelle, wo der „tiefe Graben“ verlief. Selbst die geübtesten Taucher unter den Fischern des Gatyschen Kaps kannten die tatsächliche Tiefe dieses Meeresgrabens nicht. Aber sie wussten, dass es hier die größten Vorkommen des Roten Schlundlings gab, des mit Abstand teuersten Fisches. Dabei beruhte sein hoher Preis nicht etwa nur auf seiner überdurchschnittlichen Schmackhaftigkeit und den schwierigen Fangbedingungen, sondern vorwiegend auf der unglaublich langen Haltbarkeit seines Fleischs. Diese besondere Eigenart ging auf das Zusammenwirken bestimmter Körpersubstanzen zurück, die wochenlang die Fäulnis hinauszögerten. So konnte dieser bis zu zwei Meter lange Fisch auch in die entlegensten Gegenden des Kontinents verkauft werden.

      Setasch-Silgin hatte die mehr als einhundert Meter lange Angelleine mit einem Köderfisch in die Tiefe hinabgelassen und hoffte nun auf Beute, obgleich das Wetter für einen Fang nicht sonderlich günstig schien.

      Vereinzelte ausladende Nebelschwaden hingen an diesem frühen Morgen nahezu bewegungslos über einem Ozean, dessen endlose, graue Oberfläche wie erstarrtes Blei anmutete. Kein Lufthauch regte sich, der in der Lage gewesen wäre, eine Welle zu erzeugen. Selbst der erfahrene Fischer von Silgin konnte sich der seltsamen Stimmung, die diese unwirkliche Szenerie hervorrief, nicht entziehen. So kam es auch, dass er schon von weitem den langen Einbaum mit den sieben Gestalten sah. Mit völlig gleichmäßigen Ruderschlägen trieben sie ihr Boot dem Festland entgegen, das in weiter Ferne zwischen den Dunstschleiern nur als winzige, gekrümmte Linie erkennbar war. Setasch lief ein Schauer über den Rücken. Die glatt herabhängenden, glänzend schwarzen Haare verrieten die Herkunft der Bootsinsassen.

      Auf Deltong, der kleinsten und abgeschiedensten Insel des Gatyschen Kaps, lebte eine kleine Gruppe von Menschen, die einander wie ein Ei dem anderen glichen.

      Da sie sich von jeher völlig abgesondert hatten und den Rest der Insulaner wie eine ansteckende Seuche mieden, führte man ihr gleichartiges Äußeres auf Inzest zurück. Niemand bekam sie unter normalen Umständen je zu Gesicht. Man wusste nicht einmal, wie viele von ihnen die winzige Insel bevölkerten, die sie praktisch nie verließen. Auf Deltong gab es keine Häfen und auch keine natürlichen Anlegestellen für Schiffe.

      Setasch erschrak. Wieso hatten diese Deltongs ihre Insel verlassen? Und er erschrak sogleich noch heftiger, als er feststellte, dass sie den Kurs ihres Einbaums geändert hatten. Sie hielten nun genau auf ihn zu.

      Mühsam zwang sich der Fischer von Silgin zur Ruhe. Er konnte dennoch nicht verhindern, dass sich ein Gefühl lähmender Angst in ihm ausbreitete. Es gab keine verlässlichen Berichte, wonach die Deltongs jemals schlimme Missetaten begangen hätten. Gewiss rankten sich die wildesten Gerüchte um diese Menschen, die jedoch offensichtlich aus reiner Unkenntnis herrührten. Da die anderen Insulaner nicht wussten, wie die Bewohner von Deltong dauerhaft auf ihrer kargen Insel überleben konnten, wurden Stimmen laut, die sie als Strandräuber einschätzten. Mit falschen Leuchtfeuern würden sie Schiffe in die Irre locken, die dann an den Klippen zerschellten, sodass sie von den Deltongs ausgeplündert werden konnten. Nie hatte es jedoch auch nur eine einzige Bestätigung für derartige Schauergeschichten gegeben. Gerüchte sind eben Gerüchte, weil es keine Beweise für sie gibt; und sie werden zumeist von Menschen verbreitet, die in ihrer Einfalt nicht in der Lage sind, zutreffende Erklärungen zu finden.

      Wie an einem Strick gezogen kam das Boot der Deltongs immer näher. Setasch konnte bereits ihre bleichen, ausdruckslosen Gesichter erkennen, zu denen das unruhige Rot ihrer Augen nicht passen wollte. Einer Eingebung folgend beschloss er, dass Freundlichkeit am ehesten geeignet sein würde, eine konfliktfreie Verständigung zu ermöglichen. Er erhob sich in seinem Boot und winkte den schwarzhaarigen Männern zu.

      „Seid gegrüßt, Brüder aus Deltong!“, rief er den Insassen des Einbaums mutig entgegen. Die stur geradeaus gerichteten Blicke der unheimlichen Inselbewohner schienen Feuer zu versprühen. Dies verdeutlichte Setasch, dass das Wort „Brüder“ eigentlich verfehlt war. Die Menschen aus Deltong hatten nicht die für Gatyer typischen grünen Augen.

      Der Einbaum glitt längsseits am Boot des Fischers von Silgin vorbei. Die Insassen blieben völlig stumm und schienen Setasch nicht beachten zu wollen. Plötzlich sprang einer der Deltongs auf und schlug sein Ruder mit voller Wucht gegen den Kopf des Fischers. Setasch wurde von den Füßen gerissen und flog in hohem Bogen aus seinem Boot. Mehrere Meter entfernt klatschte er auf die spiegelglatte Wasseroberfläche. Bewusstlos versank er im „tiefen Graben“ an der Nahtstelle zwischen dem nördlichen und dem westlichen Ozean.

      Einem Roten Schlundling rettete dies das Leben. Für andere Wesen auf dem Kontinent bedeutete es dagegen den Auftakt zu einem Todeskampf.

      *

      Septimors Augen glänzten feucht, als er Brinngulf Sterndek ein letztes Mal umarmte. Wiederum übermannten ihn Schmerz und Trauer um die ermordete Geliebte. Die beiden ungleichen Männer hatten beschlossen, dass sich ihre Wege nun trennen mussten. Mit der Vernichtung von Tanneas Mörder war ihnen das Unfassbare gelungen. Die wirkliche Tragweite der scheinbar geglückten Vergeltung blieb ihnen jedoch verborgen.

      Jedesmal, wenn Septimor den Mann aus Borgoi anschaute, übermannte ihn zunächst die schmerzhafte Erinnerung an dessen Schwester, danach eine lähmende Kälte. Und auch tief im Inneren von Brinngulf Sterndek hatte sich eine gefühllose Leere ausgebreitet, nachdem er zuerst das Vertrauen der alten Wesenheiten und danach auch noch Tannea verloren hatte. Zeit ihres Lebens waren sie ein Gespann gewesen, sogar während der rauen und bewegten Zeiten als Freibeuter an Bord eines Piratenschiffes, als Fremdenführer und Wegelagerer in den Dunstkuppeln, als gemeinsame Vollstrecker des Geflechts der alten Wesenheiten und schließlich СКАЧАТЬ