Gesammelte Werke (Über 150 Titel in einem Band). Rosa Luxemburg
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Название: Gesammelte Werke (Über 150 Titel in einem Band)

Автор: Rosa Luxemburg

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия:

isbn: 9788075833211

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СКАЧАТЬ betrug 1860 1.350, 1870 7.683, 1880 14.977, 1890 27.000 Kilometer -, daraus ergibt sich sofort eine gesteigerte Nachfrage nach englischen Waten. Aber gleichzeitig strömt das englische Kapital, kaum daß der Sezessionskrieg beendet war, wieder nach den Vereinigten Staaten. Der enorme Eisenbahnbau der amerikanischen Union in den 60er und 70er Jahren - das Eisenbahnnetz betrug 1850 14.151, 1860 49.292, 1870 85.139, 1880 150.717, 1890 268.409 Kilometer - wurde wiederum in der Hauptsache mit englischem Kapital bestritten. Zugleich bezogen aber diese Eisenbahnen ihr Material gleichfalls aus England, was eine der Hauptursachen der sprunghaften Entwicklung der englischen Kohlen- und Eisenindustrie und der Erschütterung dieser Zweige durch die amerikanischen Krisen 1866, 1873, 1884 war. Hier stimmte es also wörtlich, was Sismondi als ein augenscheinlicher Wahnwitz erschien: Die Engländer errichteten in den Vereinigten Staaten mit eigenem Eisen und sonstigem Material die Eisenbahnen, zahlten sich mit eigenem Kapital dafür und enthielten sich nur des "Genusses" dieser Eisenbahnen. Dieser Wahnwitz mundete jedoch dem europäischen Kapital trotz aller periodischen Krisen so gut, daß um die Mitte der 70er Jahre die Londoner Börse von einem förmlichen Fieber nach ausländischen Anleihen erfaßt wurde. 1870-1875 wurden in London solcher Anleihen für 260 Millionen Pfund Sterling aufgenommen - ihre unmittelbare Folge war eine rasch steigende Ausfuhr englischer Waren nach den exotischen Ländern; das Kapital floß massenhaft dahin, obgleich diese exotischen Staaten zeitweise bankrott wurden. Ende der 70er Jahre haben die Zinsenzahlung ganz oder teilweise eingestellt: die Türkei, Ägypten, Griechenland, Bolivien, Costa Rica, Ecuador, Honduras, Mexiko, Paraguay, Peru, St. Domingo, Uruguay, Venezuela. Trotzdem wiederholt sich Ende der 80er Jahre das Fieber nach exotischen Staatsanleihen: südamerikanische Staaten, südafrikanische Kolonien nehmen gewaltige Quantitäten europäischen Kapitals auf. Die Anleihen der argentinischen Republik z.B. betrugen 1874 10 Millionen Pfund Sterling, 1890 59,1 Millionen Pfund Sterling.

      Auch hier baut England Eisenbahnen mit eigenem Eisen und eigener Kohle und bezahlt dafür mit eigenem Kapital. Das argentinische Eisenbahnnetz betrug 1883 3.123 Kilometer, 1893 13.691 Kilometer.

      Zugleich stieg die englische Ausfuhr in

1886 1890
Eisen 21,8 Mill. Pfd.Sterl. 31,6 Mill. Pfd.Sterl.
Maschinen 10,1 Mill. Pfd.Sterl. 16,4 Mill. Pfd.Sterl.
Kohle 9,8 Mill. Pfd.Sterl. 19,0 Mill. Pfd.Sterl.

      Speziell nach Argentinien belief sich die englische Gesamtausfuhr 1885 auf 4,7 Millionen Pfund Sterling, vier Jahre später schon auf 10,7 Millionen Pfund Sterling.

      Gleichzeitig fließt das englische Kapital vermittelst Staatsanleihen nach Australien. Die Anleihen der 3 Kolonien Victoria, Neusüdwales und Tasmania betrugen Ende der 80er Jahre 112 Millionen Pfund Sterling, davon wurden 81 Millionen im Eisenbahnbau angelegt. Die Eisenbahnen Australiens umfaßten 1880 4.900 Meilen, 1895 15.600 Meilen.

      Auch hier lieferte England zugleich das Kapital und die Materialien zum Bau der Eisenbahnen. Deshalb wurde es auch mitgerissen in den Strudel durch die Krisen 1890 in Argentinien, Transvaal, Mexiko, Uruguay wie 1893 in Australien.

      In den letzten zwei Jahrzehnten ist in dieser Beziehung nur der Unterschied eingetreten, daß neben englischem sich in hervorragendem Maße deutsches, französisches und belgisches Kapital in auswärtigen Anlagen und insbesondere in Anleihen betätigt. Der Eisenbahnbau in Kleinasien wurde seit den 50er und bis Ende der 80er Jahre vom englischen Kapital ausgeführt. Seitdem hat sich das deutsche Kapital Kleinasiens bemächtigt und führt den großen Plan der Anatolischen und der Bagdadbahn aus.

      Die Anlage des deutschen Kapitals in der Türkei ruft eine gesteigerte Ausfuhr deutscher Waren nach diesem Lande hervor.

      Die deutsche Ausfuhr nach der Türkei betrug 1896 28 Millionen Mark, 1911 113 Millionen Mark, speziell nach der asiatischen Türkei 1901 12 Millionen, 1911 37 Millionen Mark. Auch in diesem Falle werden die eingeführten deutschen Waren zu einem beträchtlichen Teil mit deutschem Kapital bezahlt, und die Deutschen enthalten sich nur - nach dem Sismondischen Ausdruck - des Vergnügens, ihre eigenen Erzeugnisse zu genießen.

      Sehen wir näher zu.

      Realisierter Mehrwert, der in England oder Deutschland nicht kapitalisiert werden kann und brachliegt, wird in Argentinien, Australien, Kapland oder Mesopotamien in Eisenbahnbau, Wasserwerke, Bergwerke usw. gesteckt. Maschinen, Material und dergleichen werden aus dem Ursprungslande des Kapitals bezogen und mit demselben Kapital bezahlt. Aber so wird es auch im Lande selbst unter kapitalistischer Produktion gemacht: Das Kapital muß selbst seine Produktionselemente kaufen, sich in ihnen verkörpern, ehe es sich betätigen kann. Freilich - der Genuß der Produkte bleibt dann dem Lande, während er im ersteren Falle den Ausländern überlassen wird. Aber Zweck der kapitalistischen Produktion ist nicht Genuß der Produkte, sondern Mehrwert, Akkumulation. Das müßige Kapital hatte im Lande keine Möglichkeit zu akkumulieren, da kein Bedarf nach zuschüssigem Produkt vorhanden war. Im Auslande aber, wo noch keine kapitalistische Produktion entwickelt ist, ist eine neue Nachfrage in nichtkapitalistischen Schichten entstanden, oder sie wird gewaltsam geschaffen. Gerade daß der "Genuß" der Produkte auf andere übertragen wird, ist für das Kapital entscheidend. Denn der Genuß der eigenen Klassen: Kapitalisten und Arbeiter, kommt für die Zwecke der Akkumulation nicht in Betracht. Der "Genuß" der Produkte muß von den neuen Konsumenten allerdings realisiert, bezahlt werden. Dazu müssen die neuen Konsumenten Geldmittel haben. Diese liefert ihnen zum Teil der gleichzeitig entstehende Warenaustausch. An den Eisenbahnbau wie an den Bergbau (Goldgruben usw.) knüpft sich unmittelbar ein reger Warenhandel. Dieser realisiert allmählich das im Eisenbahnbau oder Bergbau vorgeschossene Kapital mitsamt dem Mehrwert. Ob das in dieser Weise ins Ausland fließende Kapital auf eigene Faust als Aktienkapital sich ein Arbeitsfeld sucht oder durch die Vermittelung des fremden Staates, als äußere Anleihe aufgenommen, die neue Betätigung in Industrie oder Verkehr findet, ob im ersteren Falle die Aktiengründungen vielfach als Schwindelgründungen bald verkrachen oder im letzteren Falle der borgende Staat schließlich bankrott wird und das Kapital auf diese oder jene Weise den Eigentümern manchmal teilweise verlorengeht, dies alles ändert nichts an der Sache im ganzen. So geht vielfach das Einzelkapital auch im Ursprungslande bei Krisen verloren. Die Hauptsache ist, das akkumulierte Kapital des alten Landes findet im neuen eine neue Möglichkeit, Mehrwert zu erzeugen und ihn zu realisieren, d.h. die Akkumulation fortzusetzen. Die neuen Länder umfassen neue große Gebiete naturalwirtschaftlicher Verhältnisse, die in warenwirtschaftliche umgewandelt, oder warenwirtschaftlicher, die vom Kapital verdrängt werden. Der für die Anlage des Kapitals alter kapitalistischer Länder in jungen charakteristische Eisenbahnbau und Bergbau (namentlich Goldgruben) hat in hervorragendem Maße die Eigenschaft, in bis dahin naturalwirtschaftlichen Verhältnissen plötzlich einen regen Warenhandel hervorzurufen; beide sind bezeichnend in der Wirtschaftsgeschichte als Marksteine der raschen Auflösung alter ökonomischer Formationen, sozialer Krisen, des Aufkommens moderner Verhältnisse, d.h. vor allem der Warenwirtschaft und dann der Kapitalproduktion.

      Die Rolle der äußeren Anleihen wie der Investierung des Kapitals in ausländischen Eisenbahn- und Minenaktien ist deshalb die beste kritische Illustration zu dem Marxschen Schema der Akkumulation. In diesen Fällen ist die erweiterte Reproduktion des Kapitals eine Kapitalisierung des früher realisierten Mehrwerts (sofern die Anleihen oder die ausländischen Aktien nicht von kleinbürgerlichen oder halbproletarischen Ersparnissen gedeckt werden). Der Moment, die Umstände und die Form, worin das jetzt ins Neuland fließende Kapital der alten Länder realisiert war, haben nichts gemein mit seinem gegenwärtigen Akkumulationsfeld. Das englische Kapital, das nach Argentinien in den Eisenbahnbau floß, mag selbst früher indisches in China realisiertes Opium gewesen sein. Ferner: Das englische Kapital, das in Argentinien Eisenbahnen baut, ist nicht nur in seiner reinen Wertgestalt, als Geldkapital, englischer Provenienz, СКАЧАТЬ