Gesammelte Werke von Friedrich de la Motte Fouqué. Friedrich de La Motte Fouque
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Название: Gesammelte Werke von Friedrich de la Motte Fouqué

Автор: Friedrich de La Motte Fouque

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия:

isbn: 9788027207022

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СКАЧАТЬ und Seligste auf der ganzen Welt. Aber noch ehe er fragen konnte, trabten einige Kriegsleute durch den Wald heran, sprachen ehrerbietig mit dem Sänger, zäumten nach seinem Gebote das weiße Rößlein wieder auf, und alsbald ritt er mit ihnen, Otto und Tebaldo freundlich grüßend, durch das frische Gezweig davon. – »Wer war der Herr?« fragte Otto einen Kriegsknecht, der sich etwas verzögert hatte. – »Ei«, entgegnete dieser, »es ist der berühmte Meister Blondel, der beste Minstrel in allen englischen Landen, und König Richard Löwenherzens Busenfreund, deshalben er auch dem heiligen Lande zureiset mit unserm großen Heere. Der hat uns ihn als Begleitung zugeordnet, wenn der Meister unterweges hin und her zieht, in freundlicher Neubegier, wie es der edlen Sänger heitre Weise ist. Gehabt euch wohl, ihr Herren!«

      Und damit sprengte er dem lustigen Zuge nach, den man noch fernherüber durch den Wald scherzen und singen hörte.

      »Kommt es dir nicht vor«, sagte Otto nach einem langen Schweigen zu Tebaldo, »als ob uns fast immer die besten Freuden und Kräfte des Lebens nur hohnneckend ins Gesicht sähen, ohne uns jemals den Weg zum rechten Genusse zeigen zu wollen? Oder, weil du so gar verdrießlich zu meinen Worten aussiehst, laß mich lieber die Sprachweise verändern, und statt: uns sagen: mir. Es ist doch ein ordentlich boshaftes Spiel, daß ich nun heute erblicken muß, und ganz nahe bei, was mir das Allerschönste und Höchste dünkt auf der ganzen Welt, und daß mich dennoch ein fremdes Treiben an der Kette meines heiligen Wortes so unaufhaltsam abwärts reißt.«

      »Ich hätte im Grunde mehr zu klagen, als Ihr«, entgegnete auf eine ziemlich mürrische Weise Tebaldo. »Denn seht nur an, mein edler Herr, wenn Ihr törichte Versprechungen getan habt, habe ich sie meines Wissens nicht mitgetan, und wäre jetzo doch sehr gern nach Jerusalem hinausgezogen.«

      »Verlasse mich nur immer, Tebaldo,« sagte Otto weichmütig, »ich habe viel verlassen, und muß deshalben schon gut daran gewöhnt sein.«

      Da sah ihn Tebaldo sehr freundlich an, und sprach gerührt: »Nein, Gott bewahre mich vor dergleichen. Aber laßt die Lamenten sein, und seht wieder hinauf ins Himmelblau. Wie da Wolke und Zweig und Vogelflug durcheinander spielt! Ich dächte, es müßte Heilkraft für alles Weh der Erden aus dem freudigen Gewimmel herunter regnen.«

      Otto schaute empor, und sprach: »Du hast recht; auch mir vertreibt nichts besser das Grämeln, und alles Nichtsnutzige, als der Hinaufblick in die rege, sonnenblaue Halle über uns.«

      Und wie nun die Jünglinge schon eine geraume Zeit auf den Rasen hingestreckt lagen, die Augen nach dem klaren Himmelsmantel gerichtet, siehe, da zog ein wunderbar schöner Edelfalk, wie ein Schnellsegler im Wolkenmeer, freudig über sie fort, in solcher Höhe, daß die schon tiefer stehende Sonne ihm Schwingen und Leib von unten mit ihrem leuchtendsten Glührot bestrahlte. Freudig fuhr Otto auf, und rief und lockte nach Jägerweise das ritterliche Tier. Aber der Falk schwebte nicht zu ihm herab. Wohl sahe man, daß er sein Rufen vernahm, und eines edlen Waidmanns Stimme erkannte, denn er zog seine luftigen Bahnen wohlgefällig um den Jüngling her, doch auf ein Locken, fernher aus dem Forste, schlug er seine Schwingen rüstig zusammen, und schoß mit Pfeilesschnelle nach jener Gegend hin. Man sah, er hatte den rechten Meister gehört. – »Ich bin froh, daß er fort ist«, sagte Tebaldo, »mir ist nichts mehr in der Seele zuwider, als so ein räubrischer Kerl mit krummgebognem, hakenartigem Schnabel, mit gräßlich funkelndem Auge, mit den spitzbübischen Krallenfingern an seinen Beinen. Wie könnt Ihr nur irgend Lust an ihm finden?« – »Wie du es sagst«, entgegnete Otto, »könnte man sich jegliches Tier zum Abscheu machen. Ich aber hege alle Tierchen gern; und vollends so ein Falke! So klug und treu!« – »Klug ist der Teufel auch«, sagte Tebaldo, »und wenn Ihr das Treue nennt, sich mit seinen spitzen Krallen überall fest anzuhäkeln, so kann er das eben so gut.« – »Du bist wohl noch nie auf eine Falkenjagd mitgeritten?« fragte Otto. – »Es gehört zu den Vorurteilen des Ritterstandes«, entgegnete Tebaldo, »dergleichen für eine Ergötzlichkeit auszugeben.« – »Nein, sage das nicht«, rief Otto aus, »ein Leben ist's, wie auf Himmel und Erden zugleich: über uns der geflügelte Jäger, unter uns ein windschnell jagendes Roß, durch die grünen Matten dahinwirbelnd, gedreht von der Eil das wolkige Zelt, der Lüfte freudiges Rauschen durch unser Haar, der Gesellen jubelnder Waldruf um uns her – und endlich bannt der zaubrische Falk seinen Feind, und in Kreisen wogt und schwebt und leuchtet er über ihm, und nun, und nun« –

      Tebaldos Bogen klang, und Otto, aus seiner Rede aufgeschreckt, blickte umher, da schwebte eben der Edelfalke taumelnden Flugs, einen Bolzen in der Schwinge, stark blutend und ganz wie ohnmächtig nach der andern Seite des Waldes davon. – »Wer hieß dich verletzen, was mich freut?« rief der junge Ritter flammenden Blicks. – »War es denn Euer Falke?« fragte Tebaldo. »Und wenn Ihr die Tierlein alle gern hegt, wie Ihr vor kurzem spracht, so solltet Ihr froh sein, daß mein Schuß ein armes, scheues Gefieder errettet hat, welches sich jetzt eben vor dem hochmütigen Räuber in jenen Gebüschen barg.« »Du bist nicht zum Richter gesetzt über des Adlers Reich«, sagte Otto mißmutig, worauf Tebaldo entgegnete: »Doch immer eben so gut, als Ihr oder ein andrer zum Jäger darin.«

      Die jungen Männer aber wurden in ihrem beginnenden Streit durch die Dazwischenkunft eines Dritten gestört.

      Auf schlankem silbergrauem Roß, in prächtiger Jagdkleidung, ein helles silbernes Jägerhorn an der Hüfte, hielt ein edler Waidmann von jugendlich schönem Ansehn unvermutet vor den beiden. Im selben Augenblicke, wo Otto den blutenden Falken an des Fremden Brust gelehnt erblickte, ward auch dieser das Geschoß in Tebaldos Hand gewahr, und wandte sich, man konnte wohl sehen mit mühsam gedämpfter Zornesglut, von dem Reisigen weg an den Ritter, sehr höflich sprechend: »Messire, wenn es Euch gefällt, Eure Leute in meinem Forste jagen zu lassen, so mutet Ihr freilich meiner Gastlichkeit nicht minder zu, als sie ganz von selbsten geneigt ist, jeglichem edlen Reisenden angedeihen zu lassen, aber ich muß Euch sehr bitten, in Zukunft ein so ritterliches Tier zu verschonen, als dieses hier.« Dabei streichelte er den wunden Vogel sehr zärtlich, und sagte ihm zwischendurch einige schmeichelnd beruhigende Worte, worüber er auch Ottos Entschuldigungen überhörte, die freilich nicht auf das beste zusammenhingen, weil der junge Ritter sehr verstört war, sowohl durch des schönen Falken Verletzung, als durch das wunderliche Betragen Tebaldos. Diesen aber hatte der Zwiespalt mit seinem Gefährten und der nicht zu Ende gesprochene Streit nur störriger gemacht; er trat keck vor den fremden Jäger hin, und sagte: »Es hat niemand anders den Vogel geschossen, als ich, und niemand anders hat auch darum Rede zu stehn.« – »Zurück, Tebaldo!« rief Otto. »Du scheinst nicht zu wissen, was du getan hast, den Forstbann eines edlen Herrn verletzend, und obendrein an einem so herrlichen Tiere.« – »O ich weiß, ich weiß schon!« erwiderte der erhitzte Italiener. »Die Fürsten und Ritter haben die Erde sich einander in kleine Stückchen abgeteilt, die ihnen ausschließend gehören, und wo jeder andre Mensch der ihm von Gott verliehenen Rechte über die Tiere des Feldes und über noch manches andre heilige Erbgut verlustig gehn soll. Verlustig gehn soll! sagte ich, ihr stolzen Herrn; versteht mich wohl, nicht eben immer verlustig geht. Denn wo meinesgleichen eintreffen, da hat es mit euern ärmlichen Gesetzlein soviel nicht zu sagen, und was Milano im ganzen tut, vermag jedweder Milaneser im einzelnen auch: die angeborne, rechte Freiheit behaupten, trotz Kaiser und König, trotz Herzog und Graf. Jetzt will ich mir hier noch einige Vögel schießen.« – Und damit machte er seine Armbrust von neuem zurecht. – »Ihr habt da einen sonderbaren Reisigen, Messire«, lächelte der fränkische Herr. Aber Otto, an der Wurzel seines ganzen ritterlichen Lebens verletzt, hatte schon die Armbrust mit unversehrter Stärke aus Tebaldos Hand gerissen, sie im Augenblicke zerbrechend, zertretend und ihre Stücke über die Wiese hin auseinanderstreuend. – »Das heißt ja nun wohl, in lautbare Worte übersetzt, ganz vollkommen: Ade?« fragte Tebaldo erbittert, und als sich der Ritter unwillig von ihm abwandte, ging er finster auf seinen Polacken zu, ihn aufzäumend und sattelnd. Der Streithengst trabte gleichfalls mit lustigem Wiehern heran, aber Tebaldo wehrte ihn ab, sprechend: »Ja, du willst mich wohl noch, aber dein Herr will mich nicht mehr, und so kannst du dich auch deiner Wege scheren.« – Der vielfach beleidigte Otto rief seinem Hengst, rüstete ihn, saß auf, und nahm mit großer Freundlichkeit die Einladung des СКАЧАТЬ