Название: Gesammelte Werke von Friedrich de la Motte Fouqué
Автор: Friedrich de La Motte Fouque
Издательство: Bookwire
Жанр: Языкознание
isbn: 9788027207022
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Alwin trat beschämt zurück. Ich bin noch ein so junger Soldat, sagte er, und Ihr ein so berühmter Feldherr; wie sollt ich Euch Bruder heissen?
Hat Dich der Genius des Krieges begrüßt, mit dem vertraulichen Bruderkuß der Weihe, rief Adalbert, wie sollt' ich zu vornehm sein, Dir ein Gleiches zu thun? Auf Du und Du. Waffenbrüderschaft auf Leben und Tod!
Alwin flog stolz und froh in seinen Arm. Zwei kühne Geister, berührten einander in hochauflodernder Flamme.
Die beiden Freunde gingen zusammen auf's Lager zu. Sie sprachen viel von der Schlacht, vom glücklichen Loos eines Kriegsmannes, von unverbrüchlicher Brudertreue. Du weißt sie zu halten, sagte Adalbert; das sah' ich, als Du Anselmo aus dem Lager führtest. Ich kannt' Euch wohl, und war's, der Euch den Weg zeigte, damit Ihr nicht auf den alten Balderich träft. Weißt Du aber wohl, daß dieser einen neuen Kampf für Dich bereit hält, einen schlimmern, als der mit den katholischen Heerhaufen war? Aline ist bei ihm, und wir sind zu seinem Zelte geladen.
Nein, nein! rief Alwin, und suchte sich von Adalberts Arm loszumachen. Gieb mir ein Roß, und laß mich dem Feinde nach.
Zeig' Dich als Mann, jetzt wie immer, erwiederte Adalbert. Du darfst nicht erröthen, ihr unter die Augen zu treten.
Ich habe sie so gar innig geliebt, seufzte Alwin, und nun ist sie die Frau eines Andern, und nicht meines Freundes!
Die Weiber sind Engel auf dunkeln Wegen, sagte Adalbert, Geleiterinnen aus einer höhern Welt. Du mußt sie nicht nach unserm Maaßstabe messen, wenn Du Dich an ihrem Licht erheben willst, und dennoch bei Sinnen zu bleiben gedenkst. Grüble nicht über die herrliche Erscheinung; nimm sie froh und dankbar auf, spiele freundlich in ihren Strahlen, ohne zu forschen, warum sie eben so hell sind.
Ich habe sie so gar innig geliebt, wiederhohlte Alwin. Das ist mir heute ein seltsamer Tag. Ich träume doch wohl nicht? Wie ist sie denn hierher gekommen?
Auf einem benachbarten Schloß, antwortete Adalbert, wartete sie den Ausgang unsres Kampfes ab. Nun hat sie Thorwald in's Lager geführt, und sie wird die nächsten Tage hindurch unter unserm Schutze mit reisen. Nachher geht sie von uns ab auf die Güter ihres Gemahls. Ruf Deine Kraft empor, Deinen edlen Muth, lieber Bruder; wir stehn vor Baldrichs Gezelt.
Sie traten hinein, alles war zur lustigsten Kriegesfeier bereitet; die leinenen Wände glänzten hell im Schimmer zahlreicher Lichter, Edelknaben trugen gefüllte Becher umher, an einzelnen Tafeln hatte sich zusammengefunden, was sich am besten mit einander zu ergötzen dachte. Durch all' das frohe Gewimmel warf Alwin einen spähenden Blick, und erkannte seine Blume, sein holdes Leben, Alinen; lockender und schöner als je, im reichen Schmuck, in heller Beleuchtung, welche seltsam gegen das eben verlaßne Abenddunkel abstach. Er wollte sich ihr nähern, er wußte sich von ihr bemerkt, denn ein leichtes Roth flog über ihre Wangen hin, und ihr Blick wandte sich wie unwillkürlich zur Seite, – da trat ihm Thorwald in den Weg. Einen Brief von Eurer Braut, sagte er, und übergab ihm das zusammengerollte Blatt. Während Alwin es entfaltete, warf er scheue Blicke auf Alinen. Sie sprach höchst unbefangen mit ihrem Vater, als sei eben gar nichts Bedeutendes vorgefallen. Der Jüngling fand sich dadurch auf's höchste gekränkt. Schnell wandte er sich abwärts, und fiel Thorwald um den Hals. Tausend, tausend Dank! rief er aus, daß Ihr so gute Nachricht von meiner himmlischen Beatrix bringt. Beatrix, meine liebe Braut! Und wieder begann er den Brief zu lesen, und wieder schaut' er drüber hin nach Alinen, aber sie schien ihn keinesweges zu bemerken. Nun dann, rief er, und stampfte auf dem Boden.
Wie wird Euch? fragte Thorwald.
Ach was! sagte Alwin. Es ist eine unbedeutende Zugabe, ein Wermuthstropfen in den Freudenbecher, auf daß man doch immer seiner Menschheit gedenke.
Damit küßte er noch einmal seinen Brief, und wandte sich zur lustigen Gesellschaft, öfters wie achtlos, an Alinen vorüberstreifend.
Indem er um Mitternacht nach seinem Zelte ging, sagte er leise vor sich hin: Weh! Weh uns Allen! Wir sind erbärmliche Schauspieler, und wenn wir meinen, das Beste gethan zu haben, faßt uns der feindselige Geist am kecksten in den Nacken. Ich wollte, daß ich läge, wo Hartwald liegt. Beatrix würde deswegen nicht in's Kloster gehn, und Aline spräche wohl einmal davon, wenn sie grade nichts Bessres zu reden wüßte.
Zehntes Kapitel
Die Heerhaufen zogen ungehindert ihres Weges, mit Gefangnen und eroberten Panieren und Feldschlangen. Alles jubelte und sang, Alinen's Wagen fuhr beständig in der Mitte des Zuges; sie sprach oft und gütig mit den vorbeisprengenden Kriegern, nur Alwin sah sich wie verbannt aus dem Kreise dieser lebenden Strahlen. Er fühlte es wohl, daß er selbst die Veranlassung dazu gegeben hatte, durch sein unartiges Nichtbemerken an jenem ersten Abend, redete sich aber ein: dies sei die rechte, männliche Festigkeit, und er verfahre so, wegen seiner treuen Freundschaft zu Anselmo. In den kleinen Städten, worin sie jetzt mehrentheils Nachtquartier nahmen, feierte Balderich zu Ehren des geliebten Töchterleins an jedem Abend ein Fest, wozu er alle bedeutendere Kriegsleute einlud. Alwin konnte daher nicht ausbleiben, und hätte es eigentlich auch ungern gethan: fand er doch all' seine Lust und all' sein Leid in Alinens himmlischen Augen, und konnte sich mit rechter Wonne in seinen Jammer versenken, wenn er die schöne Frau mit Andern freundlich reden sah, ihre unendliche Lieblichkeit und Grazie in jeder Bewegung, immer zaubrischer das Lächeln des feinen, rosigen Mundes.
So waren mehrere Tage hingegangen; am Abende des letztern, den Aline unter dem Schutze des kleinen Heeres gereist war, hielt Balderich ein vorzüglich glänzendes Abschiedsfest. Die Königinn desselben war schöner als je, Tanz und Freude hatte ihre Reize erhöht, und Alwin bemerkte, daß auch auf ihn ein gütiger Blick gefallen war. Zitternd näherte er sich ihrem Stuhle, und sagte: dürfte ich mir auf ein Paar Worte Gehör erbitten?
Recht gern, lieber Alwin, antwortete sie freundlich. Aber wir haben wohl mehr mit einander zu besprechen, als es der flüchtige Augenblick gestattet, Ihr seltsamer Mensch. Ich werde es zu machen wissen, daß wir bei Tisch nebeneinander sitzen.
Es geschah, wie sie gesagt hatte. Mit einer zierlichen Wendung rief sie Alwin beim Mahle neben sich, seiner Thaten in den vergangnen Treffen gedenkend, und er saß der lieblichen, langersehnten Gestalt zur Seite, in trunknes Anschauen verloren, von süßer Verlegenheit gebunden, während Wein und Speisen im üppigen Gemisch um die Tafel kreisten, und Gäste in vollen Zügen der dargebotnen Lust genossen.
Ich habe mich so lange darnach gesehnt, mit Euch zu reden, fing er endlich leisen Tones an, und nun weiß ich nichts, gar nichts, als daß ich thöricht gewesen bin, und Euch demüthig um Vergebung bitten muß.
Ihr habt mich wohl ganz verkannt? fragte Aline.
Nicht das, erwiederte er, denn von meinen tollen Verstandes-Spekulationen kann gar nicht die Rede sein. Sie waren nur trübe Regenblasen, die den klaren Spiegel meines Innern trübten. Euer Bild leuchtet drin wieder, nah, in voller Herrlichkeit und Gegenwart, da verschwimmt jegliche stöhrende Welle, die ganze Fluth ringt nur, aufzufassen was ihr geboten wird, und freut sich still und klar des Abglanzes ihrer Sonne.
Ihr meint es gewiß so, sagte Aline, denn Ihr seid ein guter, ehrlicher Mensch, aber ich reise Morgen, und die Abwesenheit könnte wieder dunkle Schleier vor das Licht ziehn, welches Ihr jetzt Eure Sonne nennt. Ihr müßt wenigstens etwas von den Gründen meines Betragens hören. Ihr müßt, wiederhohlte sie, als Alwin einen Versuch machen wollte, ihre Rede zu unterbrechen; ich will es so. Und der Jüngling saß lauschend und regungslos neben ihr:
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