Hannes und Greta. Monika Augustin
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Название: Hannes und Greta

Автор: Monika Augustin

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия: Legends Remastered

isbn: 9783740964528

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СКАЧАТЬ blieb es nicht bei der einen Partie. Greta gewann und Hannes verlangte Revanche. Er mochte das Spiel, auch wenn er längst nicht so gut darin war wie Greta, seine Züge vorauszuplanen und die Labyrinthplättchen so zu verschieben, dass er sein jeweiliges Ziel möglichst schnell erreichen konnte. Das zweite Spiel gewann ihre Mutter.

      Es war eine fröhliche kleine Runde, die da am Tisch saß, aber Greta fiel auf, dass ihre Mutter immer häufiger zu der großen Wanduhr aufsah. War das wegen der Hausaufgaben? Schließlich bemerkte ihre Mutter, dass Greta ihre häufigen Blicke zur Uhr nicht entgingen, und lächelte sie an.

      „Wegen Papa. Das Meeting mit dem Kunden ist schon lang vorbei. Er sollte eigentlich schon hier sein.“

      Meeting. Greta war erst acht, aber sie wusste schon, dass bei einem Meeting wichtige Menschen zusammenkamen, die wichtige Dinge besprachen. Immer, wenn Papa ein Telefonmeeting hatte, war es bei Höchststrafe verboten, sein Büro unter dem Dach zu betreten. Diesmal war das Meeting sogar so wichtig, dass er dafür seinen besten Anzug angezogen hatte und irgendwohin gefahren war. Er hatte eine große Mappe und einen Stapel bunter Pappen dabei gehabt, als er heute in aller Frühe das Haus verlassen hatte, um nur ja nicht zu spät zu kommen.

      Mutters Erklärung schien eine Art Beschwörungsformel gewesen zu sein, denn nur wenige Augenblicke später hörten sie, wie jemand die Tür aufschloss. Ihre Mutter stand auf, die Anspannung war ihr deutlich ins Gesicht geschrieben. Im Windfang klapperten Kleiderbügel und wurden Schuhe in das Schuhregal gestellt.

      Dann trat ihr Vater ein, in Anzughose und Hemd, auf Strümpfen. Wie immer sah er großartig aus. Er hielt die Hände hinter dem Rücken. Sein Gesicht war ausdruckslos.

      „Und?“, fragte ihre Mutter beklommen. „Wie ist es gelaufen?“ Ein paar Sekunden Stille. Dann holte er tief Luft und sein ganzes Gesicht glühte auf, als sich ein breites Lächeln auf seinem Gesicht ausbreitete.

      „Die Entwürfe haben ihnen gefallen“, sagte er und holte die Hände hinter dem Rücken vor. In einer hielt er eine grüne Flasche mit goldenem Etikett. „Ich hab den Auftrag.“

      „Du … du hast ihn?“ Ihre Mutter wirkte erst schockiert, dann begeistert. Sie umarmte ihn. „Du hast ihn! Herzlichen Glückwunsch!“

      „Es lief super. Das Konzept kam super an. Ich kam super an“, erzählte er lachend. „Sie wollen für die neuen Büros was Neues, was Modernes, und ich hab ins Schwarze getroffen.“ Er hob die Hand und zeichnete mit Daumen und Zeigefinger ein unsichtbares Banner in die Luft und sagte dazu: „Erfolgsfaktor Flexibilität. Die Einrichtung passt sich der Arbeit an, und nicht andersrum.“

      Ihre Mutter griff nach der Flasche. „Gib her, die machen wir sofort auf! Warte mal … ist das Champagner?“

      „Sekt war nicht genug.“ Er grinste. „Erst die neuen Büros. Aber sie denken schon darüber nach, das Konzept auch auf die alten Standorte auszuweiten. Ich würde die dann alle umbauen.“

      „Das … das klingt riesig.“

      „Ist es auch! Vielleicht muss ich bald einen Mitarbeiter einstellen. Vielleicht brauch ich ein richtiges Büro!“ Er lachte, als er ihr Gesicht sah. „Eins nach dem anderen. Das sagst du immer. Und deine Ratschläge sind immer gut.“ Seine Stimme wurde leiser, weicher. „Sie haben mich genau hier hin gebracht.“

      Ihre Mutter strahlte. Hannes – in Sicherheit außerhalb des Sichtfelds ihrer Eltern – verdrehte die Augen und deutete an, sich übergeben zu müssen. Greta grinste. Aber dann sah sie wieder zu ihren Eltern. Die Art, wie die beiden sich ansahen, sorgte dafür, dass es in ihrem Bauch ganz warm wurde. Sie war glücklich.

      Liebevoll sah ihr Vater auf ihre Mutter hinunter. „Vielleicht ziehen wir dann nochmal um. Ins Haus deiner Träume.“

      „Wir leben bereits im Haus meiner Träume. Wir haben es zusammen gebaut“, entgegnete sie. „Aber vielleicht können wir Urlaub machen. So richtig.“

      „Ja, Urlaub!“, schrie Hannes, sprang zu ihren Eltern und bewies einmal mehr, dass ihm jedes Feingefühl fehlte. „Am Meer! Speedboat fahren!“

      Greta sprang auch auf, da sie das Gefühl hatte, dass ihre Wünsche rechtzeitig auf den Tisch mussten, um nicht unterzugehen. „Mit Delfinen!“

      „Speedboat fahren mit Delfinen?“, überlegte ihr Vater stirnrunzelnd. „Können die das überhaupt?“

      „Mann, Papa!“, beschwerte sich Greta, als ihr Vater und Hannes in schallendes Gelächter ausbrachen.

      Ihre Mutter strich ihr beruhigend über das Haar. „Die machen nur Spaß, Spatz. Komm mit, wir holen Gläser. Aber zuerst reserviere ich noch schnell für heute Abend einen Tisch beim Italiener. Bring mir mal bitte das Telefon in die Küche.“

      „Spaghetti!“, riefen Hannes und Greta wie aus einem Mund. Greta lief zum Festnetztelefon im Flur. Die Taste mit dem Briefumschlag blinkte unablässig. „Eine Nachricht ist auf dem AB“, verkündete Greta daher in der Küche, als sie ihrer Mutter das Telefon reichte.

      „Da hat wohl jemand angerufen, während wir gespielt haben.“ Ihre Mutter drückte Greta ein Tablett mit vier Sektgläsern in die Hand, zwei davon waren bereits mit Orangensaft gefüllt. Dann drückte sie ein paar Tasten auf dem Telefon. „Oh. Doktor Schultz.“ Als sie einen weiteren Knopf drückte, sprang der Anrufbeantworter an. Die Stimme ihres Hausarztes erklang, gemessen, ernst. „Frau Holtzknecht, hier ist Doktor Schultz. Die Ergebnisse sind da. Bitte vereinbaren Sie einen Termin. Wir müssen sprechen.“

      Greta konzentrierte sich voll darauf, die Gläser heil an den Esstisch zu bringen. So sah sie nicht, wie ihre Mutter das Telefon langsam sinken ließ, während das Lächeln aus ihrem Gesicht verschwand und Angst und Sorge seinen Platz einnahmen.

      Gretas Wecker, den sie sich auf die verabredete Zeit gestellt hatte, begann, leise zu piepen und holte sie zurück ins Jetzt. Sie erhob sich, packte ihre Tasche und ging durch das Zimmer. Behutsam drückte sie die Klinke herunter und schob die Tür auf. Sie lauschte. Es war nichts zu hören. Im Flur war es dunkel, vom Wohnbereich strahlte kein Licht die Treppe herauf. Das Fenster am Ende des Flurs ließ das Mondlicht ein. Nachdem sie eine ganze Zeit lang im Dunkeln gesessen hatte, hatten sich ihre Augen gut an das Dämmerlicht gewöhnt.

      Hannes’ Tür öffnete sich und sein blasses Gesicht erschien im Spalt zwischen Türblatt und Rahmen. Er verharrte kurz, um zu horchen, dann winkte er ihr. Sie schlich über den Flur, das Herz klopfte ihr bis zum Hals. In ihren Ohren dröhnte ein Rauschen. Erleichterung durchströmte sie, als Hannes die Tür hinter ihr zuschob.

      Hannes schloss die Tür so leise wie möglich und lehnte sich dann dagegen. Um seinen Hals hing ein Brustbeutel. Greta dachte kurz daran, wie sehr er es verabscheut hatte, wenn ihre Mutter sie gezwungen hatte, so einen auf Klassenfahrten zu tragen.

      „Dein Geld. Gib es mir“, flüsterte er.

      Gretas Hände zitterten, als sie in ihrer Hosentasche nach den Scheinen wühlte. Sie reichte ihm das zerknüllte Bündel. Er glättete die Scheine notdürftig und steckte sie in seinen Brustbeutel, den er dann unter seinem T-Shirt verschwinden ließ.

      „Gut. Ich war vorhin kurz im Büro oben. Hab unsere Ausweise gefunden. Und die Versichertenkarten. Hab auch die Schülerausweise. Vielleicht wollen wir ja mal günstiger ins Kino.“ Er lachte, aber es klang künstlich. „Alles hier drin.“ Er klopfte sich auf die Brust.

      „Ok. Ich mein, gut. Gut gedacht.“ Greta hatte das Gefühl, neben sich zu stehen СКАЧАТЬ