Hannes und Greta. Monika Augustin
Чтение книги онлайн.

Читать онлайн книгу Hannes und Greta - Monika Augustin страница 4

Название: Hannes und Greta

Автор: Monika Augustin

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия: Legends Remastered

isbn: 9783740964528

isbn:

СКАЧАТЬ denke oft daran. Ich könnte mir eine Ausbildung oder Lehre suchen. Und ausziehen.“

      Gretas Gedanken rasten. „Aber Papa …“

      „Ich hab gegoogelt. Weil ich noch nicht volljährig bin, muss er zustimmen.“ Hannes lachte tonlos auf. „Aber was sollte er dagegen haben?“

      „Und … und was ist mit mir?“, Greta fühlte, wie Angst in ihr aufstieg.

      „Du unterbrichst mich ja ständig. Ich hab nicht gesagt, dass ich wirklich weggehe. Nur, dass ich oft daran denke. Und keine Sorge“, er richtete sich auf die Ellenbogen auf, wie um die Ernsthaftigkeit seiner Worte zu unterstreichen. „Ich würde dich nicht allein lassen.“

      „Versprich es.“

      „Ich verspreche es.“

      Später atmete Hannes schon eine Weile langsam und regelmäßig, da lag Greta immer noch wach und starrte in die Dunkelheit. Alle Müdigkeit war wie weggeblasen. Sie hatte noch nie darüber nachgedacht, ob sie von zuhause fortwollte. Der Gedanke ängstigte sie. Wer konnte wissen, ob das Neue besser war als das Alte? Und hier, zuhause, gab es Dinge, die ihre Mutter besessen, berührt, geschaffen, geliebt hatte. Jeder Raum barg Dutzende von Geschichten. Wenn sie fortging, so fürchtete sie, würden ihre Erinnerungen an diese Geschichten verblassen, bis sie sich ganz auflösten.

      Sie schloss die Augen. Sie konnten das schaffen. Sie hatten doch immer noch einander. Es war eine schwere Zeit, aber Mamas Tod war bald zwei Jahre her und wurde es nicht schon langsam besser? Sie hoffte inständig, dass sie dem Ende des dunklen Tunnels näherkamen, und nahm sich vor, alles dafür zu tun, dass Papa, Hannes und sie es hindurch schafften, ohne einander zu verlieren.

      *

      Die nächsten Tage vergingen ohne Zwischenfälle. Greta fühlte sich energiegeladen und planvoll. Sie war rund um die Uhr beschäftigt. Vor der Schule machte sie Frühstück für sie drei, meistens Cornflakes, dazu schwarzen Kaffee für Papa, Milchkaffee für Hannes und Erdbeermilch für sich selbst. Nach der Schule räumte sie auf, sorgte für Ordnung in der Küche, machte ihre Hausaufgaben, ging einkaufen. Später kümmerte sie sich um das Abendessen, meistens machte sie Nudeln oder Reis mit verschiedenen Soßen aus dem Glas. Ihr Vater schien sich zu freuen, denn er lächelte stets und lobte das Essen. Da Vater und Hannes sich ziemlich wortkarg gaben, sorgte sie dafür, dass das Tischgespräch am Laufen blieb. Sie plauderte über die Schule, über die Fernsehserien, die sie mochte, über die Nachbarn, die sich wegen der Mülltonnen stritten.

      Am Freitag sah sie den Kühlschrank und die Vorratsschränke durch und schrieb eine Einkaufsliste. Sie hatte vor, mit dem Fahrrad zum nahen Supermarkt zu fahren und für die nächste Woche einzukaufen. Das Geld dafür wollte sie aus der Keksdose nehmen, die immer etwas Haushaltsgeld enthielt. Doch als sie die Dose öffnete, war nichts darin außer einigen wenigen Centmünzen.

      Sie runzelte die Stirn. Vor ein paar Tagen waren noch fast fünfzig Euro in der Dose gewesen. Sie selbst hatte Wechselgeld hinein getan, als sie vom Bäcker zurückgekehrt war, und dabei die Summe grob überschlagen. Langsam setzte sie den Deckel wieder auf die Dose und stellte sie zurück ins Regal. Bestimmt würde ihr Vater die Dose bald wieder auffüllen.

      Am Montag war ihre Einkaufsliste um ein paar Zeilen länger, aber die Keksdose enthielt weiterhin nur Centstücke. Am Mittwoch waren sogar die Centmünzen verschwunden.

      Zur Abendessenszeit am Freitag stellte sie eine Schüssel Reis auf den Tisch. Ihr eigener Herzschlag dröhnte laut in ihren Ohren, als sie sich auf ihren Platz setzte.

      „Was gibt’s dazu?“, fragte Hannes prompt, nachdem er sich lässig auf seinen Stuhl hatte fallen lassen.

      „Nichts“, sagte Greta leise.

      „Wie, nichts?“, wiederholte Hannes verständnislos.

      „Es ist nichts mehr da“, sagte sie tapfer. „Und ich hatte kein Geld zum Einkaufen.“

      „Er tut doch immer was in die Keksdose“, meinte Hannes und zeigte mit einer Daumenbewegung auf ihren Vater.

      „Die ist leer.“ Und dann, bevor sie sich aufhalten konnte: „Schon seit Tagen.“

      „Wie kann die leer sein? Als ich letzte Woche Sprudel kaufen war, waren da noch mindestens zwei Zwanziger drin.“

      „Fünfzig Euro“, bestätigte Greta leise. Sie wagte es nicht, ihren Vater anzusehen. Sie spürte ihn dennoch da sitzen, am Kopfende des Tisches, die Hände gefaltet, das Kinn darauf gestützt. Und sie spürte die Spannung, die sich aufbaute, wie eine schwarze Gewitterwolke, lautlos und unheilschwanger.

      „Okay, das ist doch ganz einfach“, sagte Hannes und wandte sich seinem Vater zu. „Du gibst uns was. Dann können Greta und ich morgen einkaufen gehen.“

      Einige Sekunden verstrichen in totaler Stille. Dann sagte ihr Vater: „Das wird warten müssen bis zum Dreißigsten.“

      Greta begriff nicht, aber Hannes schaltete erstaunlich schnell. „Da kommt das Geld vom Amt.“ Er machte eine Pause und sein Gesichtsausdruck verhärtete sich. „Soll das heißen, dass wir bis dahin kein Geld mehr haben? Nichts mehr?“

      Statt einer Antwort presste ihr Vater nur die Lippen zusammen.

      Hannes’ Hand, die neben seiner Reisschüssel auf dem Tisch lag, krampfte sich zusammen. „Dir ist bewusst, dass wir Mitte des Monats haben, oder?“

      „Heute ist der Siebzehnte.“

      „Oh ja, na dann, dann ist das ja gar nicht die Mitte.“ Hannes’ Ton war schneidend. „Verzeih meine Übertreibung.“

      „Ist gut jetzt, Hannes“, sagte ihr Vater, sehr leise. Greta konnte den Ton seiner Stimme nicht deuten.

      Hannes rührte mit dem Löffel in seinem Reis herum, Metall schlug gegen Porzellan. Schließlich fragte er, wobei Greta ihm deutlich anmerkte, dass er seine Stimme zwang, ruhig zu klingen: „Wo sind die fünfzig Euro hin, die da drin waren?“

      Ihr Vater legte die Handflächen auf den Tisch. „Das geht dich überhaupt nichts an.“

      Hannes’ sprang auf und stieß seinen Stuhl um, dessen metallener Rahmen mit lautem Scheppern auf den Fliesen aufschlug. Greta zuckte so heftig zusammen, dass Reis in hohem Bogen von ihrem Löffel flog.

      „Es geht mich nichts an?!“, Hannes brüllte vor Zorn. „Es geht mich nichts an?! Und was sollen wir bis zum Monatsende fressen?!“

      Auch ihr Vater sprang auf. „So nicht!“, schrie er.

      „Du kannst mich mal!“ Hannes war außer sich, er zitterte am ganzen Körper, als wäre er voller Energie, die nicht wusste, wohin sie sich entladen sollte. „Wie tief sollen wir noch sinken? Hm? Sag schon! Kein Geld, um essen zu kaufen?! Was kriegst du eigentlich auf die Reihe?“

      „Du hast keine Ahnung!“ Das Gesicht ihres Vaters war verzerrt vor Wut. „Du hast keine Ahnung, wie es ist!“

      „Was denn? Was? Sich zuhause den Arsch plattsitzen? Uns die Hausarbeit machen zu lassen? Stütze kassieren fürs Nichtstun?“

      „Ich tu, was ich kann“, knirschte ihr Vater. „Alleinerziehende Väter stehen nicht unbedingt ganz oben auf der Kandidatenliste.“

      „Ach СКАЧАТЬ