Ekkehard. Joseph Victor von Scheffel
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Название: Ekkehard

Автор: Joseph Victor von Scheffel

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия:

isbn: 9783966510820

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СКАЧАТЬ sei alles nichts auf der Welt, solang nicht dem heiligen Martinus die Ehre erwiesen werde, die seinem Verdienst gebühre.

      Wie sie aber zurückkehrte in die Heimat, verschrieb sie ihr Hab und Gut der Bischofskirche zu Konstanz mit dem Bedingnis, dass die geistlichen Herren jeweils am elften jedes Herbstmonats dem heiligen Martin ein besonder Fest halten sollten; sie selber trat in ein eng Häuslein, wo die Klausnerin Zilia sich sesshaft gemacht, und führte ein klösterlich Leben. Und wie es ihr dort nimmer zuträglich war, verzog sie sich ins Tal des heiligen Gallus; der Bischof selbst gab ihr das Geleit und tat ihr den schwarzen Schleier um und führte sie an der Hand in die Zelle am Irenhügel und sprach den Segen darüber; mit der Mauerkelle tat er den ersten Schlag auf die Steine, mit denen der Eingang vermauert ward, und drückte viermal sein Siegel auf das Blei, damit sie die Fugen löteten, und schied sie von der Welt, und die Mönche sangen dazu, als würd' einer begraben, dumpf und traurig.

      Die Leute ringsum aber hielten die Klausnerin hoch in Ehren; sie sei eine hartgeschmiedete Meisterin.sagten sie, und an manchem Sonntag stund Haupt an Haupt auf dem Wiesenplan, und Wiborad stund an ihrem Fensterlein und predigte ihnen, und andere Frauen siedelten sich in die Nähe und suchten bei ihr Anleitung zur Tugend.

      Wir sind an Ort und Stelle, sprach Romeias. Da blickte Praxedis mit ihren Begleiterinnen um. Kein menschliches Wesen war zu sehen; verspätete Schmetterlinge und Käfer summten im Sonnenschein, und die Grille zirpte flügelwetzend im Gras. An Wiborads Zelle war der Fensterladen angelehnt, so dass nur ein schmaler Streif Sonnenlicht hineinfallen konnte. Dumpfes, langsam und halb durch die Nase gesungenes Psalmodieren tönte durch die Einsamkeit.

      Romeias klopfte mit seinem Jagdspieß an den Fensterladen, der blieb, wie er war, angelehnt; das Psalmodieren tönte fort. Da sprach der Wächter: Wir müssen sie anderweitig herausklopfen!

      Romeias war ein Mann von ungeschliffener Lebensart, sonst hätte er nicht getan, was er jetzt tat.

      Er begann ein Lied zu singen, womit er oftmals die Klosterschüler ergötzte, wenn sie in seine Turmstube entwischten, ihn am Bart zu zupfen und mit dem großen Wächterhorn zu spielen. Es war eine jener Kantilenen, wie deren, seit dass es eine deutsche Zunge gibt, auf freier Heerstraße, an Wegscheiden und Waldecken und draus auf weiter Halde schon manches gute Tausend in den Wind gesungen und wieder verweht worden, und lautete also:

      Ich weiß einen Stamm im Eichenschlag,

      Der steht im grünsten Laube,

      Dort lockt und lacht den ganzen Tag

      Eine schöne wilde Taube.

      Ich weiß einen Fels, draus schillt und schallt

      Nur Krächzen und Geheule,

      Dort haust fahlgrau und missgestalt

      Eine heisre Schleiereule.

      Des Jägers Horn bringt süßen Klang,

      Des Jägers Pfeil Verderben:

      Die Taube grüß ich mit Gesang,

      Die Eul' muss mir ersterben!

      Romeias' Lied hatte ungefähr die Wirkung, als wenn er einen Feldstein in Wiborads Laden geworfen. Alsbald erschien eine Gestalt an der viereckigen Fensteröffnung, auf hagerem Halse hob sich ein blasses, vergilbtes Frauenantlitz, in dem der Mund eine feindselige Richtung aufwärts gegen die Nase genommen; von dunklem Schleier vermummt, beugte sie sich weit aus dem Fensterlein, die Augen glänzten unheimlich. Schon wieder, Satanas? rief sie.

      Da trat Romeias vor und sprach mit gemütlichem Ausdruck: Der böse Feind weiß keine so schönen Lieder wie Romeias, der Klosterwächter. Beruhigt Euch, Schwester Wiborad, ich bring ein paar feine Jungfräulein, die Herren im Kloster lassen sie Euch zu annehmlicher Unterhaltung empfohlen sein.

      Hebt euch weg, ihr Truggestalten! rief die Klausnerin. Wir kennen die Schlingen, die der Versucher legt. Weichet, weichet!

      Praxedis aber näherte sich der Zelle und neigte sich sittig vor der dürren Bewohnerin: sie komme nicht aus der Hölle, sondern vom hohen Twiel herüber, setzte sie ihr auseinander. Ein wenig falsch konnte das Griechenkind auch sein, denn wiewohl ihre Kenntnis von der Klause im Schwarzatal sich erst von heute herschrieb, fügte sie doch bei, sie hätte von dem auferbaulichen Wandel der Schwester Wiborad schon so viel vernommen, dass sie die erste Gelegenheit genutzt, bei ihr anzusprechen.

      Da schien es, als wollten sich einige Runzeln auf Wiborads Stirn glätten. Reich mir die Hand, Fremde! sprach sie und reckte ihren Arm zum Fensterlein hinaus. Die Kutte streifte sich ein weniges zurück, da war er in seiner ganzen fleischlosen Magerkeit dem Sonnenschein ausgesetzt.

      Praxedis reichte ihr die Rechte. Wie der junge, lebenswarme Pulsschlag der weißen Hand an der Klausnerin dürre Finger anschlug, war sie langsam von der Griechin Menschlichkeit überzeugt.

      Romeias merkte die Wendung zum Besseren, er wälzte etliche Felsstücke unter das Fenster der Zelle. In zwei Stunden hol' ich euch wieder ab; behüt' Gott, ihr Jungfräulein! sprach er. Und erschreckt nicht, wenn sie in Verzückung kommt, flüsterte er der Griechin zu.

      Hiermit pfiff Romeias seinen Hunden und schritt ins Waldesdickicht. Er legte auch etwa dreißig Schritte ohne Hindernis zurück, aber dann drehte er sein struppig Haupt und wandte den ganzen Menschen um; auf den Spieß gestemmt, schaute er unverrückt nach dem Platz vor der Klause, als hätt' er etwas verloren. Hatte aber nichts zurückgelassen.

      Praxedis lächelte und warf dem gröbsten aller Wächter eine Kusshand zu. Da machte Romeias kehrt, wollte seinen Spieß schultern, ließ ihn fallen, hob ihn auf, stolperte, erholte sich wieder und verschwand in gutem Trab jenseits der moosverwachsenen Stämme.

      O Kind der Welt, das in Finsternis wandelt, schalt die Klausnerin herab, was soll die Bewegung deiner Hand?

      Ein Scherz... sprach Praxedis unbefangen.

      Eine Sünde! rief Wiborad mit rauher Stimme. Praxedis erschrak.

      O Teufelswerk und Verblendung! fuhr jene predigend fort. Da lasset Ihr Eure Augen listig herumstreifen, bis sie dem Manne als wie ein Blitz ins Herz fahren, und werft ihm eine Kusshand zu, als wenn das nichts wäre. Ist das nichts, wenn einer rückwärts schaut, der vorwärts schauen sollte? Wer die Hand an den Pflug zu legen hat und siehet zurück, der ist nicht geschickt zum Reiche Gottes! Ein Scherz?! O reichet mir Ysop, Euch zu entsündigen, und Schnee, Euch rein zu waschen.

      Daran hab' ich nicht gedacht, sprach Praxedis errötend.

      Ihr denkt noch an vieles nicht, sprach Wiborad. Sie schaute Praxedis mit einem musternden Blick von oben bis unten an. Ihr denkt auch nicht, dass Ihr heut ein grüngelb Gewand traget, und dass solch herausfordernde Farbe weltabgewandten Augen ein Greuel ist, und dass Ihr den Gürtel so lose und nachlässig darum geschlungen habet, als wäret Ihr eine landfahrende Tänzerin. Wachet und betet!

      Die Klausnerin verschwand eine Weile, dann kehrte sie zurück und reichte einen grobgedrehten Strick heraus. Du dauerst mich, arme Lachtaube, sprach sie. Reiss ab die seidegestickte Umwindung und empfah' hier den Gürtel der Entsagung aus Wiborads Händen; der soll dir eine Mahnung sein, dass du unnützem Schwatzen und Tun den Abschied gebest. Kommt aber wieder eine Versuchung eitlen Herzens über dich, Wächtern Kusshände zuzuwerfen, so wende dein Haupt gen Sonnenaufgang und singe den Psalm: Herr, zu meinem Beistand eile herbei! – und will auch dann der Friede nicht bei dir einkehren, so brenn ein Wachslicht an und halt den Zeigefinger СКАЧАТЬ