Ein einziger Tag. Kjersti Scheen
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Название: Ein einziger Tag

Автор: Kjersti Scheen

Издательство: Bookwire

Жанр: Книги для детей: прочее

Серия:

isbn: 9788711468210

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СКАЧАТЬ gelegt, aber die Frau lächelte, als ob sie es völlig in Ordnung fände, dass ihr gerade jemand die Kehle durchschneiden wollte.

      »Guck mal, was der für Bücher liest!«

      Das muss Fredrik gerade sagen, dachte Martin. Was hat er denn erwartet? Dostojewski? Fredrik las auch ausschließlich Comics.

      Aber Martin sagte nichts. Zuckte nur mit den Schultern. Sicherheitshalber.

      Vibeke steckte den Kopf zur Terrassentür herein. »Gibt’s bald was zu essen, oder was treiben die da drinnen?«

      Fredrik drehte sich ruckartig zu ihr um.

      »Guck nicht so«, sagte sie. »Ich mach doch nur Spaß.«

      Aus der Küche drangen jetzt leise Geräusche zu ihnen heraus, die nach Essensvorbereitung klangen. Schubladen, die aufgezogen und wieder zugeschoben wurden, scheppernde Schranktüren, Wasser, das in einen Kessel lief. Martin merkte, dass er Hunger hatte. Großen Hunger.

      Jetzt brutzelte es dort drinnen und gleich darauf zog der verführerische Duft gebratenen Specks durch den Raum bis auf die Terrasse hinaus.

      »Mann«, sagte Nils laut. »Ich hab vielleicht einen Kohldampf!«

      Sie waren mit dem Essen fertig. Martin hatte die erste Scheibe Brot gierig heruntergeschlungen, als plötzlich nichts mehr ging. Die Übelkeit vom Morgen war mit einem Schlag wieder da. Er starrte auf seinen Teller, auf dem das flüssige Eigelb sich mit den Schinkenstreifen vermischte. Vielleicht hatte er ja doch eine Gehirnerschütterung. Er schob die Gabel über den Teller und tat so, als ob er genauso eifrig wie die anderen mit dem Essen beschäftigt wäre. Er wollte sich ihre blöden Kommentare ersparen.

      Obwohl es wahrscheinlich sowieso niemanden interessierte.

      Bille und Nils schmatzten, Vibeke schmierte Butter auf ihre Brotscheibe, Fredrik hatte das halbe Ei auf die Gabel gespießt und war gerade dabei, es in den Mund zu schieben, wobei er den Gastgeber nicht aus den Augen ließ. Der hatte die Ellbogen auf den Tisch gestützt und sah Susanne an. Ungeniert. Was Vibeke sehr wohl registrierte, genau wie Fredrik. Susanne saß mit roten Wangen am Tisch und schnitt ihr Ei in kleine Stückchen, bevor sie etwas davon aß. Susanne.

      In gewisser Weise hatte Martin vor Susanne fast genauso viel Angst wie vor Fredrik. Sie war zwar nicht so schlagfertig wie Vibeke, aber irgendwie gefährlicher. Tief in ihr drin brannte ein Feuer, an dem man sich gewaltig die Finger verbrennen konnte, wenn man nicht aufpasste. Erst lockte sie einen und dann schlug sie zu. Nicht physisch, aber so war es fast noch schlimmer. Früher war Martin ihr so weit wie möglich aus dem Weg gegangen.

      Sie war mitten in der Achten in die Klasse gekommen. Sie sprach Dialekt, womit man an der Schule in Åsen gleich unten durch war. Aber komischerweise hatte sich niemand deswegen über sie lustig gemacht. Nicht einmal Fredrik. Manchmal kam es Martin fast so vor, als ob Fredrik sich von ihr verunsichert fühlte.

      Jetzt saß sie da, Schweißperlen auf der Oberlippe, das weißblonde Haar über den sonnenverbrannten Wangen, und verdrehte einem alten Knacker mit selbst gedrehten Zigaretten und breiten Schultern den Kopf.

      Es war zum Lachen.

      Aber Martin konnte nicht sehen, dass einer von ihnen lachte. Ihm selbst war auch eher zum Heulen zu Mute. Er schluckte. Er war ziemlich sicher, dass er Fredriks Blick richtig deutete: Fredrik war eifersüchtig. Verdammt eifersüchtig. Zuerst hatte er sich mit der Motorpanne zum Idioten gemacht, und nun saß auch noch Susanne da, streckte ihre Brüste vor und hatte dieses klitzekleine Lächeln in den strahlend blauen Augen. Wahrscheinlich war sie sich nur allzu bewusst, was sich da anbahnte. Sie streckte sich nach dem Brotkorb aus, sodass ihre Haare Sigges Arm streiften, sie leckte die Finger ab und fuhr sich mit der rosa Zungenspitze über die Lippen. Und als Sigge seinen braun gebrannten Arm auf ihrer Rückenlehne ablegte, lehnte sie sich zurück. Martin spürte ein Ziehen im Zwerchfell und konnte sich lebhaft vorstellen, was Sigge jetzt fühlte: Susannes weiches Haar und darunter ihre sonnenheiße Haut.

      Martin war das letzte bisschen Appetit vergangen. Er legte die Gabel beiseite.

      Fredrik sah auf seine Armbanduhr.

      »Scheiße, und wir hocken hier am Arsch der Welt! Du hast nicht zufällig ein Auto?«

      »Doch«, sagte Sigge und drückte die selbst gedrehte Zigarette in einem randvollen Aschenbecher aus. »Aber das leihe ich dir sicher nicht, Bürschchen.«

      Bürschchen.

      Als ob Fredrik ein Hosenscheißer wäre. Was er unbestritten war. Auf alle Fälle würde es noch ein paar Jährchen dauern, bis er seinen Lappen in der Tasche hatte.

      Fredrik räusperte sich.

      »Könntest du uns nicht vielleicht fahren?«

      »Ganz sicher nicht«, sagte Sigge. »Bei der Hitze. Nein, ihr müsst schon den Bus nehmen. Ihr könnt aber auch gern hier bleiben und heute Abend den Bus nehmen. Bis dahin steht die Sonne auch etwas tiefer und es ist nicht mehr ganz so warm. Wir können ja auf den Steg umziehen, um zu schwimmen, und dort unseren Nachtisch essen. Ich hab Eis im Kühlfach.«

      Vibeke und Susanne sahen sich an. »Die bringen mich um«, sagte Vibeke. »Meine Alten.«

      »Wir können doch noch mal anrufen«, meinte Susanne.

      »Und sagen, dass vor heute Abend kein Bus fährt. Dass wir falsch geguckt hätten.«

      »Ich weiß nicht«, sagte Vibeke gedehnt und suchte Fredriks Blick.

      »Nix da«, sagte Fredrik. »Und was soll mit dem Boot passieren?«

      »Da wird wohl morgen jemand vorbeikommen müssen um es abzuschleppen«, sagte Sigge. »Keine Bange, das liegt hier sicher.«

      Fredrik sah aus, als ob er nachdachte.

      Nein!, schrie es in Martin. Nein!

      Es wurde gefährlich, die Sache geriet aus dem Ruder. Der gestrige Abend war noch nicht ausgestanden und jetzt war noch etwas Neues hinzugekommen.

      Er hatte den Gedanken noch nicht zu Ende gedacht, als Susanne plötzlich aufstand und sagte: »Okay, ich rufe an. Wir bleiben.«

      Fredrik streckte den Arm nach der Butter aus und stieß dabei gegen Martins Teller, sodass der ganze Mist auf Martins Beinen landete.

      »Oje«, sagte Fredrik knapp.

      Martin sah an sich runter. Das Eigelb lief langsam über seine braun gebrannten Oberschenkel. Er hob den Kopf und begegnete Fredriks Blick. Schwarz und hasserfüllt. Fredrik fühlte sich ausgebootet und musste seinen Frust an irgendjemandem auslassen.

      Sie riefen wieder der Reihe nach an. Als Martin dran war, war nur Hanne im Haus. Seine Eltern waren im Garten.

      »Ich komme mit dem Abendbus. Vorher fährt keiner. Wir sind so lange bei einem Typen, der uns was zu essen gemacht hat. Sag ihnen das. Tschüss!«

      Er ging langsam zurück ins Wohnzimmer.

      Sigge hatte eine Packung Erdbeereis aus dem Eisfach geholt und suchte nach Teelöffeln. Susanne spülte die Teller unterm Wasserhahn ab. Sie wischte die Hände an ihrer Shorts trocken und warf das Haar über die Schulter. Nahm die Plastiktüte СКАЧАТЬ