Columbans Revolution. Peter R. Müller
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Название: Columbans Revolution

Автор: Peter R. Müller

Издательство: Bookwire

Жанр: Документальная литература

Серия: Edition IGW

isbn: 9783862567294

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СКАЧАТЬ Hunger eine ständige Bedrohung. Um überleben zu können, war der Einzelne auf die Unterstützung der Gruppe angewiesen, und nicht selten überfiel ein Stamm den anderen in einem der berüchtigten Rinderraubzüge. Seit dem siebten Jahrhundert unterwarfen einzelne Könige andere, um sie tributpflichtig zu machen. Eine die ganze Insel überspannende Herrschaft gab es allerdings nie.

      Eine Stammeskultur funktioniert nach ganz anderen Prinzipien als unsere moderne pluralistische Gesellschaft. Die Sicherheit kommt aus der Gemeinschaft, die den Einzelnen unterstützt, etwa bei Krankheit oder dem Aufbringen des Brautpreises. Umgekehrt stellt die Gruppe Forderungen an den Einzelnen (Hiebert 1992:C29). Entscheidungen werden als Gruppe getroffen und Verwandtschaft ist die Basis für soziale Beziehungen. Die Ordnung baut dabei nicht auf Gesetzen auf, sondern auf der gegenseitigen Verantwortung und Haftung von Mitgliedern einer Gruppe, die auch von außen als Gruppe gesehen wird (Aschoff 2006:45).

      Die Iren lebten in einer solchen Stammeskultur, bevor das Evangelium sie erreichte, und auch viele Jahrhunderte danach. Der Gemeinschaftsgedanke war ihnen so tief verwurzelt, dass auch Mönche und Nonnen entgegen der formellen Rhetorik des „Vater und Mutter verlassen um Christi Willen“ und des Ideals der Abgeschiedenheit faktisch fast ausnahmslos in starken Netzwerken über die Klostermauern hinaus eingebunden waren (Bitel 1990:89). Anders ließen sich auch die Gefahren des Lebens nicht meistern. Jedes Kloster errichtete um sich herum ein Netzwerk zum Schutz und zur Versorgung.

      Zölibatäres Leben als (offizielle) Voraussetzung für ein Mönchsdasein setzte sich erst im elften Jahrhundert allmählich durch (Bitel 1990:236). Mönche hatten Familien, Ämter wurden mit Verwandten besetzt (Bitel 1990:105). Die Gründerfamilien, die oft aus dem irischen Adel stammten, besaßen ein Quasi-Erbrecht auf die Besetzung geistlicher Ämter (Angenendt 1990:205). Das Kloster war also „Klan“, gleichzeitig aber auch – wie jeder Klan – in ein enges Netzwerk mit anderen Klans eingebunden. Diese Verbindungen konnten durch Verwandtschaft begründet sein oder durch politisches Taktieren. Wie fest diese Netzwerke zwischen Kloster und Politik waren, lässt sich etwa daran erkennen, dass Klöster öfter überfallen und niedergebrannt wurden – und zwar nicht nur von Stammesfürsten, sondern auch von anderen Klöstern. Beinahe jeder Grund schien dafür gut genug: der Reichtum eines Klosters, sein Bündnis mit dem falschen König oder Rivalitäten zwischen Klöstern. Das Kloster Armagh etwa wurde zwischen 800 und 1 200 mindestens 50 Mal überfallen (Bitel 1990:148 f.).

      Um das Zentrum des Abtes bzw. der Oberin und seiner/ihrer Mönche und Nonnen gab es Landpächter und Handwerker – die Manaig –, die im Austausch für ihre Dienste geistliche Dienstleistungen erhielten (Bitel 1990:127 f.). Mit lokalen Fürsten wurden Bündnisse geschlossen; dem militärischen Schutz und Geldzahlungen standen praktische Dienste wie die Ausbildung der Kinder der Oberschicht (Olsen 2003:92) und das Sicherstellen des Segens Gottes gegenüber (Bitel 1990:191 ff.). In einer so unberechenbaren Welt war der Schutz Gottes etwas, für das die Menschen bereit waren, einen hohen Preis zu zahlen. Klöster wurden gestiftet, Ländereien geschenkt – manchmal auch gleich mit den Menschen, die darauf lebten (Bitel 1990:121).

       2.2.3 Mönche gehörten zur politischen Oberschicht

      „Die Söhne und Töchter der irischen Führer werden Mönche und Jungfrauen Christi“, schrieb Patrick um das Jahr 450 in seiner Confessio. In Scharen schlossen sich die Kinder der regierenden Klasse dem neuen Glauben und seinen Gemeinschaften an (Olsen 2003:74). Das lag wohl auch daran, dass die örtlichen Túaths (Mitglieder der Regierung) ihren Nachwuchs dort ausbilden und erziehen ließen.

      Die Mönche traten wie schon ihre Vorgänger, die Druiden, als Richter und Schlichter in Konfliktfällen auf. Diese Rolle als Friedensstifter bauten sie im Laufe der Jahrhunderte immer weiter aus. So wurden sie zu Reformern der Gesellschaft. Seit Anfang des siebten Jahrhunderts begannen die Mönche, so genannte Cána zu erlassen. Ein Cáin war ein niedergeschriebenes Gesetz, das über die Grenzen des jeweiligen Königreiches hinweg galt, manchmal für ganz Irland. Das Cáin Pátraic etwa verbot das Umbringen von Klerikern, andere Cána richteten sich gegen Rinder-Raubzüge oder die Sonntagsarbeit (Bitel 1990:163). Wenn soziale Beziehungen, die durch Gesetze geregelt wurden, nicht richtig funktionierten, brachten die Mönche sich als Mediatoren und Beschützer der Hilflosen ein (Bitel 1990: 171 f.). So veränderten sie nicht nur das Wertesystem und die soziale Struktur Irlands, sondern führten ganz nebenbei auch noch eine Schrift- und Gesetzeskultur ein.

      Einzelne Äbte spielten dabei die Rolle von Diplomaten. Columcille beispielsweise, selbst ein Königssohn und zur Sühne einer von ihm angezettelten blutigen Schlacht nach Iona in die Verbannung gegangen, setzte sich aktiv ein in der Königsnachfolge und für das Existenzrecht der Barden (Olsen 2003:113 f.). Seine Nachfolger in Iona waren nicht weniger einflussreich. Sie wurden aktiv als Geiselbefreier, Gesetzgeber, für den Schutz von Frauen im Krieg und die Menschenrechte im Allgemeinen (Olsen 2003:118 ff.).

       2.3 Die Spiritualität irischer Mönche

      Die Spiritualität der irischen Mönche im Frühmittelalter wirkt für den Betrachter im 21. Jahrhundert seltsam widersprüchlich. Da ist einerseits eine radikale, oft unmenschlich wirkende Askese. Andererseits erkennt man eine enge Gemeinschaft und Bodenständigkeit, von der wir in unserem heutigen, oft viel zu kopflastigen Christentum sicher einige wichtige Lektionen lernen können.

      Sünde verstanden die Iren als Symptom einer Krankheit, nämlich des sündhaften Grundzustandes des Menschen. Sie war also nicht das Ergebnis einer einmaligen Entscheidung für Gut oder Böse. Buße diente darum nicht der Wiedergutmachung, sondern der Therapie. „Eine Vielzahl von Vergehen erfordert eine Vielzahl von Bußen“, heißt es in der Bußregel Columbans. „Und so wie Ärzte verschiedene Medizinen herstellen müssen, so müssen geistliche Ärzte verschiedene Heilmittel für die verschiedenen Wunden, Unpässlichkeiten, Leiden und Schwächen der Seele haben.“ Die Buße entsprach der Krankheit: Wer zuviel redet, wurde mit Schweigen bestraft, der Ruhelose mit dem Praktizieren von Sanftmütigkeit, der Vielfraß mit Fasten, der Schläfrige mit Wachen, der Stolze mit Gefängnis (Olsen 2003:88). Dabei richtete sich die Buße nach der Tat, weniger nach der Motivation, was sich für das Mittelalter als prägend erweisen sollte (Angenendt 190:201 ff.). In Columbans Bußbüchern ist nachzulesen: Wer beichtet, der „erfragt die geschuldete Buße“. Wer etwa wegen Völlerei oder Trunkenheit die Kommunion erbricht, hat dreimal 40 Tage zu büßen; wenn dasselbe wegen Krankheit geschieht, sind es sieben Tage. Buße ist gleichbedeutend mit Strafe: „Wer am Beginn eines Psalmes hustet und nicht gut singt, werde mit sechs Schlägen bestraft; wer beim Opfer nicht die Ordnung einhält, sechs Schläge; wer beim Chorgebet lächelt, sechs Schläge“ (aus Columbans Bußbuch, Angenendt 1990:214).

      Arbeit galt den Mönchen als das Mittel, um Demut zu lernen. Die Begriffe wurden austauschbar verwendet, auch für „Arbeiten“ wie das Beten in einem eiskalten Fluss (Bitel 1990:133). Die Askese war nach diesem Verständnis eine unbedingte Voraussetzung für wirkliches geistliches Leben. Häufig wurden in Klöstern täglich alle 150 Psalmen gebetet. Strenges Fasten, lange Nachtwachen, stundenlanges Stehen im kalten Wasser stellten einige der geistlichen Übungen dar, mit denen die sündhafte fleischliche Natur bezwungen werden sollte. Beim Crossfigel (Crucis Vigilia) hielt der Asket die Arme stundenlang in Kreuzesform ausgebreitet. Gebete wurden dabei oft als Lorica bezeichnet, was soviel heißt wie „Schutzpanzer“: Sie waren ein magisches Mittel, um Unheil abzuwehren (Angenendt 1990:205). Diese Arbeit hatte allerdings auch ihren Lohn. Der Mönch, der sich in Gebet und Askese übte, erwarb dadurch Virtus, die himmlische Kraft. Wie wir in Kapitel 4.8 sehen werden, eine der Kernkompetenzen, die einen Vir Dei ausmachten, einen Mann Gottes. Denn mit dieser Kraft konnte er den Segen und Schutz Gottes sicherstellen. Aus eben diesem Grund waren auch die Gräber der Heiligen СКАЧАТЬ