Geschichten aus Nian. Paul M. Belt
Чтение книги онлайн.

Читать онлайн книгу Geschichten aus Nian - Paul M. Belt страница 8

Название: Geschichten aus Nian

Автор: Paul M. Belt

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия: NIAN-ZYKLUS

isbn: 9783947086580

isbn:

СКАЧАТЬ abgenommen haben. Die brutzelten sich auf ihrem Hinterhof gerade irgendwas Gejagtes, als wir losrannten und damit davondüsen konnten. Das war ihre einzige Mühle, sie konnten uns also nicht folgen.“ Ein Grinsen huschte über Daniels zerkratztes Gesicht. „Es war das erste Mal in drei Monaten, dass wir ihnen eine Niederlage beibringen konnten. Die Gesichter hättest du sehen sollen, als …“

      „Das interessiert mich nicht“, fuhr Martin ihn an, um dann etwas ruhiger weiterzusprechen: „Nur ab dem Moment, bevor es hier geknallt hat.“

      Daniel zuckte zusammen. „In Ordnung … also, wenn wir uns mal ein Auto ziehen können, hämmern wir damit immer volle Möhre über die alte Bahn hier, bevor wir es gegen ordentlich was zu mampfen oder so eintauschen. Daher haben wir ja auch unseren Namen. Sowas macht tierisch Bock. Na ja, und Frank hat’s dann halt ein bisschen übertrieben. Ich hing grad aus dem Fenster hinten, als die Karre ’nen Mordssatz machte. Hab direkt gecheckt, das geht nicht gut, aber da war’s schon zu spät, ich flog durch die Luft und bin hier aufgeschlagen. Den Rest kennst du.“

      „Kenne ich nicht“, sagte Martin. „Wo sind denn dieser Frank und dein anderer Kumpel hin, wenn ihr eine Bande seid?“

      Daniel sah mit einem Mal sehr resigniert aus. Nach einer Pause antwortete er leise: „Die sind vermutlich abgehauen …“

      „Tolle Meutenfreunde“, meinte Martin, drehte sich zum Wagen und ging darauf zu. Ihm war nämlich eingefallen, dass Autos normalerweise einen Verbandskasten mit sich führten, der sich entweder unter einem Sitz oder im Kofferraum befand. Wenn er schon sein Sanpack angebrochen hatte, konnte er es daraus vielleicht wieder auffüllen oder den Kasten gleich ganz mitnehmen. Nachdem er durch die aufgebogene Fahrzeugtür unter die Vordersitze des halb auf der Seite liegenden Wracks geschaut und nichts gefunden hatte, versuchte er, die stark verzogene Kofferraumklappe zu öffnen. Als ihm dies auf herkömmlichem Wege nicht gelang, packte er ein hervorstehendes Teil mit beiden Händen und riss mit einem gewaltigen Ruck das verbeulte Stück Blech zur Seite. Aus dem Kofferraum heraus polterten zwei Teile: ein leerer Blechkanister, der nur geringfügig eingedellt war, und der ersehnte kleine Verbandskasten aus Kunststoff. Seine Hülle war zwar an einigen Stellen gebrochen, aber der Inhalt schien noch vollständig intakt zu sein.

      Mit den Teilen in den Händen kehrte Martin zum nunmehr bewundernd dreinblickenden Daniel zurück. Dieser hatte sich zum Sitz aufgerichtet und stammelte: „Donnerwetter! Schade, dass du ein Soldat bist … solche Kräfte könnten wir gut gebrauchen …“

      „Wir? Wen meinst du mit ‚wir‘? Etwa deine Kumpel, die dich hier verrecken lassen hätten? Bursche, wach auf, das Thema hat sich erledigt! Kein Rumgeheize mehr mit fremden Karren, du bist auf dich gestellt und wirst hoffentlich nicht mehr so ausgesprochen dämlich sein, deine Ressourcen so zu verschwenden!“ Nun war Martin doch aufgebracht und musste sich wieder etwas zügeln. „Sag mir lieber, ob ihr noch mehr brauchbares Zeug an Bord hattet.“

      „Im Handschuhfach könnten noch ein paar Dosen liegen“, hauchte Daniel eingeschüchtert mit gesenktem Blick.

      „Okay, ich seh mal nach“, erwiderte Martin ruhiger. Und tatsächlich, nach einer Weile kehrte er mit vier Dosen zurück. „Ist da auch ein Öffner dabei?“

      Zum ersten Mal zeigte Daniels Gesicht ein richtiges Lächeln. „Manchmal ist es gut, der Depp zu sein, der meist nicht fahren darf, aber alles reparieren können soll“, sagte er und wollte etwas aus seiner Hosentasche herausholen. Mit einem Aufschrei fiel er wieder zurück auf den Boden. Diese Bewegung war offensichtlich sehr schmerzhaft für ihn gewesen. Martin ging zu ihm und zog vorsichtig ein zusammengeklapptes Mehrfachwerkzeug aus seiner Tasche. Seine Augen begannen zu leuchten. Dieses Ding war nicht mit Gold aufzuwiegen, wenn man sich ohne Ausrüstung durch ein gesetzloses Land schlagen musste!

      „Hab ich mir doch gleich gedacht, dass du auch nur ein Dieb bist“, erklang es gedämpft von unten.

      Statt darauf einzugehen, legte Martin seine Hände unter Daniels Kopf und Rücken und richtete ihn vorsichtig wieder zum Sitz auf. Dann sah er ihm direkt in seine nun wieder furchtsamen Augen und sprach sanft: „Mein Junge, es tut mir leid, dass du so etwas denkst. Ich verstehe dich, du hast nichts anderes kennengelernt. Dafür wird es jetzt langsam Zeit.“

      Daniel glaubte, er habe sich verhört. Redete so ein Krieger der Königlichen Urgalanischen Armee, selbst wenn er offensichtlich allein durch die Lande streifte? Er selbst war ein Atalane, sein Leben war für einen Urgalanen keinen Pfifferling wert. Dieser Kerl jedoch behandelte ihn, als wäre er sein Onkel oder sowas … Jetzt hielt er ihm auch noch eine von den Dosen hin!

      „Wünsche ein angenehmes Nachtmahl … oder Frühstück“, fuhr Martin nun fort. Recht hatte er, denn im Osten zeigte sich allmählich der Silberstreif des ersten Tageslichts. „Bevor wir hier aber zu schmausen beginnen, sollten wir vielleicht von der Straße heruntergehen. Vielleicht kommen ja doch noch ein paar von diesen Brandhörnern vorbei, um euch zu jagen. Kannst du aufstehen?“

      Nein, das konnte Daniel nicht. Also ergriff Martin ihn unter Schultern und Knien und hob ihn hoch.

      Daniel schrie auf, Pein raste von seinem Bein aus durch seinen Körper und auch die pochenden Kopfschmerzen wurden wieder stärker. Nach einer gefühlten Ewigkeit, in der er alle Kräfte dafür benötigte, weitere Schmerzensschreie zu unterdrücken, wurde er schließlich auf dem Boden unter einem Obstbaum abgelegt und fiel keuchend in sich zusammen. Nichtsdestoweniger musste er noch ertragen, dass ihm Martin etwas später im Halbdunkel den Verband wechselte.

      Auf ins Ungewisse

      Gemächlich zockelte das Gespann über die schmale Straße, die von der Küste aus ins Landesinnere führte. Sus saß mit traurigem Blick auf dem neu gezimmerten Kutschbock und hielt die Zügel des kleinen, aber kräftigen Lasttieres, welches ihnen der Bauer für die Habseligkeiten gegeben hatte, die sie ansonsten hätten zurücklassen müssen. Schade, dass niemand in der alten Hütte wohnen wollte. Sie lag aber einfach zu nah am Küstenwald für jemand, der nichts von den Zusammenhängen verstand, und Pinienreiter konnte es nun einmal nicht geben. Betrübt schaute Sus auf den Weg, den das Gefährt mit knarrenden Rädern und quietschender Deichsel entlangrollte. Es war schon schwierig gewesen, sich von den zahmen Ogons und dem Osled zu verabschieden, die ihnen so lange treu gedient hatten. Na, so hatten sie bei dem Bauern wenigstens ein neues Zuhause, und Ogons als Transporthilfen hatte wahrlich nicht jeder.

      Ama gesellte sich zu ihr. Offenbar war sie mit den Befestigungsarbeiten in der wieder aufgebauten Fahrhütte fertig geworden. Zu Beginn der Fahrt war doch einiges durcheinandergeflogen. Die Hütte war kleiner geworden, als sie es ursprünglich gewesen war, denn erstens hatten sie nicht so viel Material gehabt und zweitens hatte noch der Kutschbock Platz finden müssen, der ja beim Betrieb mit einem Motorfahrzeug nicht nötig gewesen war. „Soll ich dich ablösen, Schwester?“, fragte sie.[no image in epub file]

      Sus schüttelte den Kopf. Sie waren ja seit ihrer Abreise am frühen Morgen gerade erst acht oder neun Langmaße gereist. Wenn sie also erschöpft aussah, dann aus dem Grund, dass ihr der Abschied so schwerfiel. So sehr hatte sie sich daran gewöhnt, als Einsiedlerin zu leben, dass sie sich gar nicht mehr vorstellen konnte, regelmäßig fremden Leuten zu begegnen. „Sag mal … ist es eigentlich in Ordnung, wenn man Schwierigkeiten mit solchen Gefühlen hat?“, fragte sie unvermittelt.

      Ama drehte sich zu ihr und bedachte sie mit einem mitfühlenden Blick. „Du glaubst doch nicht, dass mir das einfach so von der Hand geht, oder?“, fragte sie.

      „Aber du wirkst so gefasst und zuversichtlich! Ich trage die ganze Zeit Kummer in mir, obwohl ich doch weiß, dass das gar nicht nötig ist, weil ich doch vertrauen darf!“, stieß Sus etwas gequält hervor.

СКАЧАТЬ