Frost & Payne - Die mechanischen Kinder Die komplette erste Staffel. Luzia Pfyl
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СКАЧАТЬ Kinder. Sie konnte sich nicht annähernd vorstellen, wie es sein musste, seinen Spross zu verlieren und nicht zu wissen, was geschehen war und ob er überhaupt noch lebte. Für den Moment hatten Frost und Payne also eine stille Übereinkunft, was diese Sache anging.

      Mrs. Payne hatte immer noch Bedenken, nachdem Frost ihr die Gründe dargelegt hatte, warum sie den Pinkerton anstellen wollte.

      »Ich brauche etwas zu tun, Cecilia«, sagte Payne eindringlich. »In New York hatte ich Arbeit. Hier in London habe ich nichts mehr.« Die Dinge, die er für Newman erledigt hatte, wollte er ihr gegenüber lieber nicht erwähnen. Londons Untergrund war dreckig. »Du hast deine Forschungen in der Sternwarte und an der Universität, und du weißt, dass ich dir in der Hinsicht nie Steine in den Weg gelegt habe. Ich kann nicht nur müßig im Haus sitzen und Bücher lesen.«

      Mrs. Payne seufzte und nickte dann. »Du hast ja recht. Tut mir leid, ich war egoistisch.«

      Frost freute sich. »Wunderbar, dann hätten wir auch diese Sache geklärt.« Sie hob ihr Glas Whisky. »Auf unsere Zusammenarbeit, Mr. Payne.«

      Als die Paynes gegangen waren, blieb Frost allein zurück. Sie hörte die vertrauten Geräusche von Helen, die ihre Wohnung über der Agentur sauber machte. Die Standuhr in der Ecke tickte. Draußen vor dem Fenster herrschte der übliche Verkehr, die Straßenbahn ratterte in regelmäßigen Zeitabständen vorbei, die Passanten gingen ihrer Wege. Es hatte zu regnen begonnen. Der mittlerweile grauschwarze Schnee verwandelte sich innerhalb weniger Stunden in nasskalten Matsch. Mit dem Regen wurden auch die Asche und der Smog aus der Luft gewaschen.

      Frost betrachtete die Geldscheine, die vor ihr auf dem Schreibtisch lagen. Mrs. Payne hatte sie großzügig bezahlt und zusätzlich zum vereinbarten Honorar noch einen Schein draufgelegt. Frost freute sich. Sie konnte alle Rechnungen begleichen, obwohl das Geld von Madame Yueh ausblieb, womit sie fest rechnete. Helen würde morgen ihren Lohn ausbezahlt bekommen.

      Sie überlegte kurz, ob sie sich ein paar neue Schuhe gönnen sollte, entschied sich dann jedoch dagegen. Wenn sie abermals solch eine Durststrecke in Sachen Klienten hatte, würde das Geld sehr schnell wieder knapp werden. Außerdem musste sie bald auch noch den Pinkerton bezahlen.

      Noch war sie sich nicht sicher, ob es eine gute Idee gewesen war, Payne ins Boot zu holen. Sie hatte bisher immer alleine gearbeitet, auch, als sie noch für die Organisation unterwegs gewesen war. Aber sie wollte sich einen Namen und die Agentur bekannter machen. Sie benötigte mehr Klienten, wenn sie überleben wollte. Und die Fähigkeiten eines Pinkertons waren genau das, was sie brauchte.

      Frost beschloss, zur Feier des Tages ins Theater zu gehen. In der Zeitung hatte sie eine Anzeige für das neue Stück im Criterion Theater am Picadilly gesehen. Es war eine Komödie. Das würde sie von den drückenden Gedanken ablenken.

      Mit den Händen in die Hüfte gestemmt stand sie vor dem Bett und grübelte über einer Auswahl an Kleidern. Das grüne? Sie entschied sich für den petrolblauen Brokat mit den aus Silber- und Goldfäden gewobenen Blüten. Das Korsett hatte die gleiche Farbe und war mit schwarzer Spitze besetzt. Bevor sie sich jedoch anzog, musste sie ihr Herz aufziehen. Je nachdem, wie sehr sie sich körperlich anstrengte, musste sie das zweimal am Tag oder einmal alle zwei Tage tun. Und seit dem Anfall vor ein paar Tagen, als sie es einmal vergessen hatte, ging sie lieber auf Nummer sicher. Die letzten Tage waren sehr aufregend gewesen, und das viele Rennen hatte sie körperlich gefordert.

      Der Schlüssel hing wie immer an einer Kette um ihren Hals. Wenn sie ihren Arm über die Schulter nach hinten streckte, konnte sie gerade so das Schlüsselloch, das sich in einer kleinen Metallplatte zwischen ihren Schulterblättern befand, erreichen.

      Es klopfte an der Tür, und Helen streckte den Kopf herein. Sie wusste um Frosts mechanisches Herz, doch der Anblick der Metallplatte auf Frosts Rücken ließ sie trotzdem jedes Mal erbleichen. »Miss, jemand möchte Sie sprechen.«

      »Ein Klient?«

      Helen schüttelte den Kopf. »Es ist ein Mädchen, Miss. Gehen Sie aus?«

      Frost hängte den Schlüssel wieder um ihren Hals und lächelte Helen an. »Ich dachte, ich gönne mir ein Theaterstück. Sag dem Mädchen, dass ich gleich unten bin.«

      »Gut. Brauchen Sie mich später noch, Miss?«

      »Nein, vielen Dank, Helen. Wir sehen uns morgen früh?«

      Helen nickte und schloss die Tür hinter sich.

      Fertig angezogen und auf dem Weg nach unten fragte sich Frost, wer das ominöse Mädchen wohl sein mochte. Es wurde bereits dunkel draußen. Es musste also einen Grund geben, warum es hier war. Als sie ihr Büro betrat, erblickte sie das Mädchen sofort. Es hatte rabenschwarzes Haar, das ihm offen über die Schultern fiel, und trug einfache, asiatisch geschnittene Kleidung. Auf dem wollenen Umhang perlte Regenwasser.

      »Hallo«, sagte Frost und setzte ein Lächeln auf. Doch als sich das Mädchen zu ihr umdrehte, gefror das Lächeln. Es war eine Chinesin, und auf ihrer Schläfe prangte das Zeichen der Organisation. Eines der Dienstmädchen.

      »Madame Yueh wünscht Sie zu sehen.« Das war alles, was das Mädchen sagte. Bevor Frost etwas erwidern konnte, war es auch schon zur Tür hinaus und im Regen verschwunden.

       Frost stöhnte auf. Damit konnte sie das Theater vergessen. Madame Yueh ließ man besser nicht warten. Sie zog ihren Mantel und den Schal an, verabschiedete sich von Helen und griff nach ihrem roten Schirm.

      Garnet Street war dieses Mal ruhig. Nichts deutete mehr darauf hin, dass das ganze Viertel vor wenigen Tagen erst das chinesische Neujahrsfest rauschend gefeiert hatte. Nur ein paar wenige Konfetti, aufgeweicht und dreckig im Matsch liegend, ließen die Festlichkeiten erahnen. Die meisten Menschen befanden sich in ihren Häusern und Wohnungen, denn es war Zeit fürs Abendessen. Frosts Absätze klapperten über den Gehweg. Dieses Mal nahm sie den direkten Weg zum Haus von Madame Yueh. Es war eine alte Stadtvilla, die etwas zurückversetzt zur Straße lag. Dahinter breiteten sich die engen Gassen des Viertels aus, mit ihren heruntergekommenen Häusern und Absteigen. Noch weiter hinten schlossen die Docks an, wo sich die Opiumhöhlen befanden.

      Je mehr sich Frost dem Haus näherte, desto langsamer wurden ihre Schritte. Sie hatte das Gefühl, dass, je näher sie kam, sich die Macht von Madame Yueh umso stärker über sie legte. Wie hatte sie nur denken können, sich jemals von ihrem Einfluss und den Dragons lösen zu können?

      Frost erinnerte sich noch genau an den Tag vor etwa zwanzig Jahren, als Madame Yueh sie auf der Straße gefunden hatte. Sie konnte sich nicht entsinnen, wer oder was sie vorher gewesen war. Aber ab jenem Moment, als Madame Yueh ihr die Hand hingehalten und sie in ihr warmes Haus geführt hatte, war sie zur Schlüsselmacherin geworden.

      Ihre Ziehmutter hatte ihre Gabe zufällig entdeckt, als Frost eine verschlossene Truhe öffnen wollte. Von da an musste Frost jeden Tag üben, um die Gabe zu beherrschen und stärker zu machen. Niemand wusste, warum sie Schlösser wie magisch öffnen konnte, doch Madame Yueh vermutete, dass es einen Zusammenhang mit ihrem mechanischen Herzen gab.

      Wie sie zu diesem gekommen war und wer ihr diese Verstümmelung angetan hatte, wusste Frost nicht. Alles, was vor Madame Yueh war, verwandelte sich jedes Mal, wenn sie sich zu erinnern versuchte, in dicken Nebel.

      Frost atmete tief durch und ging die letzten Meter zum Haus. Dieses Mal beleuchteten keine Fackeln den Eingang. Nur die zwei roten Säulen und zwei Bambushaine zierten die doppelflügelige Holztür. Frost klopfte laut an. Sogleich wurde die Tür geöffnet, und sie trat ein. Mr. Lee stand im Foyer СКАЧАТЬ