Название: Heilung
Автор: Wolfgang J Bittner
Издательство: Bookwire
Жанр: Религия: прочее
Серия: Paráklesis
isbn: 9783862567690
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Heute sagt man gerne, die Taten Jesu, vor allem seine Wunder, seien zweideutig und würden erst für den Glaubenden eindeutig. Das klingt für unser Denken verlockend, entspricht aber in keiner Weise dem biblischen Zeugnis. Was Jesus getan hat, das konnte man, auch als Nicht-Glaubender, sehen. Und wer hat denn zur Zeit von Jesu öffentlicher Wirksamkeit schon an ihn geglaubt? Daran aber, dass man sehen und dieses Sehen mit dem Schriftwort verbinden konnte wie die Johannesjünger, daran sollte und konnte man zum Glauben kommen. Gerade das Sehen-Können stellt in eine Verantwortung, die letztlich unausweichlich ist und den Unglauben unentschuldbar macht. »Hätte ich nicht die Werke unter ihnen getan, die kein anderer getan hat, so hätten sie keine Sünde; nun aber haben sie sie gesehen und haben doch sowohl mich als meinen Vater gehasst« (Johannes 15,24; vgl. 10,37–38).16
3.3. Sünde und Krankheit in der Sicht Jesu
Haben wir anhand des Alten Testamentes gesehen, dass Krankheit in enger Verbindung mit Sünde steht, Heilung also mit Sündenvergebung zusammenhängt, so werden wir fragen müssen, ob sich bei Jesus diese Sicht der Krankheit durchhält, oder ob sich das Bild irgendwie ändert.
Die Evangelien berichten von der Heilung des Gelähmten, den seine Freunde durch das aufgedeckte Dach zu Jesus bringen (Markus 2,1–12 par.). Natürlich erwarten die Freunde die Heilung des Mannes. Zunächst aber erfolgt durch Jesu Wort etwas anderes. »Mensch, deine Sünden sind dir vergeben!« Diese Art der Formulierung (im grammatischen Passiv, dem sogenannten »passivum divinum«) bedeutete für den damaligen Hörer, dass Jesus dem Mann Gottes vergebendes Handeln direkt zuspricht. Das zwingt die anwesenden Schriftgelehrten zum Protest. Wie kann denn Jesus die Vergebung, die endgültig von Gott im letzten Gericht verkündet werden wird, bereits jetzt als von Gott ergangen zusprechen? »Wer ist dieser, der Lästerungen redet? Wer kann Sünden vergeben außer Gott allein?« (Lukas 5,21 b).
Hinter diesem Gedankengang haben wir die Aussage von Psalm 103,3 zu erkennen: »Lobe den Herrn …, der dir alle deine Sünden vergibt.« Schon Jesu Zuspruch ist anhand dieses Wortes formuliert, aber auch der Protest der Schriftgelehrten geht von diesem Psalmtext aus. Wie soll es in dieser Frage zu einer Lösung kommen? Nimmt Jesus zurecht den Zuspruch der Vergebung vorweg? Der Psalm gibt uns einen Hinweis. Er sagt ja im selben Atemzug von Gott aus, dass er »alle deine Sünden vergibt und alle deine Gebrechen heilt«. Die darauffolgende Heilung des Mannes wird so zum Erweis, dass im Menschen Jesus von Nazareth Gott selbst als der Vergebende und Heilende nach Psalm 103,3 in die Welt gekommen ist und nun vor den Menschen steht. Die Heilung ist keine weniger wichtige und darum vielleicht entbehrliche Draufgabe zur alles entscheidenden Sündenvergebung. Nein, die Heilung tritt als zweiter Teil des umfassenden heilenden Handelns Gottes, das den ganzen Menschen meint, zur Sündenvergebung hinzu.17 Jesus war mit dem Wort der Bibel, unserem Alten Testament, als dem Wort seines himmlischen Vaters zutiefst vertraut. Er hat darin die Stimme seines Vaters vernommen und anhand der Schrift seinen Weg, den er zu gehen hatte, erkannt.18 Mit der Schrift hat er auch die Sicht vom Zusammenhang von Sünde, Krankheit und Tod geteilt, auch wenn er sich dagegen gewehrt hat, das Wie dieses Zusammenhanges im konkreten Fall für Menschen durchsichtig zu machen.19
3.4. Die Vertiefung der alttestamentlichen Sicht
Jesus hat ganz vom Alten Testament her gelebt, in gewissem Sinn aber seine Aussagen vertieft. So hat er die alttestamentliche Sicht der Krankheit unlösbar mit dem Endkampf Gottes gegen den Bösen verbunden. Hinter Krankheit und Sünde, die das Leben der Menschen zerstören, wird das Werk des »Menschenmörders von Anfang an« (Johannes 8,44) sichtbar. So ist Jesus nach dem Zeugnis des 1. Johannesbriefes dazu gekommen, »dass er die Werke des Satans zerstöre« (3,8).20 Damit erweist sich jede Deutung der Heilungen als bloße »Zeichen der Freundlichkeit Gottes« als unzureichend. Es sind Kampfhandlungen, die in den größeren Zusammenhang der Überwindung und Entmachtung des Bösen gehören und mit dem Einbruch des Reiches Gottes in den Machtbereich des Bösen unlösbar verknüpft sind.21
Am Umgang Jesu mit der Krankheit wird das sogleich sichtbar. Nach Lukas 4,38f liegt die Schwiegermutter Simons mit schwerem Fieber darnieder. Von Jesus heißt es an dieser Stelle, er habe das Fieber »bedroht«. Es ist ein Ausdruck, der sonst bei der Austreibung der Dämonen verwendet wird (z. B. Lukas 4,35).22 Fieber erscheint nicht als eine mehr oder weniger normale Reaktion des Körpers, z. B. auf eine Infektion. Es ist keine Erscheinung, die als normale Lebensäußerung in den Bereich der guten Schöpfung Gottes gehört. Daran wird die Wirkung des Bösen sichtbar, der diese Schöpfung Gottes zerstören will. Darum wird das Fieber von Jesus bedroht und muss weichen.
Einer kleinen Notiz bei Lukas sollten wir Beachtung schenken. Er sagt, die Frau habe »starkes Fieber« gehabt. Wie sehr solches Fieber einen Menschen schwächt, wissen wir. Und doch stand sie, wie Lukas betont hinzufügt, nach der Heilung »sofort auf und diente ihnen«. Die Heilung Jesu greift in viel tiefere Schichten des Menschseins, als das durch unsere »Heilungen« geschehen kann. Ähnlich klingt der Bericht, den Lukas uns von einer Frau gibt, die achtzehn Jahre »verkrümmt« und »nicht imstande (war), sich ganz aufzurichten« (Lukas 13,10–17). Das Krankheitsbild weist auf eine schwere Deformation der Wirbelsäule. Der Text selbst blickt jedoch tiefer. Sie habe einen »Geist der Krankheit« gehabt. Ja, Jesus spricht nach der erfolgten Befreiung – sie wurde unter Handauflegung sofort wieder gerade – davon, es sei Satan gewesen, der diese Frau achtzehn Jahre lang gebunden gehalten habe.23 Für Jesus wird hinter der Krankheit nicht allein die Sünde der Menschen oder die Sündhaftigkeit der Welt sichtbar. An Sünde und Krankheit wird die in sich geschlossene Herrschaft Satans erkennbar, die nun, da die Herrschaft Gottes in die Welt kommt, gebrochen wird.
3.5. Der Sieg über den »Starken« (Markus 3,27)
Von diesem Hintergrund her wird das Wort Jesu in Markus 3,27 par. wichtig. »Niemand kann in das Haus des Starken (gemeint ist der Satan) hineingehen und ihm den Hausrat rauben, wenn er nicht zuvor den Starken bindet; erst dann wird er sein Haus ausrauben.« Genau das geschieht in Jesu Wirksamkeit. Werden die Heilungen und Wunder Jesu einfach als helfende Taten, als Freundlichkeiten angesehen, so ist das eine verhängnisvolle Verkürzung, die den Aussagen des Neuen Testamentes nicht gerecht wird. Nein, hier ist über den Starken, über Satan, der noch Stärkere »gekommen und hat den entscheidenden Sieg errungen« (Otto Michel).24
Es handelt sich hier um ein Bildwort, in dem uns Wesentliches über die Auseinandersetzung Jesu mit dem Bösen gesagt ist, ohne dass wir dabei die Bildhaftigkeit zugunsten rationaler Denkformen abstreifen könnten. Gesagt ist uns, dass es sich beim Bösen um eine umfassende, zusammenhängende und differenzierte »Organisation«, um ein »Hauswesen«, handelt, das hierarchisch strukturiert ist und an dessen Spitze der »Starke« steht. Der Einbruch an der zentralen Stelle, die Bindung des »Starken«, zieht Einbrüche auch an anderen Stellen nach sich. Diese Aussage ist wichtig, da sie uns zeigt, dass es sich bei den Heilungen und den Dämonenaustreibungen nicht um vereinzelte Einbrüche in das Reich Satans handelt. In diesen einzelnen Taten kündigt sich zeichenhaft der entscheidende Sieg, die angebrochene Heilszeit und die beginnende Vernichtung Satans an.25 Wichtig СКАЧАТЬ