Название: Heilung
Автор: Wolfgang J Bittner
Издательство: Bookwire
Жанр: Религия: прочее
Серия: Paráklesis
isbn: 9783862567690
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Nach der Verheißung des Alten Testamentes, die Jesus (nach dem Bericht des Lukas 4,18) zu Beginn seiner Wirksamkeit in Nazareth zitiert, werden mit dem Anbruch des Reiches Gottes »die Bande gelöst« werden (Jesaja 61,1).39 Unter den »Banden«, die im Text genannt sind, hat man einerseits das Binden Satans in Dämonie, vor allem in der Form der Besessenheit,40 andererseits die »Banden des Todes« (vgl. Psalm 18,5; 116,16 u. a.) verstanden, die ja in Form der Krankheit mitten in unser Leben hereinschlagen. Es zeigt sich, dass Jesus in den Prozessen der Krankheit eine Macht am Werk gesehen hat, die sich zerstörerisch gegen den Menschen und damit letztlich gegen Gott erhebt. Diese Macht kann so stark über einen Menschen kommen, dass er zeitweilig oder ganz seiner eigenen Persönlichkeit beraubt wird. Auch unsere Erfahrung, die sich in unserer Sprache niederschlägt, wird diese Sicht bestätigen. Schon ein Fieber kann uns »regelrecht überfallen« und in kürzester Zeit unsere ganze Kraft rauben. Stimmungen »kommen irgendwie über uns« und »wir mussten einfach …«. Der Umgang mit suchtkranken Menschen zeigt uns, dass man mit Therapie und mit Medikamenten manche Hilfe leisten kann. Die Mächte, die zum Konsum von Drogen treiben, werden aber nicht gebrochen. Trotz großem Einsatz an Zeit, Menschen und Mitteln bleiben die Heilungserfolge äußerst gering.
Jesu heilendes Handeln greift nicht bloß die Krankheit an, sondern greift hinter sie zurück und bindet die Mächte, die hinter dieser Krankheit stehen. Erst dadurch wird ein Mensch wahrhaft frei. Es zeigt sich erneut, dass die Heilungen ein Teil seines Kampfes gegen den Bösen sind, der sich aufgemacht hat, die gute Schöpfung Gottes zu zerstören. Jesus bringt die Herrschaft Gottes, die neue Schöpfung.
3.8. Warum heilte Jesus am Sabbat?
Die bisher gewonnenen Einsichten können uns zu einer Antwort hinleiten, warum Jesus ausgerechnet am Sabbat geheilt hat. Für den Sabbat galt ja, vom biblischen Gebot her, das Arbeitsverbot. Heilen aber fiel als Tätigkeit des Arztes unter die Liste der Arbeiten, die am Sabbat gemieden werden mussten. Man muss sich ja tatsächlich fragen, warum denn Jesus bei der Frau, die achtzehn Jahre vom Satan gebunden war, nicht noch einen Tag zugewartet und so das religiöse Gefühl der Menschen geschont hat. Genau so empfiehlt es ja der Synagogenvorsteher: »Sechs Tage gibt es, an denen man arbeiten soll; an diesen nun kommet und lasset euch heilen und nicht am Sabbattag!« (Lukas 13,14). Nach pharisäischer Anschauung befreite konkrete Lebensgefahr vom Arbeitsverbot. Aber das lag bei den Sabbatheilungen Jesu in keinem Fall vor. Jeder der Geheilten hätte, so denken wir, gut noch einen Tag warten können. Warum hat Jesus gerade am Sabbat geheilt?
Das rechte Verständnis scheint sich von dem alttestamentlichen Wort her zu ergeben, das wir schon betrachtet haben, von Jesaja 61,1f her. Die Botschaft, die der Gesalbte, der Messias auszurichten hat, wird dort mit dem Ausdruck »Gnadenjahr des Herrn« zusammengefasst. Was ist damit gemeint?
Israel kannte eine eigenartige soziale Vorschrift, das Sabbatjahr und das Jubel- oder Erlassjahr.41 Jedes siebte Jahr sollte der Ackerboden ruhen, also »dem Herrn einen Sabbat feiern« (Levitikus 25,2). Der hebräische Ausdruck Sabbat bedeutet ja »Ruhe«. Nach sieben Sabbatjahr-Perioden soll dann das fünfzigste Jahr als umfassendes Erlösungsjahr ausgerufen werden. Der Besitz, den die Armen hatten verkaufen müssen, wurde wieder zurückerstattet. Ja, die Israeliten, die durch Verarmung sich selbst und ihre Familien als Knechte hatten verkaufen müssen, wurden wieder frei. Der Grundgedanke war, dass damit der alte, ursprüngliche Zustand wieder hergestellt wird. »In diesem Halljahr sollt ihr ein jeder wieder zu seinem Besitz kommen« (25,13). Schulden sollen nicht endgültig sein! Verlust des Besitzes der Väter, es ging dabei vor allem um den Grundbesitz, durfte nicht die alte, von Gott gegebene Ordnung außer Kraft setzen. Es gibt ein Jahr, in dem die alte Ordnung wieder hergestellt wird. »So sollt ihr das fünfzigste Jahr weihen und Befreiung ausrufen im Lande für alle, die darin wohnen; als Halljahr soll es euch gelten. Da sollt ihr ein jeder wieder zu seinem Besitz und ein jeder wieder zu seinem Geschlecht kommen« (25,10). Das ist es, was Jesus in der Synagoge von Nazareth als Freudenbote ausruft, wenn er den Jesajatext vorliest. Nun ist »Erlassjahr«, das Gnadenjahr des Herrn. Es ist das Jahr, in dem man wieder zur Ruhe kommen soll, zum »Sabbat« findet und wo Ordnung in unsere menschlichen Verhältnisse kommen wird. Auf diesen großen »Sabbat«, diese große Ruhezeit wartete man in Israel,42 denn dann sollte auch im Verhältnis zwischen Gott und Mensch die alte Ordnung wieder einkehren. Dieses »Erlösungsjahr« war nach den Worten Jesu angebrochen: Jetzt ist es soweit (Lukas 4,21). Die Heilungen Jesu erweisen, dass nun wirklich die »Befreiung im Lande« (Levitikus 25,10) beginnt. Nun wird gelöst, was bisher gebunden war. Die alte Ordnung wird wieder hergestellt. Wahrhaftig, die Schuld erweist sich als nicht endgültig.43
Damit allein wäre aber nicht erklärt, warum Jesus gerade am Sabbat geheilt hat. Hätte er nicht erst recht am Sabbat ruhen sollen, wenn er doch den alten Zustand der Schöpfung wiederbringen wollte? Eine letzte Antwort darauf zu geben, ist wohl nicht möglich, da die Texte des Neuen Testamentes diese Frage nicht eingehend behandeln. Eine Stelle jedoch enthält zumindest einen leisen Hinweis. Bei der Heilung der Frau mit dem krummen Rücken sagt Jesus: »Musste sie nicht am Sabbattag von dieser Fessel befreit werden?« (Lukas 13,16). Ist es gerade der Sabbat, an dem geheilt werden muss? Dem, was uns die Evangelisten über die Wirksamkeit Jesu erzählen, scheint das durchaus zu entsprechen.
Liegt die Antwort auf unsere Frage in der Schöpfungsgeschichte? Bei der Erwähnung des ersten Sabbats sagt der Text etwas Merkwürdiges. »Und Gott vollendete am siebenten Tage von all seinem Werk, das er gemacht hatte … « (Genesis 2,2). Wir würden doch denken, Gott habe an sechs Tagen die Welt geschaffen, also sein Werk auch in diesen sechs Tagen vollendet. Am siebten Tag habe er sich davon nur noch ausgeruht. Aber das sagt der Text nicht. Gott hat am siebten Tag nicht einfach geruht, sondern in dieser Ruhe über seinem Werk vollendete Gott dieses sein Schöpfungswerk. Vollenden heißt nicht »fertig machen«, sondern über dem, was fertig geworden ist, »zur Ruhe kommen«. Die Vollendung der Schöpfung, die darin besteht, dass Ruhe einkehrt, ja dass Gott selbst darüber zur Ruhe findet, vollzieht sich am Sabbat. Wenn Jesus also die Schöpfung vollenden, die alte Ordnung Gottes wiederherstellen will – und gerade das geschieht ja in seinen Heilungen –, dann gibt es dafür im Grunde nur einen Tag: den Sabbat. Das würde auch erklären, wie stark Jesus in solchem Handeln den Platz Gottes für sich in Anspruch nimmt, ja das Urteil der Menschen mit Recht hervorruft, er würde sich an die Stelle Gottes setzen (vgl. Johannes 5,17f).
3.9. Wie heilte Jesus?
Die Berichte der Evangelien zeigen eine große Vielfalt der äußeren Form des Heilens. Jesus heilt durch bloßes Befehlswort (Bedrohungen!), die manchmal auch mit körperlichen Berührungen44 verbunden sind. Relativ oft kommt es zur Handauflegung. Auch andere Formen, z. B. das Berühren der Augen des Blinden45 bzw. der Ohren und der Zunge beim Taubstummen46 werden uns berichtet. Es kommt jedoch auch zu Heilungen, indem Menschen von sich aus Jesus berühren.47 Die zehn Aussätzigen dagegen werde geheilt, »indem sie hingingen«.48 Auch Fernheilungen werden berichtet, bei denen der Kranke überhaupt nicht anwesend ist. Von den Jüngern hören wir von СКАЧАТЬ