Kirche ist Mission. Roland Hardmeier
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Название: Kirche ist Mission

Автор: Roland Hardmeier

Издательство: Bookwire

Жанр: Документальная литература

Серия: Edition IGW

isbn: 9783862567577

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СКАЧАТЬ der evangelikalen Bewegung mit der Entwicklung seit Lausanne nicht zufrieden war. In Pattaya prallten zwei Welten aufeinander. Auf der einen Seite stand das Lausanner Komitee, in deren Köpfen das Zeitalter des Kolonialismus noch nicht völlig Vergangenheit war. Es waren immer noch die westliche Sichtweise und westliche Themen, welche die Agenda der evangelikalen Bewegung bestimmten. Doch diese Sichtweise wurde der evangelikalen Realität längst nicht mehr gerecht. Samuel liegt richtig, wenn er sagt, dass die Sondererklärung in Pattaya die Position der Mehrheit der Evangelikalen in der Zwei-Drittel-Welt repräsentierte (Samuel und Sugden 1984, 154).

      Die westlichen missionarischen Bemühungen … ließen sich im allgemeinen nicht auf eine ernsthafte Begegnung mit der religiösen Suche und den sozialen Realitäten in unseren jeweiligen Kontexten ein. Daher sind die Kirchen in der Zwei-Drittel-Welt in der Gefahr, fremdartigen Kategorien verpflichtet zu sein. Diese erlauben es ihnen nicht, den Problemen und Herausforderungen, die in der Verkündigung Christi in unseren Kontexten entstehen, in angemessener Weise zu begegnen. (Konferenzergebnisse 1987 [1982], 276)

      Der Kontext der Zwei-Drittel-Welt mit seinen sozialen Problemen und der starken Präsenz von nicht-christlichen Religionen verlange danach, dass die Evangelikalen ihre eigene Art und Weise entwickeln müssten, das Evangelium weiterzugeben:

      In diesen Kontexten ist es dringend geboten, die biblische Leidenschaft für Gerechtigkeit, das biblische Anliegen der ‚Ganzheitlichkeit‘ des Heils und das biblische Konzept der Universalität Christi zu bedenken. Es ist notwendig für uns, uns eingehend und theologisch nicht nur mit der Realität der Unterdrückung, Machtlosigkeit und Armut einzulassen, sondern auch mit anderen Religionen in ihren verschiedenen Dimensionen, die in manchen unserer Kontexte einen starken Rückhalt besitzen. Die Konferenzberichte, die Referate und auch die Diskussion spiegeln unser Anliegen wider, dass unsere Hermeneutik dem historischen Christentum gegenüber treu zu sein hat und zugleich dem Engagement in unseren jeweiligen Situationen entspringt. Die Aufgaben, denen wir gegenüberstehen, erfordern, dass wir neue Wege suchen, unseren Glauben an Christus Jesus als Herrn zu artikulieren. (Konferenzergebnisse 1987 [1982], 275)

      Die in Lausanne losgetretene Bewegung war in volle Fahrt gekommen. Die Positionen zwischen dem Westen und der Zwei-Drittel-Welt drifteten auseinander, der Ton war scharf, das Misstrauen groß. Es musste ein Weg gefunden werden, um die Gräben in der evangelikalen Bewegung zuzuschütten. Dieser Versuch wurde zwei Jahre später in Grand Rapids unternommen – und er war erfolgreich.

       Grand Rapids (1982)

      Das kritisierte Lausanner Komitee für Weltevangelisation und die Weltweite Evangelische Allianz beriefen auf den Juni 1982 die Consultation on the Relationship of Evangelism und Social Responsibility im nordamerikanischen Grand Rapids ein. Das anfängliche Misstrauen wich während der eine Woche dauernden Konsultation allmählich gegenseitigem Respekt. Der scharfe Ton milderte sich und man bemühte sich, einander zuzuhören.

       Der Konferenzbericht

      Das Ergebnis der Konferenz ist der Bericht über Verkündigung und soziale Verantwortung, der auf Deutsch von Klaus Bockmühl herausgegeben wurde. Einige Aussagen werfen ein gutes Licht auf den Stand des Missionsverständnisses in den frühen 1980er Jahren. Im Bericht heißt es:

      Wir sind entsetzt, dass 800 Millionen Menschen – ein Fünftel der Menschheit – in äußerster Armut existieren … Nur das Evangelium kann Menschenherzen verändern, und kein Einfluss macht Menschen menschlicher als das Evangelium. Dennoch können wir nicht bei der Wortverkündigung stehen bleiben. Zusätzlich zur weltweiten Evangelisation sollte sich das Volk Gottes energisch bei Hilfsaktionen, in der Entwicklungshilfe und in der Suche nach sozialer Gerechtigkeit und Frieden engagieren. (Verkündigung und soziale Verantwortung 1983 [1982], 17)

      Kernstück des Berichts ist die Frage, wie Verkündigung und soziales Handeln sich zueinander verhalten. Während die einen im Vorfeld von Grand Rapids die Position vertreten hatten, Mission sei im Wesentlichen Evangelisation, hatten die anderen die Integration des sozialen Handelns in den Missionsauftrag gefordert. Man erkannte, dass das Beharren auf absoluten Positionen keine verwertbaren Ergebnisse erzielen würde. So legten sich die Teilnehmer darauf fest, dass das Verhältnis zwischen Evangelisation und sozialem Handeln dreifach definiert werden könne (Verkündigung und soziale Verantwortung 1983 [1982], 23–25):

      • Erstens bezeichnete man soziales Handeln als Folge der Evangelisation. Menschen, die zum Glauben kommen, würden ihr neues Leben in den Dienst für andere stellen. Dieser Dienst sei eines der Hauptziele der Verkündigung, denn Christsein müsse immer zu guten Werken führen. Allerdings geschehe dies nicht automatisch und deshalb müsse die Kirche die soziale Verantwortung lehren.

      • Zweitens definierte man soziales Handeln als Brücke zur Verkündigung. Soziales Handeln könne Vorurteile abbauen, geschlossene Türen öffnen und dem Evangelium Gehör verschaffen.

      • Drittens begleite das soziale Handeln die Verkündigung als Partner. Jesus habe den Menschen gedient und ihnen gepredigt. Die gute Nachricht von der Liebe Gottes müsse durch die Sorge für die Bedürftigen verdeutlicht werden, was jedoch nicht heiße, „dass man sie als identisch ansehen sollte, denn Verkündigung ist nicht soziale Verantwortung, und soziale Verantwortung ist nicht Verkündigung. Aber jedes bringt das andere mit ein“ (Verkündigung und soziale Verantwortung 1983 [1982], 25).

      Schließlich wurde die Frage der Vorrangigkeit der Verkündigung behandelt – ein Anspruch, den die Vertreter eines ganzheitlichen Missionsverständnisses zunehmend bestritten. Man berief sich in Grand Rapids auf die Lausanner Verpflichtung, in der es heißt: „Bei der Sendung der Gemeinde zum hingebungsvollen Dienst steht die Verkündigung an erster Stelle.“ Diese Vorrangigkeit wurde einerseits damit begründet, dass die soziale Verantwortung nur wahrgenommen werden könne, wenn durch Verkündigung und Belehrung in der Jüngerschaft Menschen zu sozial verantwortlichen Christen werden. Anderseits sei das ewige geistliche Heil der Menschen wichtiger als ihr zeitliches materielles Wohl (Verkündigung und soziale Verantwortung 1983 [1982], 27).

       Die Reaktion aus der Zwei-Drittel-Welt

      Die Freude der Vertreter eines ganzheitlichen Missionsverständnisses am Ergebnis von Grand Rapids hielt sich in Grenzen. Man nahm mit Genugtuung zur Kenntnis, dass der sozialen Verantwortung auf Kongressebene erstmals Aufmerksamkeit geschenkt und ihre Bedeutung anerkannt worden war. Damit war der Standpunkt der Vertreter eines ganzheitlichen Missionsverständnisses offiziell legitimiert. Eigentlich war das bereits in Lausanne durch den Artikel 5 über die soziale Verantwortung geschehen. Die Auseinandersetzungen, die auf Lausanne folgten, machten eine Konferenz wie Grand Rapids jedoch nötig, damit die Pflicht zum sozialen Handeln als gültige missiologische Position anerkannt wurde. Die Gräben waren zugeschüttet worden.

      Allerdings ging vielen Evangelikalen aus der Zwei-Drittel-Welt der Bericht von Grand Rapids zu wenig weit. Der Kommentar von Valdir Steuernagel gibt dem Empfinden der sozial gesinnten Evangelikalen eine angemessene Stimme. Steuernagel kritisierte drei Umstände an Grand Rapids: Erstens sei die Konsultation den Evangelikalen keine Hilfe gewesen, die täglich mit Armut und Unterdrückung konfrontiert seien СКАЧАТЬ