Название: Kirche ist Mission
Автор: Roland Hardmeier
Издательство: Bookwire
Жанр: Документальная литература
Серия: Edition IGW
isbn: 9783862567577
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Die Mission der Kirche umfasst sowohl die Proklamation des Evangeliums als auch seine Demonstration. Deshalb müssen wir evangelisieren, Antworten auf drängende menschliche Nöte geben und uns für soziale Transformation einsetzen. (Transformation 1987 [1983], V.26)
Umfassende Mission
Berneburg (1997, 197–198) fasst den Beitrag in Wheaton zur Entwicklung des Missionsverständnisses in den folgenden vier Punkten zusammen: Erstens sprach man sich in Wheaton für einen umfassenden Heilsbegriff aus. Es wurden „biblische Horizonte eröffnet, die die individualistische Begrenzung auf die Bekehrung des einzelnen als heilsgeschichtliches Ziel des Wollens Gottes zu überwinden versprechen.“ Zweitens hat man unter dem Begriff der Transformation das umfassende Heil als in allen Lebensbereichen wirkend definiert. Drittens diente das Reich Gottes als Modell für die Transformation. Wheaton „hat die Reich-Gottes-Verkündigung zum Ausgangs- und Angelpunkt des missionarischen Denkens gemacht.“ Viertens ist erklärt worden, dass Mission gleichermaßen in Wort und Tat geschieht. Die Sendung der Kirche soll „sich nicht auf die Verkündigung des Heiles zur Rettung aus der Verlorenheit des Menschen beschränken, sondern gleichberechtigt die Auswirkungen des Heiles in den sozialen Beziehungen demonstrieren.“ Berneburg steht dieser Entwicklung kritisch gegenüber:
Ohne Zweifel drängt sich die Frage auf, ob mit dieser Parallelisierung von göttlichem ewigen Handeln und menschlichem Engagement, das immer der Vorläufigkeit der Weltzeit verhaftet bleibt, nicht letztlich das reformatorische Verständnis der Rechtfertigung allein durch Gottes Gnade aufgegeben wird. Die Stärke der evangelikalen Missionstheologie lag bisher darin, dass sie die Verkündigung der freien Gnade in Jesus Christus gegenüber jeder Verkürzung durch Ethisierung oder durch innerweltliche Veränderungsprogramme bewahrte. Nun steht selbst die evangelikale Missionstheologie in der Gefahr, die missionarische Heilsverkündigung zugunsten eines ganzheitlichen Engagements aus dem Zentrum ihres Anliegens zu verlieren. (Berneburg 1997, 199)
Während Berneburg bei der Transformations-Orientierung von einer „Verkürzung“ des Evangeliums spricht, ist seit Wheaton ein beträchtlicher Teil der Evangelikalen der Auffassung, dass die Transformation eine biblische Erweiterung der Mission darstellt. Das macht deutlich, dass in dem knappen Jahrzehnt seit dem Lausanner Kongress sich die evangelikale Mission rasant gewandelt hatte. War in Lausanne noch zögerlich von der Integration der sozialen Verantwortung in die missionarische Aufgabe die Rede gewesen, wurde diese in Wheaton bereits vorausgesetzt. In Wheaton ging man einen Schritt weiter als in Lausanne und erörterte die Integration der strukturellen Veränderung als Teil der Mission. Lausanne berechtigte die sozial gesinnten Evangelikalen, ihre Tätigkeit als Teil der Mission Gottes zu betrachten. Wheaton ermutigte sie dazu in diese Richtung weiter zu marschieren und die Bekämpfung der Ursachen der sozialen Nöte in den Missionsauftrag zu integrieren. In Wheaton rückte erstmals der ganze Mensch mit all seinen Nöten und die ganze Welt mit all ihren Herausforderungen in den missionarischen Fokus. Die Welt war zur Arena der evangelikalen Mission geworden.
Manila (1989)
Unter dem Thema „Verkündigt Christus, bis er kommt – ein Ruf an die Gemeinde, das ganze Evangelium der ganzen Welt zu bringen“ fand 1989 der größte evangelikale Kongress seit Lausanne statt (auch Lausanne II genannt). Das Thema widerspiegelt das veränderte Gesicht der evangelikalen Mission im ausgehenden 20. Jahrhundert. Der Ausdruck „das ganze Evangelium“ bezog sich auf die Integration der sozialen Verantwortung in das Missionsverständnis. Das Bewusstsein, auf die Nöte der Welt eine biblische Antwort geben zu müssen, war in Manila evangelikales Allgemeingut. Das hatte nicht zuletzt mit dem Umstand zu tun, dass die evangelikale Bewegung repräsentativer vertreten war als früher. 60 Prozent der Teilnehmer kamen aus der Zwei-Drittel-Welt, 25 Prozent waren Frauen.10
Die Armen
Durch den richtungsweisenden Vortrag von Tom Houston traten die Armen in den missionarischen Fokus (Weth 1990, 100).11 Ausgehend von Lk 4,18, wo Jesus sagt, dass er den Armen gute Nachricht bringt, regte Houston zum Nachdenken über die Bedeutung der Armen in Bezug auf das Evangelium dar. Die Armen seien bei Jesus ein Sammelbegriff für die Blinden, Gefangenen und Unterdrückten. Wenn man also sage, dass Jesus kam, um den Armen gute Nachricht zu verkünden, müsse das Evangelium insbesondere den Benachteiligten dieser Welt gebracht werden (Houston 1990, 108–110). Houston forderte eine Evangelisation für die Armen: „Weil fast die Hälfte der Weltbevölkerung arm ist, wird die Welt erst dann evangelisiert werden, wenn die Gute Nachricht auch zu den Armen gebracht wird“ (Houston 1990, 113). Das erfordere konkretes Handeln:
Ich glaube, dass wir die Gute Nachricht von Jesus in einer feindlichen oder ungläubigen Welt überzeugend darstellen können, wenn wir durch Erbarmen das Anliegen der Armen und ihre Bedürfnisse ernst nehmen. Und ich glaube, dass wir in der Lage sein werden, den Säkularismus im Westen zu bekämpfen, wenn wir diese Art von Authentizität der Guten Nachricht Jesu wiederherstellen. (Houston 1990, 115)
Houston forderte die Reichen auf, ihren Beitrag in einer verarmten Welt zu leisten. Mehr als die Hälfte der Evangelikalen weltweit lebe im Reichtum. Würden sie ihren Reichtum mit dem Armen teilen, könnten die meisten Probleme der Welt einschließlich das des Hungers, der Armut und der Krankheit gelöst werden (Houston 1990, 115). Houston rüttelte die reichen Evangelikalen mit der Klage auf: „Während fast eine Milliarde Menschen in absoluter Armut leben, sind die Nachfolger Jesu in ihrem Begehren, noch mehr zu besitzen, kaum von den anderen zu unterscheiden“ (Houston 1990, 114). Sein Hauptanliegen fasste Houston in der Forderung zusammen, dass das Evangelium mit Wort und Tat und Zeichen verkündigt werden müsse (Houston 1990, 116). Mit Houston sprach sich zum ersten Mal ein anerkannter evangelikaler Leiter, der weder dem radikalen Segment angehörte noch aus dem Süden stammte, dezidiert für eine Evangelisation der Armen aus.
Soziale Verantwortung
Die soziale Verantwortung war ein wichtiges Thema in Manila. Der Social Concern Track befasste sich mit der Bedeutung sozialen Handelns. Es ging weniger um eine theologische Erörterung der sozialen Verantwortung als um Erfahrungsberichte und Anregungen für die Praxis. Dieser Umstand ist bemerkenswert. Die soziale Verantwortung war unterdessen in die Missionstheologie integriert worden, so dass es nicht mehr nötig war, ihre Berechtigung zu diskutieren. Mission ohne soziale Verantwortung war unter den Evangelikalen nicht mehr denkbar.
Der Abschlussbericht des Social Concern Tracks zeugt von einer gründlichen theologischen Reflexion der sozialen Verantwortung als Teil der Mission.12 Unter dem Titel „Das ganze Evangelium“ wird der Abschlussbericht mit folgenden Statements eröffnet:
Die Gute Nachricht besteht darin, dass Gott sein Königreich der Gerechtigkeit und des Friedens durch die Menschwerdung, den Dienst, den Sühnetod und die Auferstehung seines Sohnes Jesus Christus errichtet hat. Das Reich Gottes erfüllt das Ziel der Schöpfung Gottes, indem es der Menschheit und der ganzen Schöpfung Ganzheit verleiht. Im Reich Gottes erhalten die Menschen allein aus Gnade einen neuen Status vor Gott und den Menschen, eine neue Würde und einen neuen Wert als Töchter und Söhne, und sie werden bevollmächtigt durch seinen Geist, Haushalter der Schöpfung zu sein und sich in einer neuen Gemeinschaft gegenseitig zu dienen. Das Reich Gottes wird in einem neuen Himmel und einer neuen Erde seine Vollendung erst dann erfahren, wenn Jesus wiederkommt. Diejenigen, die materiell arm sind oder ohnmächtig und sich von dieser Guten Nachricht ansprechen lassen und darauf antworten, werden durch den Heiligen Geist bevollmächtigt, und СКАЧАТЬ