Die Nacht der Schakale. Will Berthold
Чтение книги онлайн.

Читать онлайн книгу Die Nacht der Schakale - Will Berthold страница 17

Название: Die Nacht der Schakale

Автор: Will Berthold

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия:

isbn: 9788711726938

isbn:

СКАЧАТЬ der im Auftrag Dresslers Flüchtlinge aus der DDR herausholt, gleichzeitig aber auch für Pullach arbeitet.«

      Von ihm hatte der erste, noch sehr vage Hinweis auf einen ganz hochstehenden Überläufer aus dem Osten gestammt.

      »Gestern abend aber«, fuhr Gregory fort, »hat Dresslers geschiedene Frau Madeleine einem Spitzenfunktionär des Ostens in einem recht seltsamen Etablissement vermutlich subversives Material übergeben.« Er erhob sich. »Und Max Konopka gehört als potentieller Sperber mit zu unserer ersten Wahl«, stellte er fest.

      »Und das Material haben wir?« fragte ich.

      »Wir haben es nicht«, entgegnete der große Gregory und erhob sich.

      »Sie sehen, Lefty, es gibt viel zu tun, bevor Sie in Ihren neuen Dienst überwechseln und mit dem Whiskyglas in der Hand für Bett und Sternenbanner streiten.« Er reichte mir die Hand. »Den Rest Ihres Lebens können Sie dann ungehindert unter Ihrem richtigen Namen verbringen.«

      »Falls er mir wieder einfällt, Sir«, erwiderte ich.

      »Sie haben wirklich Einfälle, Lefty«, versetzte Gregory. »Ich freue mich, daß Sie so in Form sind. Irgendwie habe ich Sie doch unterschätzt und nicht damit gerechnet, daß Sie Pythia für private Nachfragen mißbrauchen könnten.«

      Er hatte es also doch erfahren.

      »Ich müßte Ihnen jetzt einen Verweis erteilen«, fuhr er fort. »Aber ich werde Sie nicht für einen Fehler verantwortlich machen, der mir unterlaufen ist.«

      Es war das seltsamste Eingeständnis, das ich je von Gregory gehört hatte. Ich traute ihm nicht, und doch – wie sich hinterher herausstellen sollte – noch immer zu viel.

      »Nachdem das Kind schon in den Brunnen gefallen ist, sehe ich mich gezwungen, Ihnen – entgegen unseren Spielregeln – doch einige Auskünfte persönlicher Art zu erteilen.« Der Vice machte eine Kunstpause, als müßte er einen Anfang suchen und hätte sich seine gezuckerten oder gesalzenen Worte nicht längst zurechtgelegt. »Also, Madge Fiddler ist keine CIA-Bedienstete im üblichen Sinn, Sie wissen ja, Lefty, daß es bei mir keine persönliche Protektion gibt, aber in gewisser Hinsicht ist die Dame mit mir sogar verwandt.«

      »Verwandt, Sir?«

      »Ja«, bestätigte er. »Madge ist – das heißt natürlich, sie war – die Frau meines einzigen Neffen, eines sehr tüchtigen Rechtsanwalts. Er ist in Managua bei einer Schießerei, mit der er nicht das geringste zu tun gehabt hatte, ums Leben gekommen. Niemand kann sagen, ob Rebellen oder Somoza-Leute ihn getötet haben. Die junge Witwe hatte es schwer, darüber hinwegzukommen. Es war ja auch eine fürchterliche Geschichte. Ich habe mir lange überlegt, wie ich Madge ein wenig ablenken könnte und ob ich es dürfte. Ich habe dann – ihr zuliebe – alle Bedenken zurückgestellt und sie in diese Reisegruppe gesteckt, mit dem Auftrag, den Sie ja nun kennen, Lefty. Auf diese Weise also ist Madge an Sie geraten. Sicher wollte ich weder mit den Gefühlen meiner angeheirateten Nichte noch mit Ihrer Intimsphäre Schindluder treiben«, behauptete Gregory. »Sollten Sie mehr füreinander sein als eine flüchtige Reisebekanntschaft, kann ich es leider nicht mehr ändern. Höhere Gewalt gibt es immer mal, und meistens zur unrechten Zeit.«

      Die Vorstellung, daß der Vice Verwandte kennen könnte, war an sich schon absurd, daß er ihnen beistehen würde, geradezu grotesk. Mit diesen Erfahrungen verwirrte er mich jedenfalls momentan mehr als mit dem Sperber-Material.

      »Aber etwas müssen Sie mir jetzt versprechen, Lefty«, fuhr er fort. »Keinen Kontakt vor Abschluß dieses Falls. Keinerlei Nachforschungen. Ich verlasse mich darauf.«

      »Gut, Sir«, erwiderte ich.

      »Hinterher können wir über alles sprechen«, beteuerte die Mumie.

      Es war nichts gegen eine solche Vereinbarung einzuwenden; Gregory hatte recht, aber es wäre für mich nur ein Ansporn mehr, so rasch wie möglich mit der Klärung voranzukommen.

      Noch in der gleichen Nacht wollte ich nach München abfliegen, falls der CIA-Gewaltige nicht noch einmal in seine Wundertüte griff.

      6

      Ein kurzes Zwischenhoch lockte sonnenhungrige Großstädter in das Naherholungsgebiet. Seit dem frühen Morgen wurde das malerische Isartal von Ausflüglern aus München überschwemmt. In Rudeln durchzogen sie die sattgrüne Landschaft, in der einst die ›alten Rittersleut‹ zu ihren Raubzügen aufgebrochen sein sollen; sie waren blicklos für das abgesperrte, streng bewachte 60000 Quadratmeter große Areal hinter einer eineinhalb Kilometer langen Mauer zehn Kilometer südlich von München. Hier, im hausintern so benannten ›Camp Nikolaus‹, hatte sich die Zentrale des Bundesnachrichtendienstes eingenistet, und so blühten, mitten im Grünen, die Geheimnisse im Verborgenen.

      Dem Hoheitsadler, der den Eingang bewachte, war von der ersten Nachkriegsbesatzung – amerikanischen Postzensoren – das Hakenkreuz aus den Klauen geschlagen worden, und er gemahnte so noch lange als Pleitegeier an Tatsachen, die mancher Insasse des Camps – inzwischen zum Erfüllungsgehilfen der amerikanischen Besatzungsmacht aufgerückt – nur zu gern verdrängt hätte. Daß es nicht ganz geschähe, dafür hatte zu Zeiten der Organisation Gehlen (ORG) eine Crew von etwa 50 US-Kontrolloffizieren gesorgt, die täglich ins Camp eingerückt war, um ihren umgefärbten ›Camel‹-und ›Candy‹-Spionen auf die Finger zu sehen.

      Nunmehr hielten sich nur noch einige CIA-Leute in der BND-Zentrale auf, als Gäste, nicht als Fronvögte, aber nach wie vor bestand zwischen Pullach und dem Wald von Langley eine direkte Nachrichtenbrücke, die dafür sorgen sollte, daß Verbündete auch Informierte blieben, selbst wenn das Bestreben – zumindest in einem gewissen Stadium –, Geheimnisse voreinander zu bewahren, legitim und beiderseitig ist.

      Ein Fallstrick, in dem sich Nachrichtendienste immer wieder verfangen. Um den Kreis der Mitwisser klein zu halten, erhält man wichtige und nötige Informationen selbst als Partner normalerweise meistens nur dann, wenn das Kind im Brunnen liegt oder wenn die Geheimaktion bereits ruchbar geworden ist.

      Innerhalb des Nachrichtenkrieges stehen nicht nur Westen kontra Osten, sondern tragen die Nato-Länder gelegentlich auch unter sich einen Grabenkampf auf sozusagen nationaler Ebene aus. Aber noch nicht einmal da endet das Fiasko: Selbst im eigenen Land konkurrieren subversive Organisationen, und das heißt, daß sie oft mehr gegeneinander als miteinander arbeiten, zumal die Kompetenzen meistens nur ungenau geregelt sind. Zum Beispiel der Verfassungsschutz gegen den Bundesnachrichtendienst in Deutschland oder in den Staaten das FBI gegen die CIA, von den militärischen Abschirmdiensten, die es hüben und drüben gibt, gar nicht zu reden.

      Steve E. Cassidy, eine in Pullach zunächst freundlich beargwöhnte CIA-Leihgabe für die Dauer des Falls Sperber, erwies sich sehr bald als eine mehr angenehme Überraschung. Der mittelgroße untersetzte Mann mit dem breiten Gesicht, den schütteren Haaren und der Hakennase konnte zuhören, ohne zu unterbrechen. Er äußerte keine Befehle, sondern Bitten, gab keine unerwünschten Ratschläge, stellte keine überflüssigen Fragen und bewies durch Randbemerkungen, daß er im subversiven Fach eine Koryphäe war.

      Er saß bei den Besprechungen einfach mit am Tisch, in der Art eines Ehrenpräsidenten, der still und aufmerksam die Tätigkeit des amtierenden Clubvorstandes verfolgt. Der Verein war staatlich geschützt, immens groß und so kostspielig, daß die Gelder, die er fraß, im Bonner Etat nur verschleiert ausgewiesen wurden, etwa eine halbe Milliarde Mark pro Jahr, vielleicht auch noch viel mehr.

      Außer dem Amerikaner, dem ständig hier stationierten CIA-Beauftragten und dem BND-Präsidenten СКАЧАТЬ