Die Rabenringe - Gabe (Band 3). Siri Pettersen
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Название: Die Rabenringe - Gabe (Band 3)

Автор: Siri Pettersen

Издательство: Bookwire

Жанр: Книги для детей: прочее

Серия:

isbn: 9783038801153

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СКАЧАТЬ gingen hintereinander. Hungl hieß der ganz am Ende. Ein soldatischer Typ mit dunklem Haar und einem kleinen Ziegenbart. Vor ihm ging Grid, ebenso leicht bekleidet wie Skerri und der Einzige, mit dem diese ein paar Worte gewechselt hatte. Anscheinend kannten sie sich gut. Wäre er nicht ebenso blond gewesen, wie Skerri dunkel war, hätte Hirka sie für Geschwister gehalten. Obwohl – die Umpiri bekamen selten mehr als ein Kind. Ein Umstand, der Graal und Naiell wohl die Position verschafft hatte, die sie vor dem Krieg innegehabt hatten.

      Der Erste hinter Hirka war der Mann mit dem stahlgrauen Haar und dem Schaffell um die Schultern. Keskolail, der geschossen hatte. Hirka zögerte einen Moment, aber ihre Erschöpfung war größer als ihre Angst, also blieb sie stehen, um auf ihn zu warten. Skerri ergriff sie am Arm und zog sie weiter.

      »Sprich nicht mit den Gefallenen«, sagte sie.

      »Wer sind …«

      »Wir besprechen seine Strafe, wenn wir im Lager angekommen sind.«

       Lager …

      Schon das Wort wärmte wie ein Feuer. Hirka schöpfte neue Kraft und krümmte den Nacken gegen den Schnee.

      Aber warum sollte er bestraft werden? Hirka warf einen verstohlenen Blick zu dem Mörder hinter ihr. Zu dem Tropfen auf seiner Stirn. Kein anderer hatte so etwas. Er hatte sie immer noch nicht angesehen. Es war, als existierte sie nicht für ihn. Und augenscheinlich sollte er auch nicht für sie existieren.

      Der Hang wurde so steil, dass Hirka ihre Hände zu Hilfe nehmen musste, um voranzukommen. Sie verzichtete darauf, ihre Finger zu betrachten, so blau gefroren, wie sie sicher waren. Wenigstens schneite es hier oben nicht mehr so stark.

      »Habt ihr keine Wege?«, fragte Hirka.

      Skerri sah sie über die Schulter an. »Wege? Du meinst, du bist bereit, gesehen zu werden?«

      Das klang nicht so, als erwartete sie eine Antwort, also sagte Hirka nichts mehr.

      Das Gelände wurde flacher und sie kamen auf eine verschneite Ebene, gesäumt von windschiefen Birken. Die ersten Bäume, die Hirka zu Gesicht bekam. Ein Rabe schrie. Sie konnte ihn nicht sehen, aber sie spürte vor Erleichterung einen Kloß im Hals. Hier gab es Leben. Anderes Leben als nur Blinde.

      Eine Gruppe von spitzen Zelten ragte am anderen Ende der Ebene auf. In Windrichtung waren sie dick eingeschneit, aber die Zelttücher blähten sich trotzdem. Hirka sah sich um und entdeckte mindestens drei Plätze, die mehr Schutz vor dem Wind geboten hätten. Wie es schien, hatte niemand einen Gedanken darauf verschwendet.

      Ihre Hoffnung auf einen Wagen und eine warme Mahlzeit war dahin. Beides würde sie hier kaum vorfinden. Sie bemerkte, dass sie schon wieder zurückgefallen war, und beeilte sich, zu Skerri aufzuschließen.

      »Das ist das Lager?«, fragte sie. »Hier schlaft ihr? Auf der Ebene?«

      »Ja.«

      »Aber … Was, wenn Raubtiere kommen?«

      Skerri sah sie an. Eine steile Falte auf der Stirn zog sich hinab bis zur Nase. »Was meinst du?«

      »Wir sollten vielleicht … Was, wenn wir angegriffen werden?«

      Skerri bleckte die Zähne. Hirka wich einen Schritt zurück und wäre beinahe gestolpert. Die Umpiri brauchten keine Raubtiere zu fürchten. Sie waren Raubtiere.

      »Meinst du, dass wir einen Angriff nicht überleben würden?«

      Hirka schüttelte den Kopf. »Nein. Nein, überhaupt nicht. Ich dachte mehr … an mich. Im Grunde …« Ihre Worte wurden immer leiser und versiegten. Sie schrumpfte unter Skerris Blick zusammen. Fühlte sich wie ein Haar in der Suppe.

      Warme Suppe …

      Skerri ging weiter. Hirka folgte ihr, während sie in Gedanken eine Liste über Dinge anlegte, die sie, wie sie gemerkt hatte, besser nicht ansprechen sollte. Pferde nicht. Wagen vermutlich auch nicht. Nichts, was andeutete, dass die Umpiri nicht selbst gehen konnten. Oder dass sie erschöpft waren. Und unter gar keinen Umständen etwas, das andeutete, sie müssten sich vor irgendetwas fürchten.

      Zwei Totgeborene kamen ihnen entgegen. Beides Frauen. Sie waren ganz verschieden. Eine war dunkelhaarig und trug eine knöchellange Tunika. Wie ein Prediger oder ein Schriftgelehrter. Die andere war blond, gekleidet in Leder und Felle wie ein Jäger. Oder ein Krieger, dem grimmigen Gesichtsausdruck nach zu urteilen. Sie unterhielten sich mit Skerri in einer Sprache, die Hirka nicht verstand. Blindensprache.

       Die Sprache der Umpiri.

      Sie klang fremd und doch vertraut. Die Worte lösten etwas in ihr aus. Wie ein Duft, den man seit Kindertagen nicht mehr gerochen hat. Neu, aber trotzdem ein Teil von ihr.

      Die beiden Frauen blickten Hirka an. Sie knickten ganz leicht mit einem Knie ein, als eine Art Gruß. Hirka hatte das Gefühl, dass sie dasselbe tun sollte. Sie beugte das Knie und spürte im selben Moment eine Hand im Nacken. Skerri hatte sie gepackt und trieb sie vor sich her zu einem Zelt. Sie schob Hirka an dem Fell vorbei, das vor der Zeltöffnung hing, und Hirka stolperte hinein. Sie wartete darauf, dass Skerri ihr folgen sollte, aber die blieb draußen und bellte den anderen Befehle zu.

      Hirka war es recht. Sie blickte sich um. Hier war kaum Platz für zwei. Das Zelttuch wurde in der Mitte von einem Stab hochgehalten. Der Boden war uneben, aber trocken, obwohl er aus Stoff bestand. Wahrscheinlich war er doppelt gelegt oder hatte eine gefettete Unterseite. Zwei Wolldecken lagen zusammengerollt auf einem Tierfell. Sonst enthielt das Zelt nichts. Nicht einmal eine Öllampe oder etwas zum Trinken.

      Hirka ließ ihren Stock fallen und sank auf die Knie. Sie war durstig, hungrig und müde, hätte aber nicht sagen können, was am meisten.

       Durstig.

      Sie streifte den Beutel ab und löste den ledernen Wasserbehälter, der an der Außenseite hing. Sie hatte unterwegs versucht zu trinken, aber es hatte nur wenige Pausen gegeben und das Wasser war zu kalt gewesen. Sie nestelte am Verschluss. Er war festgefroren, sie hatte nicht die Kraft, ihn zu öffnen. Ihre Finger waren gefühllos.

      Ihre Augen begannen zu brennen, sie war den Tränen gefährlich nah. Was war los mit ihr? Wollte sie gleich am ersten Tag heulen, an einem Ort, den sie sich selbst als Reiseziel ausgesucht hatte? Um des Friedens willen. Damit keine Totgeborenen in Ymsland einfielen. Das musste sie sich in Erinnerung rufen. Daran musste sie sich klammern. Frieden. Und daran, das Wissen zu erlangen, das sie brauchte, um Rime vom Schnabel zu befreien.

      Sie schloss die Augen. Er hatte einen Schnabel im Hals. Einen Rabenschnabel. Graal hatte Macht über ihn, so wie er sie über Urd gehabt hatte. Und Urd war verfault …

      Hirka warf den Wasserbeutel von sich. Spürte einen störenden Schneeklumpen unter dem Fußboden und schlug mit beiden Fäusten auf ihn ein.

      Was hatte sie eigentlich erwartet? Was hatte sie gedacht, welche Leute sie hier treffen würde? Eine Familie? War sie so naiv gewesen? War sie noch immer nichts anderes als ein junges Mädchen, das sich danach sehnte, irgendwo zu Hause zu sein?

      Das Türfell wurde beiseitegeschoben und Skerri kam herein. Hirka sprang auf. Sie zuckte jedes Mal zusammen, wenn sie Skerris Gesicht sah. Das schwarze Haar und die schwarzen Lippen auf der bleichen Haut. Wäre sie keine Umpiri gewesen, hätte Hirka СКАЧАТЬ