Название: Ausgewählte Wildwestromane von James Fenimore Cooper
Автор: James Fenimore Cooper
Издательство: Bookwire
Жанр: Книги для детей: прочее
isbn: 9788027209774
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»Du bist eine verständige Schildwache«, sagte der Richter. »So verfahre wenigstens für diese Nacht nach Gutdünken mit den Wäldern.«
Benjamin tat, wie ihm geheißen wurde, und noch ehe zwei Stunden vergingen, erfuhr man, daß seine Vorsichtsmaßregeln nicht unnötig gewesen waren. Der Südwind hatte sich in der Tat ganz ausgeblasen, und es war jene Windstille eingetreten, die gewöhnlich eine bedeutende Wetterveränderung anzeigt. Lange vorher, ehe sich die Familie zur Ruhe begab, wurde die Kälte schneidend scharf, und als Monsieur Le Quoi aufbrach, um im Mondschein sein eigenes Nachtquartier aufzusuchen, sah er sich genötigt, eine Wolldecke zu entleihen, um seinen Körper darein zu hüllen, trotz der vielen Kleider, mit denen er sich weislich für diese Gelegenheit versehen hatte. Der Geistliche und seine Tochter blieben für die Nacht als Gäste in dem Herrenhaus, und die Nachwehen der vorangegangenen Nachtschwärmerei veranlaßten die Herren, sich zeitig nach ihren Gemächern zurückzuziehen. Die ganze Familie war daher schon lange vor Mitternacht in den Federn.
Elisabeth und ihre Freundin waren noch wach, als sie schon den Nordwestwind um das Gebäude heulen hörten, und erfreuten sich des angenehmen Gefühls, das unter solchen Umständen stets mit einem Zimmer, in welchem das Feuer noch nicht zu glimmen aufgehört hat, verbunden ist, zumal wenn sich Vorhänge, Läden und Bettdecken vereinigen, um eine angenehme Temperatur zu unterhalten. Als Elisabeth eben ihre Augen im letzten Stadium der Schläfrigkeit noch einmal öffnete, ließ sich aus dem Brausen des Windes ein langes klägliches Geheul vernehmen, das für einen Hund zu wild schien und doch eine große Ähnlichkeit mit den Lauten dieses treuen Tieres hatte, wenn die Nacht seine Wachsamkeit steigert and seiner Unruhe eine gewisse Feierlichkeit verleiht. Luise Grant drängte sich unwillkürlich näher an die junge Erbin, welche, als sie fand, daß ihre Gefährtin noch wache, mit leisem Ton, als fürchte sie mit ihrer Stimme irgendeinen Zauber zu unterbrechen, zu sprechen begann.
»Diese fernen Laute tönen so kläglich und doch schön. Können es wohl die Hunde aus Lederstrumpfs Hütte sein?«
»Es sind Wölfe, die sich von den Bergen an den See heruntergewagt haben«, flüsterte Luise, »und die nur durch die Lichter vom Dorf abgehalten werden. Der Hunger trieb sie, seit wir hier sind, einmal des Nachts bis vor unsere Türe. Das war eine schreckliche Nacht! Aber Richter Temples Reichtum gewährt ihm zu viel Schutz, als daß man in seinem Hause etwas zu fürchten hätte.«
»Die Absicht meines Vaters ist, auch die Wälder zu zähmen«, rief Elisabeth, indem sie die Decke zurückwarf und sich im Bett aufrichtete. »Wie schnell ist die wilde Natur vor der Zivilisation zurückgewichen!« fuhr sie fort, indem ihre Augen nicht nur über die Bequemlichkeiten, sondern auch über den Luxus ihres Gemachs hinflogen, während ihr Ohr auf das fern vom See her tönende Geheul horchte. Als sie jedoch fand, daß die Furcht der Gefährtin auch ihr die Töne unheimlich machte, legte sie sich wieder zurück und vergaß bald die Schrecken des Landstriches in einem tiefen Schlaf.
Die Mädchen wurden am andern Morgen durch das Eintreten einer Dienerin geweckt, die das Feuer anmachen wollte. Sie standen auf und beendigten die kleinen Vorbereitungen zu ihrer Toilette in der reinen und kalten Atmosphäre, welche sich sogar durch Miß Temples wohlverwahrtes Zimmer nicht ausschließen ließ. Als Elisabeth sich angekleidet hatte, näherte sie sich einem Fenster, zog den Vorhang auf, öffnete den Laden und versuchte, durch die Scheiben einen Blick auf das Dorf und den See zu werfen. Aber dicke Eisblumen bedeckten das Glas und hemmten die Aussicht, obgleich sie dem Licht Zutritt gestatteten. Sie öffnete sodann das Fenster, und nun bot sich ihrem Auge ein wahrhaft entzückender Anblick.
Der See hatte seine fleckenlose Schneedecke gegen eine Fläche von dunklem Eis vertauscht, welche die Strahlen der aufgehenden Sonne gleich einem polierten Spiegel zurückwarf. Die Häuser waren in ein ähnliches Gewand gekleidet, das übrigens seiner Lage wegen wie blanker Stahl erglänzte, während ungeheure Eiszapfen, die von jedem Dach herunterhingen, das herrliche Licht auffingen und sich gegenseitig zuzuwerfen schienen, da jeder auf der Lichtseite in goldenen Strahlen glitzerte, die sich auf der anderen in die Schatten eines dunklen Hintergrundes verloren. Das anziehendste Schauspiel bildete jedoch der Anblick der endlosen Forsten, welche die hintereinander sich auftürmenden Berge bedeckten. Die riesigen Arme der Fichten und Schierlingstannen beugten sich unter der Wucht des Eises, das sie zu tragen hatten, während ihre Spitzen sich über die rundlichen Gipfel der Eichen, Buchen und Ahorne wie Türme von geglättetem Silber über Domdächern von dem gleichen Material ausnahmen. Den westlichen Horizont begrenzte eine leuchtende Wellenlinie, als ob sich daselbst gegen die Ordnung der Natur zahllose Sonnen erheben wollten. Im Vordergrund des Gemäldes, längs den Ufern des Sees und in der Nähe des Dorfes, schien jeder Baum mit Diamanten übersät. Selbst die Seiten der Berge, wo die Strahlen der Sonne noch nicht hinreichen konnten, prunkten in einem glasigen Gewand, das jede Abstufung des Glanzes schauen ließ, von den Lichtstreifen der ersten Sonnenstrahlen bis zu dem dunklen Nadelwerk der Tannen, das unter der Hülle von Kristall schimmerte. Mit einem Wort, die ganze Landschaft war ein zitterndes Strahlenmeer, da See, Berge, Dorf und Wälder, jedes sein besonderes Licht, mit der ihm eigentümlichen Farbe und nach Lage und Größe wechselnd, aussandte.
»Sehen Sie!« rief Elisabeth, »sehen Sie, Luise; eilen Sie ans Fenster und schauen Sie die wundervolle Veränderung!«
Miß Grant kam, und nach einem kurzen Schweigen bemerkte sie mit leisem Ton, als fürchte sie sich vor ihrer eigenen Stimme:
»Die Veränderung ist in der Tat wunderbar! Ich bin ganz überrascht, daß er sie so schnell bewerkstelligen konnte.«
Elisabeth wandte sich erstaunt um, als sie eine so skeptische Äußerung aus dem Munde von Herrn Grants Tochter hörte, fand aber mit einiger Überraschung, daß die sanften blauen Augen ihrer Gefährtin statt auf dem herrlichen Naturschauspiel auf der Gestalt eines jungen Mannes weilten, der vor der Tür draußen in ernstem Gespräch mit ihrem Vater begriffen war. Es bedurfte eines zweiten Blickes, ehe sie in derselben die Person des jungen Jägers in einer zwar einfachen Tracht, aber dennoch in der eines Mannes von Stand zu erkennen vermochte.
»Alles scheint in diesem Zauberland ans Wunderbare zu grenzen«, sagte Elisabeth, »und unter allen Wechseln, die sich vor unseren Augen auftun, ist dieser gewiß nicht der am wenigsten auffallende. Die Schauspieler sind so einzig wie die Bühne.«
Miß Grant errötete und zog den Kopf zurück.
»Ich bin nur ein einfaches Landmädchen, Miß Temple«, begann sie, »und ich fürchte, Sie werden eine sehr unbedeutende Gesellschafterin an mir finden. – Ich weiß nicht, ob ich alles verstehe, was Sie sagen; aber ich war in der Tat der Meinung, Sie hätten mich auf die Veränderung bei Herrn Edwards aufmerksam machen wollen. Ist es nicht sehr wunderbar, wenn wir uns seiner Abkunft erinnern? Es heißt, er sei ein halber Indianer.«
»Jedenfalls ein vornehmer Wilder. Doch gehen wir hinunter, um dem Sachem seinen Tee zu geben: – denn ich vermute, daß er ein Abkömmling von König Philipp, wenn nicht gar ein Enkel von Pocahontas ist.«
Die Damen begegneten in der Halle dem Richter Temple, der seine Tochter beiseite nahm, um ihr die mit dem neuen Hausgenossen vorgegangene Umwandlung mitzuteilen, welche ihr jedoch nichts Neues mehr war.
»Er spricht offenbar nur widerstrebend über seine frühere Lage«, fuhr Marmaduke fort, »denn ich entnehme aus seinen Reden wie aus seinem ganzen Wesen, daß er einst bessere Tage gesehen hat Ich möchte fast Richards Ansicht über seine Abkunft beistimmen; denn es ist nichts Ungewöhnliches, daß die indianischen Führer ihren Kindern eine lobenswerte Erziehung geben und –«
»Ganz СКАЧАТЬ