Der letzte Mensch. Mary Shelley
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Название: Der letzte Mensch

Автор: Mary Shelley

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия:

isbn: 9783159618371

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СКАЧАТЬ ihre Gefährtin zu erkennen: Es war Idris, der bis jetzt unsichtbare Gegenstand meiner närrischen Schwärmerei.

      In welchen passenden Begriffen der Bewunderung und des Entzückens, in welchen gewählten Ausdrücken und sanftem Fluss der Sprache kann ich die Schönste, Weiseste, Beste beschreiben? Wie mit der ärmlichen Auswahl von Worten den Glorienschein, die tausend anmutigen Reize, die sie umgaben, vermitteln? Das Erste, was einen beim Anblick dieses bezaubernden Antlitzes beeindruckte, war seine vollkommene Tugendhaftigkeit und Offenheit. Freimut sprach aus ihrem Gesicht, Schlichtheit aus ihren Augen, himmlische Güte aus ihrem Lächeln. Ihre große, schlanke Gestalt war anmutig wie eine Pappel in der Brise, und ihr göttlicher Gang war wie der eines geflügelten Engels, der soeben von der Höhe des Himmels herabgestiegen war. Die perlengleiche Makellosigkeit ihres Antlitzes war mit einer zarten Röte überhaucht, ihre Stimme ähnelte dem leisen, gedämpften Ton einer Flöte. Am einfachsten ist es vielleicht, dies im Gegensatz zu beschreiben. Ich habe die Vollkommenheit meiner Schwester ausführlich beschrieben; und doch war sie Idris völlig unähnlich. Perdita war, selbst wo sie liebte, zurückhaltend und schüchtern; Idris war offen und vertrauensvoll. Die eine schreckte in die Einsamkeit zurück, um sich dort vor Enttäuschung und Verletzung zu verschanzen; die andere ging frei heraus und glaubte, dass ihr niemand etwas antun würde. Wordsworth hat eine geliebte Frau mit zwei schönen Gegenständen in der Natur verglichen; doch seine Zeilen schienen mir stets eher ein Gegensatz als eine Ähnlichkeit zu sein:

       Ein Veilchen bei dem moosgen Stein

      Vom Auge kaum gesehn,

      Schön wie ein Sternlein, das allein

      Am Himmelsdom darf stehn.

      Solch ein Veilchen war die süße Perdita, die selbst davor erzitterte, sich der Luft auszusetzen, die vor der Betrachtung zurückschrak, aber von ihren Vorzügen verraten wurde; und denen, die sie auf ihrem einsamen Pfad aufsuchten, mit tausendfacher Anmut die Mühe vergalt. Idris war wie der Stern, in einzigartiger Pracht in der trüben Dämmerung des milden Abends strahlend; bereit, die Welt zu erleuchten und zu erfreuen, jeden Makel verhütend durch ihre unendliche Entfernung von allem, was nicht wie sie dem Himmel gleich war.

      Ich fand diese Vision von Schönheit vor Perditas Hütte, in ernsthafte Unterhaltung mit deren Bewohnerin vertieft. Als meine Schwester mich sah, erhob sie sich, nahm meine Hand und sagte: »Er ist hier, gerade auf unseren Wunsch; dies ist Lionel, mein Bruder.«

      Idris erhob sich ebenfalls, wandte mir ihre himmlisch blauen Augen zu und sagte anmutig: »Sie brauchen kaum vorgestellt zu werden; wir haben ein von meinem Vater hoch geschätztes Bild, das Ihren Namen sofort erklärt. Sie werden diese Verbindung anerkennen, Verney, und ich fühle, dass ich Ihnen als Freund meines Bruders vertrauen darf.«

      Dann, mit einer unter den Lidern zitternden Träne und bebender Stimme, fuhr sie fort: »Liebe Freunde, haltet es nicht für merkwürdig, dass ich jetzt, wo ich euch zum ersten Mal besuche, eure Hilfe erbitte und euch meine Wünsche und Ängste anvertraue. Allein zu euch wage ich zu sprechen, ich habe euch von unparteiischen Zuschauern loben hören, ihr seid die Freunde meines Bruders, deshalb müsst ihr auch die meinen sein. Was kann ich sagen? Wenn ihr euch weigert, mir zu helfen, bin ich in der Tat verloren!« Sie richtete die Augen gen Himmel, während ihr verwundertes Publikum schweigend lauschte; dann rief sie, wie von ihren Gefühlen übermannt: »Mein Bruder! Geliebter, unglückseliger Adrian! Was sagst du zu deinen üblen Geschicken? Zweifellos habt ihr beide die gegenwärtige Geschichte gehört; glaubt der Verleumdung womöglich; doch er ist nicht von Sinnen! Selbst wenn ein Engel vom Fuße des Thrones Gottes dies behaupten würde, so würde ich es doch niemals, niemals glauben. Er wird betrogen, verraten, eingekerkert – rettet ihn! Verney, Sie müssen es tun, suchen Sie ihn, in welchem Teil der Insel auch immer er verborgen wird, finden Sie ihn, retten Sie ihn vor seinen Verfolgern, stellen Sie ihn für sich selbst wieder her, für mich – auf der ganzen Erde kann ich niemanden lieben als nur ihn allein!«

      Ihr ernsthafter Appell, so süß und leidenschaftlich ausgedrückt, erfüllte mich mit Verwunderung und Mitgefühl; und, als sie mit aufgeregter Stimme und Blick hinzufügte, »Sind Sie bereit, dieses Unternehmen zu wagen?«, schwor ich voller Tatkraft und Aufrichtigkeit, mich der Wiederherstellung und dem Wohlergehen Adrians in Leben und Tod zu widmen. Dann besprachen wir den Plan, den ich verfolgen sollte, und die wahrscheinlichsten Mittel, um seinen Aufenthaltsort zu entdecken. Während wir uns ernst unterhielten, kam Lord Raymond unangekündigt herein. Ich sah Perdita zittern und erbleichen und die Wangen Idris’ hoch erröten. Er hätte erstaunt über unsere Versammlung gewesen sein müssen, sogar bestürzt; doch er war weder das eine noch das andere; er grüßte meine Gefährtinnen und sprach mich mit einem herzlichen Wort an. Idris verstummte für einen Augenblick und sagte dann mit äußerster Liebenswürdigkeit: »Lord Raymond, ich vertraue auf Ihre Güte und Ehre.«

      Er lächelte hochmütig, neigte sein Haupt und fragte eindringlich: »Vertrauen Sie wirklich, Lady Idris?«

      Sie bemühte sich, seine Gedanken zu lesen, und antwortete dann mit Würde: »Wie es Ihnen beliebt. Es ist gewiss am besten, sich nicht durch irgendeine Verschleierung zu kompromittieren.«

      »Verzeihen Sie mir«, antwortete er, »falls ich Sie beleidigt habe. Ob Sie mir vertrauen oder nicht, Sie können sich stets darauf verlassen, dass ich mein Äußerstes tun werde, um Ihre Wünsche zu erfüllen, worin auch immer diese bestehen mögen.«

      Idris lächelte zum Dank und erhob sich, um zu gehen. Lord Raymond bat um die Erlaubnis, sie nach Schloss Windsor zu begleiten, was sie ihm bewilligte, und sie verließen die Hütte gemeinsam. Meine Schwester und ich blieben zurück – wahrhaft wie zwei Narren, die glaubten, sie hätten einen goldenen Schatz erhalten, bis er sich im Tageslicht als Blei erwies – zwei dumme, glücklose Fliegen, die in den Sonnenstrahlen gespielt hatten und sich dabei im Spinnennetz verfingen. Ich lehnte mich gegen den Fensterflügel, beobachtete diese beiden herrlichen Wesen, bis sie in den Waldlichtungen verschwanden, und wandte mich dann um. Perdita hatte sich nicht bewegt; ihre Augen waren auf den Boden gerichtet, ihre Wangen blass, ihre Lippen weiß. Regungslos und steif, jeder Zug in ihrem Antlitz von Kummer gezeichnet, saß sie da. Erschrocken ergriff ich ihre Hand, doch sie zog sie zitternd zurück und rang um Fassung. Ich bat sie, mit mir zu sprechen: »Nicht jetzt«, antwortete sie, »und sprich auch du jetzt nicht mit mir, mein lieber Lionel; du kannst nichts sagen, denn du weißt nichts. Ich werde dich morgen sehen.« Sie erhob sich und ging aus dem Zimmer; sie hielt jedoch an der Tür inne, lehnte sich dagegen, als hätten ihre schwermütigen Gedanken ihr die Kraft genommen, sich aufrecht zu halten, und sagte: »Lord Raymond wird wahrscheinlich zurückkehren. Wirst du ihm sagen, dass er mich heute entschuldigen muss? Denn es geht mir nicht gut, ich werde ihn morgen sehen, wenn er es wünscht, und dich ebenfalls. Du solltest besser mit ihm nach London zurückkehren, dort kannst du die vereinbarten Erkundigungen über den Graf von Windsor einholen und mich morgen wieder besuchen, bevor du weiterreist – bis dahin, leb wohl!«

      Sie sprach stockend und schloss mit einem schweren Seufzer. Ich gewährte ihr die Bitte, und sie verließ mich. Ich fühlte mich, als sei ich aus der Ordnung der systematischen Welt ins Chaos gestürzt, ins Finstere, Widersprüchliche, Unverständliche. Dass Raymond Idris heiraten sollte, war unerträglicher denn je; doch war meine Leidenschaft, obwohl sie von Geburt an stark war, zu roh und ungeübt, als dass ich das Elend, das ich in Perdita wahrgenommen hatte, sofort gespürt hätte. Was sollte ich tun? Sie hatte sich mir nicht anvertraut; ich konnte von Raymond keine Erklärung verlangen, ohne die Gefahr einzugehen, ihr vielleicht am sorgfältigsten gehütetes Geheimnis zu verraten. Ich würde die Wahrheit am nächsten Tag von ihr erhalten – in der Zwischenzeit – aber während ich damit beschäftigt war, mir immer mehr Gedanken zu machen, kehrte Lord Raymond zurück. Er fragte nach meiner Schwester, und ich übermittelte ihre Nachricht. Nachdem er einen Augenblick darüber nachgedacht hatte, fragte er mich, ob ich nach London zurückkehren würde und ob ich ihn begleiten wolle. Ich stimmte zu. Er war gedankenverloren und blieb während eines beträchtlichen Teils СКАЧАТЬ