Der letzte Mensch. Mary Shelley
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Название: Der letzte Mensch

Автор: Mary Shelley

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия:

isbn: 9783159618371

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СКАЧАТЬ und eine längere Verzögerung würde die notwendige Ausbildung immer verdrießlicher machen.« Er sah voraus, dass sein eigenes Leben mühevoll sein würde und ich seine Anstrengungen mit ihm teilen müsste. Um mich besser tauglich zu dieser Aufgabe zu machen, müssten wir uns nun trennen. Er fand heraus, dass ich durch meinen Namen bevorzugt wurde, und hatte mir die Stelle eines Privatsekretärs beim Botschafter in Wien besorgt, wo ich unter besten Bedingungen meine Laufbahn beginnen sollte. In zwei Jahren sollte ich mit einem bekannten Namen und einem guten Ruf in mein Land zurückkehren.

      Und Perdita? – Perdita sollte die Schülerin, Freundin und jüngere Schwester von Evadne werden. Mit seiner üblichen Bedachtsamkeit hatte er in dieser Lage für ihre Unabhängigkeit gesorgt. Wie hätte ich die Angebote dieses großzügigen Freundes abschlagen können? – Ich wollte sie nicht ablehnen; doch in meinem innersten Herzen legte ich das Gelübde ab, mein Leben, mein Wissen und meine Kraft – alles, was davon von irgendeinem Wert war, hatte er mir geschenkt – alles, all meine Fähigkeiten und Hoffnungen, ihm allein zu widmen.

      Dieses Versprechen gab ich mir selbst, als ich mit geweckter feuriger Erwartung auf mein Ziel zusteuerte: Erwartung der Erfüllung all dessen, was wir uns in jungen Jahren an Macht und Vergnügen in der Reife versprechen. Mich dünkte, dass nun die Zeit gekommen sei, in welcher ich, aller kindlichen Beschäftigungen entledigt, ins Leben eintreten sollte. Selbst auf den elysischen Feldern, schreibt Vergil, dürsteten die Seelen der Glücklichen danach, von den Wassern zu trinken, die ihre sterbliche Hülle wiederherstellen sollten. Die Jungen sind selten im Elysium, denn ihre Begierden, die alles Mögliche überflügeln, lassen sie so arm wie einen mittellosen Schuldner zurück. Wir werden von den weisesten Philosophen über die Gefahren der Welt, die Täuschungen der Menschen und den Verrat unserer eigenen Herzen unterrichtet. Doch nicht weniger furchtlos legt jeder mit seiner zerbrechlichen Barke vom Hafen ab, hisst das Segel und legt sich ins Ruder, um in die mannigfaltigen Strömungen im Ozean des Lebens zu gelangen. Wie wenige legen in den besten Jahren der Jugend mit ihren Booten an den »goldenen Stränden« an und sammeln die bunten Muscheln, mit denen sie bestreut sind. Doch sie alle machen sich am Ende des Tages mit zerbrochenen Planken und zerrissener Leinwand zum Ufer auf und gehen entweder leck, bevor sie es erreichen, oder finden einen wellengepeitschten Hafen, einen verlassenen Strand, worauf sie geworfen werden und unbetrauert sterben.

      Ein Waffenstillstand mit der Philosophie! – Das Leben liegt vor mir, und ich stürze mich darauf, um von ihm Besitz zu ergreifen. Hoffnung, Ruhm, Liebe und untadeliger Ehrgeiz sind meine Führer, und meine Seele kennt keine Furcht. Das Vergangene, wenn es auch süß war, ist vorbei; die Gegenwart ist nur gut, weil sie in der Veränderung begriffen ist, und das Kommende gehört mir allein. Fürchte ich mich, weil mein Herz klopft? Hohe Bestrebungen bewirken den Fluss meines Blutes; meine Augen scheinen in das trübe Zwielicht der Zeit einzudringen und in den Tiefen ihrer Dunkelheit die Erfüllung all meiner Seelenwünsche zu erkennen.

      Nun still! – Während meiner Reise möchte ich träumen und mit kräftigen Schwingen den Gipfel des höchsten Gebäudes des Lebens erreichen. Nun, wo ich an seinem Fundament angelangt bin, sind meine Flügel gefaltet, die mächtige Treppe liegt vor mir, und Schritt für Schritt muss ich den wundersamen Bau erklimmen –

       Sprich! – Welche Tür wird geöffnet?

      Seht mich in einer neuen Funktion. Ein Diplomat: einer unter den Vergnügungssüchtigen einer munteren Stadt; ein verheißungsvoller Jüngling; der Liebling des Botschafters. Alles war seltsam und großartig für den Hirten aus Cumberland. Mit atemlosem Erstaunen trat ich in die heitere Gesellschaft ein, deren Akteure wie

       – die Lilien waren, prächtig wie Salomon,

      und weder werkten, noch spannen.

      Bald, viel zu bald, betrat ich den wirbelnden Strudel; vergessen waren meine Stunden des Studiums und der Gesellschaft Adrians. Leidenschaftliches Verlangen nach Zugehörigkeit und heißes Streben nach einem ersehnten Gegenstand zeichneten mich noch immer aus. Der Anblick von Schönheit bezauberte mich, und anziehendes Betragen in Mann oder Frau gewannen meine ganze Aufmerksamkeit. Ich hielt es für Verzückung, wenn ein Lächeln mein Herz erbeben ließ; und ich spürte, wie das Blut des Lebens durch meinen Körper brauste, wenn ich mich der Person näherte, die ich für eine Weile verehrte. Die vorbeiströmenden triebhaften Geister waren das Paradies, und am Ende der Nacht sehnte ich mich schon nach einer Erneuerung der berauschenden Täuschung. Das blendende Licht geschmückter Räume, reizende Gestalten in prächtigen Kleidern, die Bewegungen eines Tanzes, die schwelgerischen Töne exquisiter Musik umhüllten meine Sinne in einem nicht enden wollenden herrlichen Traum.

      Und ist dies nicht auf seine Weise Glück? Ich wende mich an die Moralisten und Weisen. Ich frage, ob sie in der Ruhe ihrer gemessenen Träumereien, wenn sie tief in Meditationen versunken ihre Stunden füllen, die Ekstase eines jungen Neulings in der Schule des Vergnügens fühlen? Können die ruhigen Blicke ihrer himmelsuchenden Augen den Blitzen verschiedenartiger Leidenschaft entsprechen, die ihn blenden? Oder stürzt der Einfluss trockener Philosophie ihre Seele in ein Entzücken, das dem seinem gleicht, wenn er

      In diesem Akt jugendlichen Vergnügens

      begriffen ist?

      Doch in Wahrheit vermögen weder das einsame Nachsinnen des Einsiedlers noch die berauschten Verzückungen des Nachtschwärmers, das Herz des Menschen zu befriedigen. Durch das eine sammeln wir rastlose Mutmaßungen, durch die anderen Übersättigung. Der Geist erbebt unter dem Gewicht des Gedankens und versinkt in der herzlosen Gesellschaft jener, deren einziges Ziel die Belustigung ist. Es liegt keine Erfüllung in ihrer hohlen Gefälligkeit, und unter den lächelnden Wellen dieser seichten Gewässer lauern schroffe Felsen.

      So empfand ich es, als Enttäuschung, Ermüdung und Einsamkeit mich dazu zwangen, die verlorene Freude wieder in meinem ausgedorrten Herzen zu suchen. Meine ermattenden Lebensgeister verlangten nach etwas Zuneigung, und da ich sie nicht fand, ließ ich mich fallen. So ist der Eindruck, den ich von meinem Leben in Wien habe, trotz der gedankenlosen Freude, die mich zu Beginn erwartete, ein schwermütiger. Goethe hat gesagt, dass wir in der Jugend nicht glücklich sein können, wenn wir nicht lieben. Ich liebte nicht; doch zehrte an mir der rastlose Wunsch, anderen etwas zu bedeuten. Ich wurde zum Opfer der Undankbarkeit und der kalten Koketterie – dann verzagte ich und gelangte zur Überzeugung, dass meine Unzufriedenheit mir das Recht gebe, die Welt zu hassen. Ich zog mich in die Einsamkeit zurück; ich las wieder in meinen Büchern, und meine Sehnsucht nach der Gesellschaft Adrians wurde zu einem brennenden Durst.

      Begeisterung, die in ihrem Übermaß fast die giftigen Eigenschaften von Neid annahm, versetzte diesen Gefühlen einen Stich. Zu dieser Zeit erfüllten der Name und die Heldentaten eines meiner Landsleute die Welt mit Bewunderung. Berichte dessen, was er getan hatte, und Vermutungen bezüglich seiner zukünftigen Handlungen waren die nie versagenden Themen der Stunde. Ich ärgerte mich nicht für mich selbst, sondern empfand es so, als ob das Lob, das dieses Idol erhielt, Blätter seien, die den für Adrian bestimmten Lorbeerkränzen entrissen wurden. Doch zuvorderst muss ich etwas über diesen Liebling der Gesellschaft berichten – diesen Günstling der wunderliebenden Welt.

      Lord Raymond war der einzige Überlebende einer adligen, aber verarmten Familie. Seit frühester Jugend war er über die Maßen stolz auf seinen Stammbaum gewesen und hatte bitter seinen Mangel an Vermögen beklagt. Sein größter Wunsch war eine Erhöhung, und welche Mittel zu diesem Zweck führten, waren zweitrangige Erwägungen. Er war hochmütig und erzitterte doch davor, den ihm gebührenden Respekt einzufordern, ehrgeizig, aber zu stolz, um seinen Ehrgeiz zu zeigen, willens, Ehre zu erlangen, aber ein Liebhaber des Vergnügens. So trat er in die Gesellschaft ein. An der Schwelle wurde er von einer Beleidigung getroffen, ob es nun eine wirkliche oder eine eingebildete war; eine gewisse Ablehnung, wo er sie am wenigsten erwartete; eine gewisse Enttäuschung, die für seinen Stolz schwer zu ertragen war. Er krümmte sich unter einer Verletzung, die er nicht rächen konnte; er verließ England und schwor, СКАЧАТЬ