Abenteuer auf den Inseln: Nonnis Erlebnisse auf Seeland und Fünen. Jón Svensson
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Читать онлайн книгу Abenteuer auf den Inseln: Nonnis Erlebnisse auf Seeland und Fünen - Jón Svensson страница 12

СКАЧАТЬ Rute vorhaben?“

      „Ich will den Burschen fragen“, flüsterte ich ihm zurück.

      Dann nahm ich mir ein Herz und fragte den Burschen:

      „Was hat er mit der Rute vor?“

      Das will ich dir sagen, mein Junge: Er hat vor, euch beiden eine Züchtigung zu geben, die ihr nicht so bald wieder vergessen werdet. Und das kann ich euch sagen: er versteht sich auf so was.“

      Der junge Mann schien Freude zu haben an unsern verdutzten Gesichtern. Er fuhr fort:

      „Ja, er versteht sich darauf: Vor kurzem faßte ich auch zwei Jungen in eurem Alter hier ab. — Milch hatten sie zwar nicht gestohlen, wie ihr, so schlimme Kumpane waren es nicht einmal. Sie haben nur die Kühe gefoppt und einige Steinchen nach ihnen geworfen. Als ich die beiden Burschen aber erwischt hatte und sie unserem Bauern nach dem Hof brachte, hat er sie dermaßen mit einer Birkenrute durchgeprügelt, daß man sie dort drüben noch schreien hörte.“ Dabei zeigte er mit der Hand nach einem Hof, der wohl eine halbe Stunde Weges entfernt war.

      Das waren schlechte Aussichten für uns. Wir waren wie zerschmettert. Was war nun zu tun? Es kam mir der Gedanke, uns beide durch die Flucht zu retten.

      Ohne ein Wort zu sagen, hob ich meinen Rucksack vom Boden auf, schnallte ihn rasch an meinen Rücken mit der Absicht, mit Valdemar davonzulaufen.

      Aber der schlaue Bursche schien meine Gedanken zu erraten. Er sagte ganz gelassen:

      „Ich gebe euch einen Rat: versucht nicht davonzulaufen; denn wenn ihr das tut, werde ich den Hund zum zweiten Male auf euch loslassen. Und — ihr wißt! — der hat gute Beine und kann euch unter Umständen gefährlich werden.“

      Ich verstand sogleich, daß jeder Fluchtversuch aussichtslos sei. — Es blieb nichts anderes für uns übrig, als unser Geschick abzuwarten.

      Der Bauernbursche hob den Becher, den ich vorher auf den Boden hatte fallen lassen, auf, betrachtete die Milch, die daran klebte, und sagte:

      „Der könnte ja als Beweis gegen euch dienen, doch das ist nicht notwendig. Wir haben ja vom Hof aus alles gesehen.“

      Dann steckte er den Becher unter vergnügtem Pfeifen in meinen Rucksack hinein. Und so konnten wir nun den Weg nach dem Hof antreten.

      Die Aussicht auf die Züchtigung mit der Birkenrute hatte mich bis jetzt alles andere vergessen lassen — selbst die Wunden, die mir der Hund am Oberarm beigebracht hatte. Jetzt aber brannten und schmerzten sie mich von Augenblick zu Augenblick immer mehr.

      Da schoß mir plötzlich ein glücklicher Gedanke durch den Kopf:

      Einige Wochen vorher hatte ich in Kopenhagen gesehen, wie ein Junge einen großen Hund geneckt und von diesem gebissen worden war. Die Eltern des verwundeten Jungen zeigten die Sache an; sie kam vor Gericht, und der Eigentümer des Hundes wurde verurteilt, dem Jungen nicht nur die zerrissenen Kleider zu ersetzen, sondern ihm auch Schmerzensgeld zu bezahlen. Und das, trotzdem der Junge nicht ganz unschuldig war.

      Das war ja gerade mein Fall hier. Auch ich war nicht ganz unschuldig, da ich von der Milch der Kuh getrunken hatte. — Auch ich war, wie jener Junge, von dem Bauernhund gebissen worden.

      Nun denn: wenn das Hundebeißen in Kopenhagen strafbar ist, dann muß es auch hier auf dem Lande strafbar sein!

      Also konnte ich klagen, und der Bauer konnte dazu verurteilt werden, meine vom Hund zerrissenen Kleider mir zu ersetzen und mir dazu noch Schmerzensgeld zu bezahlen.

      In unserer schrecklichen Lage und in meiner Furcht vor der Züchtigung, die uns drohte, klammerte ich mich an diesen Gedanken wie an eine Rettungsplanke.

      Valdemar, der aus Furcht vor den Prügeln helle Tränen weinte, mußte sofort mit diesem Plane bekannt gemacht und dadurch getröstet werden.

      Wir gingen nebeneinander. Der Bursche ging hinter uns her. Der Hund schritt an der Spitze und wies uns den Weg.

      Ich ergriff den weinenden Valdemar am Arme, neigte mich unauffällig zu ihm hin und flüsterte ihm leise ins Ohr: „Laß das Weinen sein, Valdemar!“

      Der arme Junge schaute mich an. Das Entsetzen stand ihm im Gesicht. Dann flüsterte auch er ganz leise zurück:

      „Und die Prügel?“

      „Die bekommen wir nicht.“

      Wie ein Ertrinkender, der plötzlich einen Halt gefunden hat, faßte er meine Hand, schaute mich ungläubig an und sagte leise:

      „Wie . . .? Was, Nonni? . . . Was sagst du da?“

      „Wir bekommen keine Prügel, Valdemar. Weine also nicht mehr. Du kannst ganz ruhig sein.“

      „Aber er hat doch die Rute schon zugeschnitten“, lispelte Valdemar, immer noch sehr untröstlich.

      „Das ist wahr, aber ich habe ein Mittel gefunden, um ihn zu hindern. Er wird es nicht wagen, uns anzurühren. . . .“

      Valdemar war so verblüfft, daß er in seiner Angst und plötzlichen Hoffnung nichts anderes zu sagen fand als die Worte:

      „Wieso, Nonni . . .? Wie . . .? wie . . .?“

      Ich erzählte ihm ganz leise in gebrochenen Sätzen die Geschichte von dem Jungen in Kopenhagen, den ein Hund gebissen hatte, und schloß mit den Worten:

      „Ich werde dem Bauern drohen, ihn wegen meiner Bißwunden zu verklagen, sobald er mit der Birkenrute kommt. . . .“

      „Ja, aber Nonni, dann werde ich allein die Prügel bekommen. Denn ich bin ja nicht gebissen worden.“

      „Nein, Valdemar“, beruhigte ich meinen erschreckten kleinen Freund. „Und wenn er dich mit der Rute auch nur anrührt, werde ich ihm drohen, ihn zu verklagen.“

      „Ob es helfen wird, Nonni? Und ob er durch deine Drohungen nicht noch viel wütender werden wird . . .? Sei vorsichtig, Nonni!“

      „Hab keine Angst, Valdemar! Wir werden ihm ganz sicher bange machen. Nur darfst du keine Furcht zeigen. Wir müssen mutig gegen ihn auftreten, sonst gelingt es nicht.“

      Jetzt gab sich der furchtsame kleine Junge alle Mühe, seine Angst zu bekämpfen. Er trocknete seine Tränen ab und versuchte — leider mit wenig Erfolg —, eine unerschrockene Miene aufzusetzen.

      „Was schwätzt ihr da miteinander?“ rief plötzlich der Bauernbursche hinter uns.

      Mit lauter Stimme und so unerschrocken, wie es mir bei meiner geheimen Furcht möglich war, erwiderte ich:

      „Wir haben von meinen Bißwunden gesprochen. Sie sind schrecklich und tun mir sehr weh!“

      „Da lügst du was, mein Freundchen! Du hast gar keine Wunden!“

      Ich hielt diesen Augenblick für sehr günstig, die Rollen sofort zu vertauschen und ihn zum Angeklagten, uns aber zu den Anklägern zu machen:

      „Wie können Sie so eine Unwahrheit sagen? Sie haben doch den wilden Hund auf uns gehetzt. Er hat mich ganz fürchterlich in den Arm gebissen. Es tut mir sehr weh, und es ist mir, СКАЧАТЬ