Adams Letzte. Will Berthold
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Название: Adams Letzte

Автор: Will Berthold

Издательство: Bookwire

Жанр: Документальная литература

Серия:

isbn: 9788711726976

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СКАЧАТЬ der »Oriental«-Manager. »Von auswärts.« Sarrasin dachte angestrengt nach. Er hatte das fotografische Gedächtnis, über das man in seiner Branche verfügen muß. »Wie gesagt, ein Anruf von draußen. Ein Mann; er beschrieb uns die Dame, und wir schickten einen Hotelboy mit der Tafel los, um sie in der Halle zu suchen.«

      »Dabei muß doch ihr Name gefallen sein?«

      »Jetzt überfordern Sie mich aber, Monsieur Casagrande«, entgegnete der Manager. »Aber irgendwie ist mir im Gedächtnis haften geblieben, daß es ein Dutzendname war: Müller oder Miller oder so ähnlich. Es fällt mir deshalb ein, weil ich mich damals wunderte, daß eine so ungewöhnliche Frau so einen Durchschnittsnamen hat.« Er schüttelte den Kopf. »Diese Verwunderung war natürlich idiotisch«, wies er sich selbst zurecht.

      »Sagen Sie, Meister, Sie sind doch vom Fach: Hoteliers sind schließlich wahre Psychologen. Was halten Sie von dieser Vielbeachteten?«

      »Schwer zu sagen —«

      »Versuchen Sie’s.«

      Sarrasin schüttelte den Kopf. Er wollte sich nicht durch eine Fehleinschätzung blamieren.

      »Was ist sie?« fragte Casagrande. »Amerikanerin, Deutsche, Italienerin?«

      »Sie könnte auch Französin sein, sogar Südamerikanerin.«

      »Auf was würden Sie tippen?« pirschte Casagrande sich von der anderen Seite an. »Gehört sie zur Creme de la creme? Ist sie Halbseide oder sogar Halbwelt?«

      »Ich nehme nicht an, daß eine dieser drei Möglichkeiten auf sie zutrifft«, entgegnete der Manager. »Aber das ist reine Gefühlssache.«

      »Was könnte sie sein?«

      »Eigentlich alles«, spielte Sarrasin das Orakel von Delphi. »Aber wie ich Sie einschätze, Monsieur Casagrande, werden Sie die Nuß vermutlich bald geknackt haben.« Er lächelte gewinnend. »Ist das Ihre Wette?«

      »So ungefähr«, antwortete der Weltenbummler. »Ich halte am Freitag im Rahmen der Rotary-Veranstaltung eine Lesung. Ich würde die schöne Unbekannte gerne dazu einladen — ganz ohne Hintergedanken übrigens —«

      »Natürlich«, erwiderte der Direktor beflissen. Hotelmanager sind Gentleman-Kuppler.

      »Die Veranstaltung findet ja ausnahmsweise mit Damen statt. Es könnte nicht schaden, ein solches Schmuckstück im Vordergrund zu plazieren. Sie wissen ja, mein Lieber, Kunst braucht, Reklame; deshalb wäre ich Ihnen dankbar, wenn Sie der Dame meinen Roman mit einer Empfehlung von mir überreichen lassen würden.« Casagrande übergab ihm seinen literarischen Beitrag zur Bekämpfung der Alterungsvorgänge zwecks Erlangung langwährender Jugend.

      »Wird umgehend erledigt«, versprach der Hotelmanager, und sein Gesicht wirkte viel zu ausdruckslos, um seine Gedanken ganz zu verbergen.

      »Vielen Dank«, verabschiedete sich der Autor.

      »Ich komm’ gleich mit«, sagte Sarrasin und erhob sich. »Ich werde meine Leute noch einmal befragen. So ich fündig werden sollte — Sie sind ja noch eine Weile in der Halle?«

      Der Hotelgast nickte bestätigend und ging neben ihm in den Vorraum mit der Rezeption.

      Es war wie geprobt: Während die beiden Herren noch ein paar höfliche Worte wechselten, erhob sich Aschenbrödel und zeigte den Gästen in der Halle bislang Verborgenes. Die Dunkelhaarige war etwa einen Meter siebzig groß, sie hatte schmale Hüften, makellos geformte Beine und einen melodischen Gang.

      »Lupus in fabula«, machte der Manager seinen Begleiter auf die ihnen Entgegenkommende aufmerksam.

      Sarrasin schaltete sofort, seine Position als Hoteldirektor nutzend. »Pardon, Madame«, sprach er die Unbekannte an. »Monsieur Casagrande, der berühmte Schriftsteller, hat unser Haus beauftragt, Ihnen sein neuestes Buch zu überreichen.«

      »Mir?« fragte sie mit heller, angenehmer Stimme. »Warum?«

      »Ich nehme an, daß er es Ihnen am besten selbst erklären kann«, gab Sarrasin den Schwarzen Peter weiter. »Darf ich verstellen: Mr. Cecil Casagrande.«

      Der Literat verbeugte sich höflich und verfolgte, wie sie unschlüssig das Buch übernahm, einen Blick auf den Umschlag warf, der einen älteren, jedoch nicht alten Elegant mit einer jüngeren, jedoch nicht zu jungen Dame bei offensichtlicher Annäherung zeigte. Dann betrachtete sie den ergebenen Romancier. Es war der kritische Moment für ihn, und Casagrande hatte vor allem bei jüngeren Damen schon erlebt, daß sie nach der Präsentation sagten: »Sie sind Schriftsteller, interessant — was schreiben Sie eigentlich?«

      »Ich hab’ Sie schon gelesen, Monsieur Casagrande«, sagte die Schöne in Englisch mit einem kaum hörbaren deutschen Akzent. »Ich bedanke mich sehr für Ihre Aufmerksamkeit.«

      Sie sah ihn voll an mit ihren leuchtend braunen Augen, und es war dem Romancier, als versprühten sie Funken; er müßte aufpassen, das sie bei ihm nicht in ein Pulverfaß fielen. Sie nickte ihm lächelnd zu. Ein Hauch von Herbheit ging von ihr aus, von Frühlingsfrische, von unverbrauchtem Leben.

      Sie wollte weitergehen, zögerte noch einmal.

      »Pflegen Sie Ihre Bücher eigentlich immer zu verschenken?« fragte sie.

      »Nur an Prinzessinnen«, erwiderte er. Komplimente liefen ihm flüssig über die Lippen wie edler Wein, Spätlese.

      »Da schätzen Sie mich allerdings entschieden zu hoch ein, Mr. Casagrande«, entgegnete sie mit einem Lächeln, das ihr Gesicht von innen heraus erhellte.

      »Es ist nicht wichtig, was man ist, sondern wie man von seinen Mitmenschen eingeschätzt wird, Madame«, erwiderte der Autor. »Natürlich hatte ich — wie sagten Sie — bei meiner Aufmerksamkeit einen Hintergedanken.« Er merkte, wie sie sich in Erwartung eines Angriffes versteifte. »Davon abgesehen, daß es meiner Eitelkeit guttut, habe ich ein Attentat auf Sie vor —« Casagrande brachte seine Einladung zur Lesung an, und die Schöne entspannte sich.

      »Am Freitag?« überlegte sie laut. »Vielleicht — wenn es sich ermöglichen läßt«, setzte sie unverbindlich hinzu.

      »Ich würde in der ersten Reihe einen Ehrenplatz reservieren lassen«, entgegnete Casagrande rasch. »Darf ich fragen auf welchen Namen?«

      Ihr Lächeln war eine höfliche Absage.

      »Soll ich den Stuhl für Mrs. Sphinx belegen lassen?« startete er einen zweiten Anlauf. »Wir alle zerbrechen uns den Kopf, wer Sie sein könnten —«

      »Besten Dank für Ihr Interesse«, ließ sie ihn wieder abblitzen. »Verraten Sie mir wenigstens, was Sie sind — Amerikanerin, Deutsche —«

      »Well«, erwiderte sie. »Meine Mutter war Ungarin, mein leiblicher Vater Deutscher, mein Adoptivvater Amerikaner. Meine Kindheit verbrachte ich in Deutschland, in den Staaten und auch eine Weile in der Schweiz; dann zog ich nach Paris und später nach Rom.« Sie nickte ihm noch einmal zu. »So, jetzt können Sie ausrechnen, was ich bin«, sagte die junge Frau. »Und wenn Sie die Lösung gefunden haben, sagen Sie mir bitte Bescheid — ich wüßte es selbst sehr gern.«

      Sie ging zum Hotelausgang. Gäste blieben stehen; sie mußte zwischen ihnen hindurch, aber sie lief nicht Spießruten, sondern schritt durch eine Allee der Bewunderung; es war der Abgang einer СКАЧАТЬ