Fratelli tutti. Papst Franziskus
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Название: Fratelli tutti

Автор: Papst Franziskus

Издательство: Bookwire

Жанр: Религия: прочее

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isbn: 9783843613149

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СКАЧАТЬ Anmerkungen

       Über die Autoren

       Über das Buch

       Impressum

       Hinweise des Verlags

      Der Traum von einer geschwisterlichen Welt

      Einführung von Jürgen Erbacher

      Es ist ein düsteres Bild, das Papst Franziskus in seiner neuen Enzyklika von der Welt im 21. Jahrhundert zeichnet. Egoismus, Ausbeutung von Mensch und Natur, ein Wirtschaftssystem, das nach dem Gesetz des Stärkeren funktioniert, technischer Fortschritt, der keine Ethik kennt, reiche Länder, die sich gegen Arme und Migranten abschotten, eine politische Debatte, die von nationalistischen und populistischen Tönen bestimmt ist, und soziale Netzwerke, die das Attribut »sozial« eigentlich nicht mehr verdienen. Doch er verfällt nicht in Pessimismus und resigniert, sondern er zeigt Wege auf, wie sich die Weltgemeinschaft wieder aus dieser Sackgasse herausmanövrieren kann. Die Lösung ist einfach und zugleich ganz schwer. Die Welt muss vom »ich« zum »wir« übergehen. »Ausgehend von der ›sozialen Liebe‹ ist es möglich, zu einer Zivilisation der Liebe voranzuschreiten, zu der wir uns alle berufen fühlen können. Die Liebe kann mit ihrer universalen Dynamik eine neue Welt aufbauen, weil sie nicht ein unfruchtbares Gefühl ist, sondern vielmehr das beste Mittel, um wirksame Entwicklungsmöglichkeiten für alle zu finden« (FT 183).

      Bei der Lektüre des Lehrschreibens kam mir eine Geschichte in den Sinn, die Franziskus bei einer Begegnung mit italienischen Jugendlichen im August 2018 erzählt hat und die in den fast 290 Abschnitten der neuen Enzyklika immer mitschwingt. Franziskus erzählte: »Einmal hat ein Priester mich gefragt: Sagen Sie mir, was ist das Gegenteil von ›ich‹? Und ich bin naiv in die Falle getappt und habe gesagt: Das Gegenteil von ›ich‹ ist ›du‹. – Nein, Herr Pater: Das ist die Saat des Krieges. Das Gegenteil von ›ich‹ ist ›wir‹. Wenn ich sage: Das Gegenteil bist du, dann mache ich Krieg; wenn ich sage, das Gegenteil des Egoismus ist ›wir‹, dann schließe ich Frieden, dann stelle ich Gemeinschaft her, dann bringe ich die Träume von Freundschaft, von Frieden voran.«

      In dieser Episode kommt ein Motiv vor, das Franziskus gern bei Treffen mit Jugendlichen anspricht: das Träumen. Immer wieder habe ich diese Aufforderung bei den zahlreichen Jugendtreffen im Rahmen von Papstreisen rund um den Globus gehört: Hört nicht auf zu träumen! »Verwandelt die Träume von heute in die zukünftige Wirklichkeit«, so Franziskus etwa zu den italienischen Jugendlichen. »Die großen Träume sind jene, die Fruchtbarkeit schenken. Sie sind in der Lage, Frieden zu säen, Geschwisterlichkeit zu säen, Freude zu säen.« Genau das will Papst Franziskus mit »Fratelli tutti« erreichen. Er träumt einen großen Traum, der als Fruchtbarkeit Frieden, Gerechtigkeit und Geschwisterlichkeit säen will.

      Inspiriert von Franz von Assisi

      In den ersten Reaktionen auf die neue Enzyklika ist immer wieder vom »Traum« des Papstes die Rede, von einer großen »Utopie«, die er vorlege. Manche Kritiker machten auch schnell Dinge aus, die »utopisch« seien, fern der Realität. Eine Enzyklika ist kein Handbuch, das als Nachschlagewerk für eine bessere Welt dienen kann. Aber sie gibt Grundlinien vor, stößt zum Nachdenken an und setzt auch Grenzen, die aus Sicht des Papstes nicht überschritten werden dürfen. Dazu gehören etwa die klare Absage an einen national-egoistischen Populismus, den er als für Christen »nicht hinnehmbar« geißelt, sein klares Nein zur Todesstrafe, das er ausführlich begründet, die Verurteilung der Atomwaffen oder die Abkehr von der Lehre des »gerechten Krieges«, die er für nicht mehr vertretbar hält.

      Der Papst spricht im Vorwort zu seiner Enzyklika von einem Traum, der ihn inspiriert hat. Es ist das Wirken des heiligen Franz von Assisi, dessen Namen Jorge Mario Bergoglio nach seiner Wahl zum Oberhaupt der katholischen Kirche im März 2013 angenommen hat und der ihn seit den ersten Tagen seines Pontifikats inspiriert. Schon die letzte Enzyklika »Laudato si’ – über die Sorge für das gemeinsame Haus« trägt als Titel ein Zitat des Heiligen aus Assisi. »Er führte keine Wortgefechte, um seine Lehren aufzudrängen, sondern teilte die Liebe Gottes mit. Er hatte verstanden: ›Gott ist Liebe, und wer in der Liebe bleibt, bleibt in Gott und Gott bleibt in ihm‹ (1 Joh 4,16). Auf diese Weise wurde er zu einem liebevollen Vater, der den Traum einer geschwisterlichen Gemeinschaft verwirklichte«, schreibt der Papst über den Heiligen (FT 4). »Ich lege diese Sozialenzyklika als demütigen Beitrag zum Nachdenken vor. Angesichts gewisser gegenwärtiger Praktiken, andere zu beseitigen oder zu übergehen, sind wir in der Lage, darauf mit einem neuen Traum der Geschwisterlichkeit und der sozialen Freundschaft zu antworten, der sich nicht auf Worte beschränkt« (FT 6).

      Wenn an vielen Stellen geschrieben wird, »Fratelli tutti« sei die Antwort des Papstes auf die Corona-Krise, dann stimmt das nicht ganz. Franziskus hatte schon mit dem Schreiben begonnen, als im Frühjahr 2020 die Pandemie ausbrach und »unsere falschen Sicherheiten offenlegte« (FT 7). In der Folge »kam klar die Unfähigkeit hinsichtlich eines gemeinsamen Handelns zum Vorschein« (ebd.). Angesichts dieser Situation sieht sich Franziskus in seiner Analyse und in seinem Ruf zur Umkehr bestätigt. Corona hat, so könnte man die Position des Papstes zusammenfassen, die Systemfehler der bisherigen Weltordnung, die er seit langer Zeit anprangert, schonungslos offengelegt.

      Geschwisterlichkeit unter den Religionen

      800 Jahre, nachdem Franz von Assisi bei einem Besuch in Ägypten Muslime getroffen hat und einen Dialog mit Sultan Malik-al-Kamil führte, der den Bettelmönch zutiefst beeindruckte, reiste Papst Franziskus im Februar 2019 ins Herz der arabischen Welt. In Abu Dhabi unterzeichnete er mit dem Großimam Ahmad Al-Tayyeb, einem der führenden Geistlichen des sunnitischen Islams, das »Dokument über die Brüderlichkeit aller Menschen für ein friedliches Zusammenleben in der Welt«. Die Begegnungen mit dem Leiter der Al-Azhar-Universität und das gemeinsame Dokument waren für den Papst Anstoß für die neue Enzyklika.

      Dabei sind die Inhalte des vorliegenden Lehrschreibens nicht neu. Doch wie in einem Brennglas fügt Franziskus in »Fratelli tutti« seine Ideen von einer neuen Weltordnung zusammen, die allen Menschen ein Leben in Würde ermöglicht, in der alles Handeln in der Perspektive des »Wir« und nicht des »Ich« vollzogen wird. Der Schulterschluss mit dem Großimam und damit einem der maßgeblichsten Gelehrten für die Sunniten – 85 Prozent der Muslime weltweit – legte für den Papst die Basis für den neuen Entwurf einer geschwisterlichen Welt. Dass die Enzyklika sich in dieser Weise auf eine Autorität des Islams bezieht, ist eine Neuheit. Am Ende des Lehrschreibens zitiert Franziskus zentrale Passagen des Dokuments von Abu Dhabi und übernimmt so eine interreligiöse Erklärung in das Lehramt der katholischen Kirche. Damit forciert er die Rezeption auf katholischer Seite und nimmt die muslimischen Partner in die Pflicht. Beide Seiten müssen umsetzen, was sie 2019 in dem Dokument versprochen haben und was Franziskus jetzt als inhaltlichen Schlusssatz unter seine Enzyklika setzt: »Im Namen Gottes und all des eben Gesagten […] [nehmen wir] die Kultur des Dialogs als Weg, die allgemeine Zusammenarbeit als Verhaltensregel und das gegenseitige Verständnis als Methode und Maßstab [an]« (FT 285).

      Kultur der Begegnung

      Die Kultur des Dialogs und der Begegnung gehört zu den zentralen Elementen des Pontifikats von Papst Franziskus. »Das Leben СКАЧАТЬ