Die Musikantenstadt. Max Geißler
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Название: Die Musikantenstadt

Автор: Max Geißler

Издательство: Bookwire

Жанр: Документальная литература

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isbn: 9788711467701

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      Aber die Heger traten an ihn heran, rissen ihn empor und durchsuchten ihn nach Waffen. Darüber verschnaufte sich der Pechschaber vollends und sagt:

      „Das wär mein Ende gewesen! Sie, fassen S’ mich nicht so hart da hinten am Genick! Meine Papiere will ich Ihnen suchen, — ich hab’ doch meine Papiere bei mir, sackerment! Schaut denn so wie ich ein Wildschütz aus? Da sind sie, und da lesen S’: Der Musikmann Georg Zeitel bin ich, und hören tu ich auf den Namen Pechschaber. Sie kennen mich nicht, gelt? Ich bin erst seit kurzem hiesig. Aber nun, bitt schön, mein Blasholz lassen S’ mich suchen und mein grünes Spitzhütlein! Ist mir beides beim Uberfall abhanden gekommen. Ich hab Ihnen nämlich um die Früh schon beim ‚Neuen Hammer‘ sein wollen, eine Morgenmusik blasen. Jesses, unsereiner muss sehen, wo sich was verdienen lässt.“

      Wie der Pechschaber sein Märlein erzählte, schauten sich die drei an.

      „Heger,“ sagte er, „meinen Spitzhut und meine Flöte geh’ ich suchen. Wenn ihr einem armen Musikanten wieder zu dem Seinigen verhelfen tätet, wär’s gut; denn das muss ich schon sagen: Alle Glieder schlagen mir, und eine Furcht hab ich, sie könnten noch einmal kommen.“

      Dabei ging er der Stelle zu, an der sich der Kampf mit den Räubern abgespielt hatte. Der Pechschaber merkte, dass er ja noch gar nicht berichtet habe, was ihm eigentlich geschehen sei. Darum begann er:

      „Was soll ich noch sagen? Rein die Sinne sind mir vergangen. Sehen S’, so bin ich daher geschritten: das Blasrohr unterm Arm, die Hände in den Säcken und den Rockkragen hoch; denn ein wenig gefröstelt hat mich, wie der Frühwind angefangen hat, lebendig zu werden. Da sind sie über mich gekommen; gekannt hab’ ich keinen; denn warum? Ich kenn’ mich in der Gegend noch nicht aus, und dann: Pechschwarz haben sie ausgesehen wie die Kohlenbrenner, und struppige Bärte haben sie gehabt.“

      Das erzählte der Pechschaber wieder mit fliegendem Atem und zitterte am ganzen Leibe. Dann bückte er sich, nahm seinen Spitzhut auf und putzte ihn von Erde und Nadeln rein. Hernach schaute er die drei an und sagte vorwurfsvoll: „Sie lassen mich da immer erzählen und sagen nichts, und Sie drängen sich um mich, als wollt’ ich entwischen. So reden S’ doch was und tun S’ nit so! Es wird einem ja angst und bang dabei. Was haben S’ denn mit mir vor?“

      Da trat der eine der Hüter dicht vor ihn hin und fasste ihn am Joppenzipfel:

      „Pechschaber, dass du ein so neunmal verschlagener Spitzbub bist und uns deine Geschichte vorlügst, das ist kaum zu glauben!“

      Es war Tag geworden; wo die Sonne über den Berg heraufsteigen wollte, war schon wirbelndes, goldenes Feuer. Die Tale rauchten, und die Wipfel klangen.

      „Bitt schön,“ sagte der Pechschaber, „einen Augenblick müssen wir schon noch verziehen. Mein Blasholz hab’ ich noch nicht gefunden.“

      Dann suchte er den Waldgrund in der Runde ab und suchte im Dickicht. Mit einem wehleidigen Gesicht trat er wieder zu den halblaut miteinander redenden Hegern. Er hatte beim Suchen auch nicht vergessen, den wenigen Schweiss des Bockes, der rot auf den Nadeln lag, mit den Nagelschuhen zu verwischen. Nun wollten die Heger wissen, ob der Pechschaber den Schuss auch fallen gehört hätte. Da stellte der sich breit und mit wichtigem Gesicht vor sie hin.

      „Na,“ sagte er, „das glaub’ ich; denn dicht vor meinem Ohre ist er losgegangen. Aber wissen S’, was ich denk’? Ich denk, es hat sich über dem Kampf ein Gewehr entladen; denn sie werden mich wohl nicht haben totschiessen wollen. Und ein Wildbret, auf das sie hätten anschlagen können, das hätt’ wohl auch nicht gewartet. Freilich wohl, davon versteh’ ich nichts. Aber um mein Blasrohr bin ich nun richtig gekommen!“

      Wie sich die Waldhüter darüber einig waren, dass ein solcher wie der Pechschaber nicht auf der Wildbahn gewesen sein könne, gingen sie mit ihm durch den Wald und sahen, wie er sich unter ihrer Begleitung erholte. Nun gelangten sie auf den Hang, auf dem der Weg zum Steinhof herniederführte. Da stand der Veit im grünen Spitzhütlein mit dem keckgebogenen Spielhahnstoss und einem sauberen, morgenfröhlichen Gesicht schon wieder neben der jungen Pechschaberin im rauchenden Golde der Frühe. Die Annemirl hielt sich am Joppenärmel des Wildschützen fest, wie sie aufwärts blickte:

      „Jessmarie, gefangen haben sie ihn!“

      Aber der Pechschaber hatte ihre Angst schon wahrgenommen, wie sie aus dem Holz auf die Blösse traten. Deshalb tat er vergnügt, schlug dem einen seiner Begleiter auf die Schulter und stieg, während die Waldhüter herniederschritten, auf einen Fichtenstumpf. Von dort warf er einen Juchezer in die Welt, der der Annemirl das Herz froh machte. Bald darauf standen sie in einem Trupp vor dem Haus, und der Pechschaber reichte den Grünröcken die Hände:

      „Brave Leut seid’s miteinander, das Leben habt ihr mir gerettet! Nur die Flöte, Annemirl, und die Morgenmusik, die sind zum Teufel!“

      Da machten der Veit und die Annemirl erschreckte Gesichter. „Jessmarie, Pechschaber!“ erschrak die Frau.

      „B’hüt Gott miteinander die Herren!“ rief der Girgl. Und: „Jetzt, einen Kaffee, Weibl! Was dem Blaser Pechschaber in dieser Nacht widerfahren ist, das muss ich dir erzählen.“

      8.

      So trieben sie’s im Grenzdorfe des Waldgebirges? Gingen auf den Schmuggel und schlichen auf der Wildbahn? Stahlen dem Herrgott die Tage und beugten in der Nacht Recht und Gesetz? Waren es solche, die im Dunkel des nächtlichen Bergwalds, wenn sie sich umstellt sahen, sich nicht scheuten, mit dem eisernen Rohr auch einem Menschen das Lebenslicht auszublasen? — Es muss eine Antwort sein auf diese Fragen. Da ist sie:

      Es geht im Gebirg eine Kunde, die Leute in jenem Dorfe hätten nächtlicherweile die Glocken zusammengestohlen, die auf dem Turme des Waldkirchleins so voll und feierlich in die Sonntagmorgen rufen, dass die Wipfel im Forst über dem Läuten zu schwingen anheben.

      Das Gotteshaus ragt am anderen Ende des Dorfes auf einer waldigen Bergkuppe empor. Und wenn die Männer mit Axt und Säge und der Kraxe auf dem Rücken von der Arbeit heimkehren, dann legen sie das Werkzeug an der Stiege vor dem Waldkirchlein ab, tun die Kappen herunter und knien sich auf ein Vaterunser in das Haus; so kommen sie heim und haben einen rechten Feiertag in ihren Herzen. Sie treten im Abendschein an den Brunnentrog, in den der klingende Strahl Bergwasser rauscht, und waschen sich den Staub des Alltags von Gesicht und Armen. Dann sitzen sie im vergehenden Lichte der Sonne, oder sie sitzen im silberblanken Mondschein vor ihren Hütten, schaukeln ihre Kinder auf den Knien oder nehmen ihr Singspiel zur Hand und klingen die Saiten an, bis sie auch ihr Herz hineingestimmt haben. Zuletzt fällt ihnen ein Lied ein zum Preise des Waldlands oder zum Preis ihres kargen Glückes.

      Ja, wenn immer eine Arbeit wär’ im Waldgebirg! Aber — wenn sie im Tiefland die Ernte einbringen, schwer wie Gold, braust auf der Höhe der Sturm; und wenn drunten noch das Sonnenlicht wärmt, klirrt im Bergwald schon das fliegende Silber des Schnees. Dann haben die Waldleute die Schwämme eingetragen und haben Beeren und Hagebutten gesammelt, davon sie im Winter leben wollen. Sie haben Holz auf ihren Rücken eingetragen, damit in der kalten Zeit der Kachelofen warm sei. Und die kalte Zeit dauert sieben Monate im Jahr. Ist aber nicht einmal in den fünf anderen immer bezahlte Arbeit im Wald. Und die Erdäpfel bleiben oft über Winter im Feld, weil sie nicht reif geworden sind. Hernach wenn die Not gross ist und die Kinder um Brot schreien, dann beissen die Männer die Zähne zusammen und langen die alte Büchse vom Nagel herab, dem Kaiser in seinem Wald ein Wild zu stehlen. Oder sie sorgen schon im Sommer dafür und hängen es in den Rauch; denn sie wissen: im Winter findet keiner den Weg durch den bergetiefen Schnee als der Tod.

      9.

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