Mörderische Ostsee. Claudia Schmid
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Название: Mörderische Ostsee

Автор: Claudia Schmid

Издательство: Автор

Жанр: Триллеры

Серия:

isbn: 9783839267707

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СКАЧАТЬ Auge gedrückt. Schließlich verfügte sie über zwei kräftige Arme. Aber wenn sein Sohn dabei war, ging das natürlich nicht. Was sollte der denn von seinem Vater denken? Doch auch Julian wollte er sein Gepäckstück nicht übergeben – er sollte schließlich nicht fälschlicherweise annehmen, er sei alt und kraftlos.

      »Passt schon«, sagte er deshalb resigniert und setzte sich tapfer erneut in Bewegung.

      Edelgard passte sich seinem Tempo an und ging hinter ihm. Das neue Outfit, das sie ihrem Göttergatten für den Besuch bei Julian mit viel Mühe aufgeschwatzt hatte, stand ihm gut, stellte sie bei sich fest. Sein uralter beigefarbener Breitcordanzug, den er mit Vorliebe trug, befand sich ohnehin beinahe in Auflösung. Den hatte sie kurz vor ihrem Abflug heimlich in einer Box für Kleiderspenden entsorgt. Norbert hatte die Nähte des guten Stücks derart beim Tragen überdehnt, dass der Stoff an einigen Stellen bereits mürbe geworden war. Man hätte gut und gern eine Zeitung durch ihn hindurch lesen können. Sie hatte ihren Mann zwei Wochen vor der Reise mit der Idee zu einer spontanen Einkaufstour überrumpelt und ihm eine komplett neue Garderobe aus warmen Erdtönen aufgeschwatzt. Norbert hatte zwar etwas gemurrt, als er an der Kasse den Zahlbetrag sah. Nichtsdestotrotz hatte ihn Edelgard zu einem Friseur bugsiert und dem heimlich ins Ohr geraunt, er solle ihrem Mann einen modischen Haarschnitt verpassen, während sie die prall gefüllten Tüten ans Auto schleppte. Ihrem Wunsch, das Rasieren zu vernachlässigen und sich einen Bart stehen zu lassen, hatte Norbert sich bislang erfolgreich verweigert. Edelgard lächelte still. Ihr Mann wusste nicht, dass sie das Ladegerät seines Rasierers heute früh heimlich aus seinem Kulturbeutel entfernt hatte. Sie war gespannt darauf, wie er mit Bart aussehen würde. Früher hatte sie gedacht, zu viel Gesichtsbehaarung stünde ihm nicht. Aber wieso nicht mal etwas Neues wagen?

      Die Blocks, auf die sie zusteuerten, waren im nüchternen Stil gehalten. Jede Wohnung war mit einem großen Balkon ausgestattet. Zwischen den Häusern wuchsen hohe Kiefern. Es wirkte auf Edelgard so, als wäre die Siedlung in einen bereits vorhandenen Wald gebaut worden.

      »Weshalb sind denn die Autos nur auf einer Straßenseite geparkt? Ist das hier eine Einbahnstraße?« Edelgard wunderte sich.

      »Ist es nicht, aber es ist ziemlich wichtig, die Parkvorschriften zu beachten. Wegen der Straßenreinigung darf man an bestimmten Tagen nur auf einer der beiden Seiten parken. Sonst kommt die lapplisa.«

      »Die wer?«

      »So heißen die Politessen auf Schwedisch.«

      Julian benutzte einen kurzen gewundenen Weg, um zur Haustüre zu gelangen. Dort tippte er einen Code in ein metallenes Tastenfeld ein. Daraufhin ertönte ein Summen und Julian drückte die Tür auf.

      »Edelgard, das wäre was für dich! So oft, wie du deine Schlüssel suchst!« Er wandte sich an seinen Sohn. »Die Handtasche deiner Mutter weist unergründliche Tiefen auf.«

      Edelgard prustete los. »Und für dich erst! Wo du dir nicht einmal die Geheimzahl deiner Kreditkarte merken kannst. Du könntest gleich ein Abo beim Schlüsseldienst buchen.«

      Norbert ging wortlos ins Haus.

      Im ersten Stock angelangt, öffnete Julian mit derselben Methode seine Wohnungstür.

      Die Wohnung selbst war hell und übersichtlich eingerichtet. Deshalb wirkte sie nicht so beengt, wie Edelgard zunächst befürchtet hatte. Der helle Parkettboden und die weiß getünchten Wände ließen in Verbindung mit der klug gewählten Einrichtung die Räume größer erscheinen, als sie tatsächlich waren. Ihr Sohn war offensichtlich noch nicht dazu gekommen, Bilder aufzuhängen. Sie nahm sich vor, ihm, sobald sie wieder zu Hause war, ein Poster zu senden. Eines von ihnen dreien, auf Fotoleinwand gedruckt.

      »Die 50 Quadratmeter sind aber wirklich gut aufgeteilt«, staunte sie, als sie von der Küche aus durch einen kleinen Schlafraum mit Bett und einer unterhalb der Decke befestigten Stange als Schrankersatz in das Wohnzimmer ging, wo neben einer bequemen Sitzgruppe ein kleiner Esstisch mit vier weißen Stühlen stand. Auf der schmalen Fensterbank neben der Balkontür befand sich ein Topf mit einer weißen Orchidee. »Außerdem ist es klasse, dass du Urlaub bekommen hast, während wir hier sind.«

      »Ich habe mir gedacht, heute essen wir hier. Die Couch lässt sich ausziehen, die müsste für euch beide reichen.«

      »Für mich schon«, griente Norbert, während Edelgard auf den Balkon trat.

      »Ein Reh! Dort, zwischen den Bäumen!«, rief sie erstaunt aus.

      »Die kommen hier öfter her. Weil ihnen niemand etwas tut, sind sie ganz schön zutraulich.«

      »Was ist mit Elchen?«, wollte Edelgard wissen.

      Julian lachte. »Dazu müssen wir nach Skansen. Dort könnt ihr Elche mitten in der Stadt sehen.«

      »Skansen? In unserem Reiseführer steht, das ist ein Freilichtmuseum«, mischte Norbert sich ein.

      »Es ist ein Freilichtmuseum und ein Zoo. Man kann es mit einem gemeinsamen Ticket besuchen.«

      Während die beiden Männer sich zurück ins Wohnzimmer begaben, nahm Edelgard den schräg gegenüberliegenden Block genauer in Augenschein. Er hatte fünf Etagen, genau wie der, in dem sie momentan weilte. Die Balkone ohne Blumenschmuck erinnerten sie an den des schwedischen Kommissars Beck in der gleichnamigen Fernsehkrimireihe, der einen ähnlichen hatte. Des Öfteren wurde der müde Kommissar zu Feierabend von seinem Nachbarn, der aus für sie ungeklärten Gründen eine Halskrause trug, behelligt. Bestimmt war das Tragen der Halskrause prompt in einer der wenigen Folgen erklärt worden, die sie nicht kannte.

      Der unterste Balkon gegenüber weckte spontan ihre Aufmerksamkeit. Eine junge Frau mit schulterlangen blonden Haaren eilte nach drinnen, genau in dem Moment, als Edelgard sie erblickte. Sie guckte sogar zu ihr herüber, als ihre Hand nach dem Jalousiengurt griff und ihn betätigte.

      Edelgard begab sich ebenfalls nach drinnen.

      »Paps ist im Bad. Mom, was ich dich immer schon mal fragen wollte – ist es dir damals, als du mich bekommen hast, eigentlich schwergefallen, deine Arbeit aufzugeben?«

      »Was hätte ich denn tun sollen? Wir hatten niemanden vor Ort, der mich unterstützt hätte. Meine Mutter wohnte weit weg. Und dich als Baby schon in eine Krippe zu geben, das hätte ich wirklich nicht über mich gebracht. Du warst so ein süßes Kind.«

      Julian zog eine Grimasse. Er konnte selbst aufs Gramm genau angeben, wie viel er bei der Entbindung gewogen hatte, über die Größe wusste er ebenfalls Bescheid. Edelgard hatte ihm ausführlich von der glücklichen Geburt erzählt. »Gab es damals keine Elternzeit?«

      »So wie heute war das nicht geregelt. Auf keinen Fall hätte ich wieder auf meinen alten Arbeitsplatz zurückgekonnt. Der war ohnehin zeitlich befristet, so war das damals an der Uni, an der ich arbeitete, üblich.«

      »Das war praktisch für deinen Dienstherrn, also wirklich! Wieso hat Paps sich nicht beurlauben lassen? Beamte können, soweit ich weiß, zwölf Jahre lang freigestellt werden. Und du hättest dich um einen neuen Vertrag kümmern können.«

      »Ach, Julian. Dein Vater hat mehr verdient als ich. Wir hatten uns grade das Haus gekauft. Das musste abbezahlt werden.«

      »Also, hier in Schweden ist es üblich, dass Eltern sich die Erziehungszeit teilen. Es ist ganz normal, dass Väter sich ebenfalls um die Kinderbetreuung kümmern.«

      »Julian, jetzt sag bloß … Warum denkst du so viel darüber nach? Hast du СКАЧАТЬ